| # taz.de -- Kommentar Libyen-Untersuchung: Die falschen Lehren aus Bengasi | |
| > Es ist gut, dass es eine Untersuchung der britischen Beteiligung an der | |
| > Militärintervention in Libyen gibt. Das Ergebnis allerdings taugt nichts. | |
| Bild: Bengasi, 2011 | |
| Nicht immer ist man hinterher klüger. Es ist löblich, dass die | |
| Außenpolitiker des britischen Parlaments sich parteiübergreifend die Mühe | |
| gemacht haben, die britische Beteiligung an der Militärintervention in | |
| Libyen 2011 zu untersuchen. | |
| Die stürzte schließlich nicht nur das Gaddafi-Regime, sondern verwandelte | |
| Libyen in einen gescheiterten Staat, der zwischen unzähligen Warlords | |
| zerbröselt. So entschlossen die Interventionsmächte den Diktator stürzten, | |
| so unentschlossen blieben sie, als es danach darum ging, Waffen | |
| einzusammeln, Milizen aufzulösen und Staatlichkeit aufzubauen. | |
| In ihrem Bestreben, diesen Versäumnissen auf den Grund zu gehen, schießen | |
| die britischen Abgeordneten allerdings über das Ziel hinaus. Ihre Wertung, | |
| Gaddafi habe seine Drohung vom März 2011, Gegner massenhaft abzuschlachten, | |
| nicht ernstgemeint, lässt sich genausowenig überprüfen wie die Annahme der | |
| damaligen britischen Regierung und dann auch des UN-Sicherheitsrats, es | |
| habe im März 2011 wirklich ein Massaker an Zivilisten im libyschen Bengasi | |
| gedroht, gegen das man präventiv eingreifen musste. | |
| Wenn man auf die letztere Annahme keine politische Strategie gründen kann, | |
| gilt das also auch für die erstere. Zu sagen, London habe der Angst vor | |
| einem „zweiten Srebrenica“ in Bengasi „unangemessenes Gewicht beigemessen… | |
| ist blanker Zynismus in Zeiten des syrischen Horrors. | |
| Intervention ist außer Mode geraten, und das liegt auch an Libyen, das nach | |
| dem Ende des Eingreifens so spektakulär kollabiert ist. Die neue Mode heißt | |
| Nichteingreifen. So lässt die Angst vor einem „zweiten Libyen“ in Syrien | |
| heute Diktator Assad straflos und ist mitverantwortlich dafür, dass das | |
| syrische Regime ungestraft Verbrechen verüben kann, die viel schlimmer sind | |
| als diejenigen, zu deren Verhindern der UN-Sicherheitsrat im Jahr 2011 ein | |
| Eingreifen in Libyen erlaubte. Irgendwann wird es sicher auch dazu eine | |
| Untersuchung geben. Vielleicht ist dann jemand klüger. | |
| 15 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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