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# taz.de -- Neues Album von Britney Spears: Eine Ikone der Fehlbarkeit
> Vom Kinderstar zur keuschen Popsängerin, Skandale, Entmündigung. Nun
> veröffentlicht Britney Spears ihr Comeback-Album.
Bild: Lächelt, als wäre es 1998: Britney Spears bei den Video Music Awards im…
Als Britney Spears bei den MTV Video Music Awards 2007 im schwarzen
Glitzerbikini [1][orientierungslos über die Bühne tapste], sich verlegen
die blonden Extensions aus dem Gesicht schob und zum Playback von „Gimme
More“ zögernd die Lippen bewegte, musste man sich fragen, was das für ein
krankes Business ist, das Musikgeschäft. Und: Was passiert, wenn einem das
Leben derart entgleitet? Kann man sich davon erholen?
Heute zeigt Britney Spears, dass es einen Weg zurück gibt. Sie bringt ein
neues Studioalbum heraus, „Glory“ heißt es, wohl eine Andeutung an die
Weltkarriere, die sie mit 34 Jahren angestaubt im Schrank hängen hat.
Spears wirkt gesund und ausgeglichen, „Glory“ könnte ihr Comeback
einläuten.
Die ersten Singles „Make Me“ feat. G-Eazy und „Private Show“, stiegen in
den USA gleich in die Top 10 der Charts ein. Demnächst fährt Britney bei
James Cordens „Carpool Karaoke-Show“ mit, am kommenden Sonntag wird sie das
erste Mal seit fast zehn Jahren bei den Video Music Awards auftreten.
Zwischen 2008 und 2013 hatte Spears drei mäßig erfolgreiche Alben
veröffentlichte und zog sich dann nach Las Vegas zurück, wo sie rund 200
Mal die Soloshow „Piece Of Me“ absolviert hat.
„Glory“ orientiert sich an einem elektronischen Popsound („Man On The
Moon“, „Just Luv Me“), der gelegentlich von der Akustikgitarre unterbroch…
wird („Just Like Me“), was die Künstlerin ungewohnt erdig klingen lässt.
„Clumsy“ kratzt dagegen am Eurodance. Auch der klassische Britney-Sound
bollert deutlich, etwa in „Hard To Forget Ya“, „Change Your Mind“ und
„Slumber Party“. Auf „Do You Wanna Come Over“ ist außerdem ein
Justin-Timberlake-Gedächtnis-Gitarrenlick zu hören, was sich durchaus als
Seitenhieb verstehen lässt.
Die Neunziger waren zwar das goldene Zeitalter der Pop-Diven. Von deren
Glanz ist heute wenig übrig: Die großartige Whitney Houston ist tragisch
verstorben, Auftritte der Fünf-Oktaven-Diva Mariah Carey sind inzwischen
eher zum Fremdschämen, Christina Aguilera hat sich weitgehend ins
Parfumgeschäft verzogen, Janet Jackson macht derzeit leider keine Musik
mehr, und dass auch Madonna keine Musik mehr macht, ist vielleicht gar
nicht so verkehrt.
## Süß, fromm und keusch
Und dann gab es da noch sie, die Pop-Prinzessin Britney Spears. 17 Jahre
war sie alt, als sie in Schuluniform und mit rosa Plüschbommeln an zwei
dünnen Zöpfen ihren bald weltberühmten Nabel vor der Kamera hin- und
herschwenkte. Mit „Baby One More Time“ gelang ihr 1998 ein Smashhit. Es war
der Start einer durchgetakteten Weltkarriere, die an Spears’ Auftritte im
Disney Channel als Kind anknüpfte.
Ende der Neunziger hatten die Spice Girls den Höhepunkt ihrer
Girl-Group-Karriere überschritten, und der Markt war von Boybands
durchtränkt. PR-Berater agierten als deren Dompteure, stopften ihre
Zöglinge in zurechtgezimmerte Images – was bei all den ausgelassen
twitternden Künstlern von heute freilich nur noch eine ferne Anekdote ist.
Britney Spears wurde auf süß, fromm und keusch getrimmt, das war in den USA
gerade en vogue für eine junge Frau aus Kentwood, Louisiana. In Europa
störte es weiter keinen. Mit ihrem nasalen Zuckerpop begeisterte sie die
Massen.
Dann aber versuchte Spears das brave Mädchenimage abzuschütteln. Erst im
roten Latexanzug zu „Oops, I did it again“, dann im Video zu „I’m A Sla…
For You“, wo sie sich stöhnend mit einer Gruppe halbnackter
Backgroundtänzer in einem von der Apokalypse verschonten Plattenbau
herumwälzt. 2002 trennt sich Spears von Justin Timberlake. Der will zu
dieser Zeit gerade solo durchstarten und seinem Nudelhaar-Image entkommen,
was er zu einem guten Teil dadurch erreicht, dass er einen enormen Bohei um
die Trennung von seiner Süßen veranstaltet und die Weltöffentlichkeit daran
teilhaben lässt, welchen Verkehr er genau mit ihr hatte.
## Britney steht für Fehlbarkeit und Wiederauferstehung
Es folgt ein Interview, in dem Britney weint, eine Blitzehe mit einem
Jugendfreund und die Hochzeit mit dem Schwiegermutteralbtraum Kevin
Federline, mit dem sie zwei Kinder hat. Die Scheidung im Jahr 2006, der
Sorgerechtsstreit und ein Nervenzusammenbruch. In einem Friseursalon
[2][rasiert sie sich den Schädel kahl], schlägt dann mit einem Regenschirm
auf ein Auto ein. Es folgt ein Klinikaufenthalt, der besagte VMA-Auftritt,
Drogenskandale und der Verlust des Sorgerechts. Schließlich wird Spears
entmündigt, ihr Vater zum Vormund erklärt.
Nun aber hat Britney gute Chancen, ein glattes Comeback hinzulegen. Ihre
Fans sind älter geworden, unterstützen sie aber immer noch. Britney Spears
ist zu einer Ikone geworden, gerade weil sie für Fehlbarkeit steht, aber
auch für die Wiederauferstehung nach der öffentlichen Demütigung. Ihr Weg
gibt Mut an schlechten Tagen – so hat sich auch das [3][Sprichwort]
etabliert: Wenn Britney 2007 überlebt hat, überlebst du auch diesen einen
beschissenen Tag.
25 Aug 2016
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=xmJ1Pa_fZGI
[2] http://www.people.com/people/article/0,,20012207_20012195,00.html
[3] https://img.buzzfeed.com/buzzfeed-static/static/enhanced/webdr01/2013/3/6/1…
## AUTOREN
Saskia Hödl
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Miley Cyrus
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