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# taz.de -- Naturschützer über Weltkongress: „Allerweltsarten verschwinden�…
> Auf dem Weltnaturschutzkongress wird derzeit über den Schutz von Tieren
> und Pflanzen diskutiert. WWF-Vorstand Christoph Heinrich ist dabei.
Bild: In Gefahr: Das Great Barrier Reef
taz: Herr Heinrich, Auf Hawaii debattieren derzeit 8.300 Delegierte von
NGOs und Regierungen aus 184 Ländern auf dem Weltnaturschutzkongress über
den Schutz von Tieren und Pflanzen. Was sind die großen Erfolge der letzten
Zeit?
Christoph Heinrich: Ein Fünftel des Amazonaswaldes in Brasilien steht
mittlerweile unter Schutz. Die Fläche ist mit 60 Millionen Hektar fast
doppelt so groß wie Deutschland. Insgesamt sind weltweit bereits 15 Prozent
der Landfläche der Wildnis vorbehalten.
Aber?
Berühmte Schutzgebiete sind in miserablem Zustand. Am Great Barrier Reef,
dem größten Riff der Erde vor Australien, sterben die Korallen ab, weil das
Wasser überdüngt ist und sich durch den Klimawandel erwärmt. Im
Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo, bekannt für
seine Berggorillas, soll Öl gefördert werden. Im tansanischen
Selous-Weltnaturerbe sind in den letzten Jahren bis zu 80 Prozent der
Elefanten durch professionelle Wilderer getötet worden.
Die Umweltpolitik wird durch den Kampf gegen den Klimawandel bestimmt.
Welche Bedeutung müsste der Naturschutz haben?
Sterben Tier- und Pflanzenarten aus, dann sind sie für immer verloren. Das
unterscheidet das Artensterben von anderen Katastrophen: es ist unumkehrbar
und nicht heilbar. Die Menschen verursachen derzeit das größte
Artensterben, seit der Einschlag eines Meteoriten zum Verschwinden der
Dinosaurier geführt hat. Das ist ein Irrsinn. Wälder und Meere speichern
zum Beispiel einen großen Teil des Treibhausgases Kohlendioxid. Kollabieren
diese Ökosysteme, dann würde auch eine noch so konsequente Reduzierung des
industriellen CO2-Ausstoßes die Erde nicht vor einer dramatischen Erwärmung
bewahren.
Die Weltbevölkerung wird bis zum Jahr 2050 von heute 7,3 auf 9,7 Milliarden
Menschen wachsen. Das heißt das für den Naturschutz?
Vor allem in Afrika wird die Ackerfläche zunehmen. Es ist dennoch kein
Luxus, zu fordern, dass große Naturgebiete erhalten bleiben. Erstens
zerstören wir derzeit fruchtbare Ackerböden durch intensive Landwirtschaft
– dieser Trend muss umgekehrt werden. Zweitens werden zwei Drittel aller
Äcker dazu genutzt, Futter fürs Vieh zu produzieren. Zu viel Fleisch statt
Pflanzenkost zu produzieren ist ineffizient, weil sie Nutzpflanzen in der
Menge von sieben Kalorien verfüttern müssen, um eine Kalorie an Fleisch zu
bekommen. Ich predige keinen völligen Fleischverzicht, aber vom hohen
Fleischkonsum müssen die Menschen runter.
Welchen Einfluss haben Naturschützer auf Politik?
Das ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland haben wir die
Energiewende vorangebracht, es aber nicht geschafft, den Naturschutz in der
Landwirtschaft zu verankern. So verschwinden jetzt selbst Allerweltsarten
wie Feldlerchen oder Rebhühner aus der Landschaft. Weltweit ist die Lobby
der Industrie und Landnutzer stärker.
Wo ist der Kampf besonders hart?
Der Nationalparkleiter des Virunga-Nationalparks, der sich gegen
Ölbohrungen engagierte, ist vor kurzem angeschossen worden. Er hat zum
Glück überlebt.
3 Sep 2016
## AUTOREN
Hanna Gersmann
## TAGS
Naturschutz
Schwerpunkt Artenschutz
Tierschutz
Virunga-Nationalpark
Tierschutz
Landwirtschaft
Robert Habeck
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Artenschutz
Grenzzaun
Windkraft
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