# taz.de -- Kursdiskussion der Grünen: Trittin attackiert Realos | |
> Schwarz-Grün oder R2G? Jürgen Trittin rät seiner Partei zum Linksbündnis | |
> – und greift den Kurs von Katrin Göring-Eckardt an. | |
Bild: Pieksiger als Trittin? Winfried Kretschmann pflanzt einen Kaktus | |
Berlin taz | Ein Jahr vor der Bundestagswahl flammt der Streit der Grünen | |
über Bündnisoptionen neu auf. Exfraktionschef Jürgen Trittin, ein | |
Wortführer des linken Flügels, attackierte am Donnerstag in einem | |
Strategiepapier den Kurs führender Grüner, im Bundestagswahlkampf 2017 | |
keine Präferenz für politische Bündnisse zu zeigen. | |
„Das ostentative Hochhalten der Eigenständigkeit ersetzt nicht die Klärung, | |
mit welchem politischen Konkurrenten es mehr und mit welchem es weniger | |
Gemeinsamkeiten gibt“, schreibt Trittin in dem Papier, das er pünktlich vor | |
einem Kongress des linken Parteiflügels am Wochenende veröffentlichte. | |
Die Linkspartei sei den Grünen näher als die CSU, weil es mit ihr deutlich | |
höhere Schnittmengen gebe, argumentiert Trittin. Die Grünen würden 2017 für | |
Inhalte nur gewählt, wenn sie deutlich machten, „welche machtpolitischen | |
Prioritäten sie haben“. | |
Trittin, der den Fraktionsvorsitz nach dem schlechten Wahlergebnis 2013 | |
abgab, greift außerdem Katrin Göring-Eckardt und Winfried Kretschmann | |
namentlich an. Göring-Eckardt sende die Botschaft, dass die Macht von | |
Inhalten entkoppelt werden solle – „als stiller Türöffner für | |
Schwarz-Grün“. Die Fraktionsvorsitzende hatte ihn zuvor in der Süddeutschen | |
Zeitung für ein Plädoyer für Rot-Rot-Grün zurechtgewiesen. Und betont, es | |
brauche eine neue Offenheit der demokratischen Parteien – altes Lagerdenken | |
sei überholt. | |
## Kein Wahlkampf der Schnittmengen | |
Göring-Eckardt wies am Donnerstag die Kritik ihres Vorgängers erneut | |
zurück. „Eigenständigkeit ist kein Wort für eine heimliche | |
Wunschkoalition“, sagte sie der taz. „Es ist der anstrengende, neue und | |
mutige Weg, für das einzustehen, was wir wollen, und nicht darüber zu | |
fabulieren, mit wem.“ Es gehe 2017 nicht um einen Wahlkampf der | |
Schnittmengen, sondern darum, wer das Land zusammenhalte. „Dieser Kurs wird | |
in unserer Partei breit unterstützt und dabei bleibt es.“ | |
In der Tat wollen die Grünen, die Machtfrage im Wahlkampf offenhalten. Auch | |
Signale einer Präferenz, wie Trittin sie fordert, sind nicht geplant. Diese | |
Logik ist auch unterschiedlichen Vorlieben der Flügel geschuldet. Während | |
viele Linksgrüne Rot-Rot-Grün bevorzugen, wollen viele Realos Schwarz-Grün. | |
Schon im Wahlkampf 2013, in dem Trittin und Göring-Eckardt gemeinsam an der | |
Spitze standen, hatten sich die Grünen offiziell alles offen gehalten. Sie | |
hatten ihre Strategie aber damals zusehends auf ein Bündnis mit der SPD | |
verengt, für das keine Mehrheit in Sicht war. Dass am Ende die Machtoption | |
fehlte, war ein wichtiger Grund für das schlechte Abschneiden. | |
Trittin kritisiert auch Baden-Württembergs Ministerpräsident. Jener | |
betreibe „die Renaissance der Ausschließeritis – einseitig nach links“. … | |
Ausschluss des Linksbündnisses sei für die Grünen gefährlich und die | |
Abkoppelung der Inhalte von der Machtfrage wirke demobilisierend, schreibt | |
Trittin. „Beides transportiert eine mutlose Botschaft: eine Regierung ohne | |
die Union ist in Deutschland nicht vorstellbar.“ Kretschmann hatte zuvor in | |
einem Interview vorhergesagt, Sondierungen mit der Linken seien zum | |
Scheitern verurteilt. | |
Kretschmann wollte zu der Kritik nicht Stellung nehmen. Der | |
Ministerpräsident werde nicht auf Trittins Aussagen eingehen, sagte sein | |
Sprecher der taz. Zumindest in diesem Punkt geben viele Grüne Trittin Recht | |
– wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Kretschmanns Absage an ein | |
Linksbündnis und sein Werben für Schwarz-Grün im Spiegel war intern mit | |
Verwunderung registriert worden, weil er den offiziellen Kurs der | |
Eigenständigkeit konterkarierte. | |
1 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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