# taz.de -- Anti-Terror-Übung der Bundeswehr: Offene Fragen bleiben offen | |
> Deutsche Soldaten sollten im Herbst den Einsatz im Innern üben. Jetzt | |
> verschiebt sich das Projekt um mehrere Monate. Woran hapert es? | |
Bild: Ob sie bald für den Häuserkampf im Inneren trainieren, soll jetzt eine … | |
Berlin taz | Die geplante Übung für Bundeswehreinsätze im Innern verzögert | |
sich. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte am Mittwoch nach einem | |
Treffen mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und mehreren | |
Landesinnenministern: „Wir glauben, dass die Vorbereitungen für eine solche | |
Übung bis Februar abgeschlossen werden können.“ Das | |
Verteidigungsministerium hatte zuvor von einem Termin im Herbst gesprochen. | |
Entgegen früheren Ankündigungen einigten sich die Minister auch noch nicht | |
auf ein konkretes Szenario. Unklar bleibt, wie viele Soldaten eingesetzt | |
werden und welche Aufgaben sie übernehmen. „Zu den Detailfragen ist eine | |
Arbeitsgruppe eingesetzt worden“, heißt es aus dem Innenministerium. | |
Gerade die Details sind in der Debatte über Inlandseinsätze aber | |
entscheidend. Während die Union das Projekt vorantreibt, sind Teile der SPD | |
skeptisch. Ihnen geht es eben um die Feinheiten, die die beteiligten | |
Ministerien nun auf Ebene der Abteilungsleiter klären. | |
1. Womit sollen Soldaten nach Anschlägen helfen? | |
De Maizière sprach am Mittwoch zum einen von „Transport, Aufklärung und | |
Versorgung“. All das wäre rein technische Amtshilfe, die relativ | |
unumstritten ist und die die Bundeswehr seit Langem leistet. Laut dem | |
Minister sind aber auch „verkehrsleitende Maßnahmen“ denkbar. Sprich: | |
Autofahrer an der Weiterfahrt hindern, was eigentlich als hoheitliche | |
Aufgabe der Polizei vorenthalten ist. Laut Verfassungsgericht darf die | |
Bundeswehr die Aufgabe nur bei Anschlägen von „katastrophischem Ausmaß“ | |
übernehmen. | |
2. Für welche Art von Anschlag üben die Soldaten? | |
Wie katastrophal ein Anschlag tatsächlich sein muss, damit die Bundeswehr | |
einspringen darf, ist unklar. Die Grünen sprechen von Giftgasangriffen, die | |
SPD denkt an den 11. September. Und welches Ausmaß hat der simulierte | |
Anschlag in der Übung? De Maizière sprach am Mittwoch nur allgemein von | |
einer „komplizierten, über Tage andauernden, schwierigen Terrorlage“. | |
3. Setzen die Soldaten militärische Waffen ein? | |
Es ist ein Unterschied, ob die Bundeswehr nur Feldjäger für | |
Verkehrskontrollen abstellt oder ob sie Innenstädte mit Schützenpanzern | |
abriegelt. Letzteres ist laut Verfassungsgericht zwar ebenfalls erlaubt, | |
aber nur als Ultima Ratio, also nur, wenn ein Anschlag wirklich besonders | |
katastrophale Ausmaße annimmt. | |
4. Werden die Soldaten auf der Straße und in Städten üben? | |
Der Schwerpunkt der Übung soll auf Stabsebene liegen: Polizei und | |
Bundeswehr trainieren, wer im Ernstfall wo anruft und wem welche Befehle | |
erteilt. Dass darüber hinaus Soldaten aus den Kasernen ausrücken, ist laut | |
Verteidigungsministerium denkbar – aber nicht entschieden. Teile der SPD | |
sind dagegen: Sie fürchten, die Bevölkerung solle dadurch an | |
Inlandseinsätze gewöhnt werden. | |
5. Wo wird geübt? | |
Zahlreiche Bundesländer haben Interesse, darunter das schwarz-grün regierte | |
Baden-Württemberg. In vier Ländern soll die Übung stattfinden. Welche es | |
sind, gibt die Regierung noch diese Woche bekannt. | |
Unabhängig von den Detailfragen lehnt die Opposition im Bund die geplante | |
Übung kategorisch ab. „Die gemeinsame Übung mit der Bundeswehr ist eine | |
reine Inszenierung, die von den eigentlichen Problemen ablenkt, die Polizei | |
zusätzlich stark belastet und nur dazu dient die Militarisierung der | |
Innenpolitik voranzutreiben“, sagte Irene Mihalic, innenpolitische | |
Sprecherin der Grünen. „Sinnvoller wäre es endlich die polizeilichen | |
Konzepte durchzuspielen und zu überprüfen, ob im Ernstfall alle Abläufe | |
zwischen den Polizeien der Länder und Bundespolizei, den Feuerwehren und | |
Rettungsdiensten klar geregelt sind.“ | |
Linken-Fraktionsvize Jan Korte sagte, die Bundesregierung erwecke den | |
Eindruck, die Verfassung zur Not passend machen zu wollen. „Das ist nicht | |
nur geschichtsvergessen, sondern auch verantwortungslos. In einer | |
freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft haben bewaffnete Soldaten | |
keinem Zivilisten etwas zu sagen, und das ist gut so.“ | |
31 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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