| # taz.de -- Französische Komödie vom Feinsten: Wo die Liebe vom Himmel fällt | |
| > Mit Herz für Leute mit Hirn: „Mein ziemlich kleiner Freund“ von Laurent | |
| > Tirard mischt das Genre der französischen Liebeskomödie auf. | |
| Bild: Diana (Virginie Efira) und Alexandre (Jean Dujardin) bei einer Vernissage | |
| Laurent Tirard ist eigentlich kein Regisseur, der einem gleich einfiele, | |
| wenn es um französische Liebeskomödien geht. Der Großteil des erwachsenen | |
| Kinopublikums hierzulande dürfte ihn eher gar nicht kennen, denn sein | |
| Hauptwerk richtet sich vornehmlich an eine minderjährige Zielgruppe | |
| beziehungsweise mischt ganz oben in der Kategorie „Familienfilm“ mit. | |
| „Der kleine Nick“ (sowie der Nachfolgefilm „Der kleine Nick macht Ferien�… | |
| und die Asterix-Adaption „Asterix und Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät“ | |
| sind aber nicht nur in Frankreich große Kinoerfolge gewesen; es sind echte | |
| komödiantische Meisterwerke mit dem Zeug zum Klassiker. Aber jetzt ein | |
| Liebesfilm? | |
| Auch Tirards neuester Streich „Mein ziemlich kleiner Freund“ ist eine | |
| Adaption eines populärkulturellen Stoffs beziehungsweise ein Remake des in | |
| Argentinien im Jahr 2013 sehr erfolgreichen Films „Corazón de León“. Der | |
| habe „etwas sehr Telenovelahaftes“ gehabt, wie Laurent Tirard erklärt, | |
| weshalb er und sein Koautor Grégoire Vigneron das Drehbuch praktisch noch | |
| einmal neu schrieben, es sozusagen europäisierten. | |
| ## Schöne Dinge tun mit schönen Frauen | |
| Auf den ersten Blick gar nicht viel anders als in anderen französischen | |
| Filmen werden auch in diesem Film schöne Dinge mit einer schönen Frau | |
| gemacht, die schöne Kleider trägt. Diese Figur heißt hier Diane, hat einen | |
| blonden Pferdeschwanz und wird gespielt von Virginie Efira. | |
| Diane, eine gestandene Frau um die vierzig, betreibt eine Anwaltskanzlei – | |
| gemeinsam mit ihrem Exmann Bruno, von dem sie seit Jahren getrennt lebt, | |
| was an dessen krankhafter Eifersucht jedoch nichts ändert. Dabei gab es für | |
| diese Eifersucht bisher nicht einmal einen Grund. | |
| Das ändert sich, als Diane durch einen Zufall den Architekten Alexandre | |
| kennenlernt, der ihr das in einem Restaurant vergessene Handy wiederbringt. | |
| Alexandre sieht gut aus, ist witzig und charmant und bringt die so | |
| beherrscht scheinende Karrierefrau in mehrfacher Hinsicht dazu, über ihren | |
| eigenen Schatten zu springen. | |
| ## Alexandre ist nur 1,40 Meter groß | |
| Diane ist drauf und dran, sich ernsthaft zu verlieben – doch die | |
| aufkeimende innige Beziehung der beiden wird durch den Umstand | |
| verkompliziert, dass Alexandre nur knapp 1,40 Meter misst. (Er wird | |
| gespielt von dem normal großen, in Frankreich sehr bekannten Jean Dujardin, | |
| der bei Ganzkörperaufnahmen vom Hals abwärts gedoubelt wurde. | |
| Ohne die Wunder der digitalen Technik wäre dieser Film kaum möglich.) Die | |
| Reaktionen der Umwelt und ihre eigenen gemischten Gefühle machen es Diane | |
| nicht leicht, so locker mit jeder unangenehmen Situation umzugehen, wie | |
| Alexandre es – scheinbar? – tut. | |
| Regisseur Tirard jedenfalls geht sehr entspannt um mit seinem Thema und | |
| macht aus der melodramatischen Vorlage eine, gekonnt ist gekonnt, | |
| stilsichere und geistreiche Komödie, in die er immer wieder ziemlich | |
| überdrehte Albernheiten streut. Das darf und kann Tirard, weil er die Gabe | |
| der bildlichen Ironie besitzt und sehr versiert darin ist, gerade die | |
| unwahrscheinlichsten Handlungselemente in erlesen tableauähnliche Bilder zu | |
| fassen, sie sozusagen mit einem Goldrahmen zu umgeben, der die Albernheit | |
| gleichsam zur Metapher adelt – aber ohne die Metapher wirklich ernst zu | |
| nehmen. | |
| ## Die Frau, die vom Himmel fällt | |
| Das nennt man dann wohl Meta-Ironie. „Wer braucht schon Metaphern!“, ruft | |
| Diane denn auch aus, als sie schließlich mit dem ganzen Mut verzweifelten | |
| Liebeskummers vom Himmel gefallen kommt. (Und das ist hier in diesem Text | |
| gar nicht metaphorisch gemeint, sondern passiert im Film wirklich.) | |
| Die schöne Frau ist in „Mein ziemlich kleiner Freund“ – der deutsche | |
| Verleihtitel macht die Erzählperspektive deutlich – nämlich einmal nicht | |
| das Objekt des Begehrens, auch wenn sie in einer langen, | |
| genrepersiflierenden Eingangssequenz, in der wirklich alle, alle Menschen | |
| ihr nachblicken, übertrieben genüsslich als ein solches vorgeführt wird. | |
| Sie ist vielmehr das liebende, verwirrte, (ver)zweifelnde Subjekt einer | |
| ziemlich komplizierten Beziehungsgeschichte. | |
| Der kleine Mann wiederum ist hier wahrscheinlich die eigentliche Metapher. | |
| Denn um Kleinwüchsigkeit an sich geht es ja nicht wirklich. Eher irgendwie | |
| darum, dass es in der Liebe letztlich keine Rolle spielt, wer oben ist und | |
| wer unten. | |
| 1 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Granzin | |
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