# taz.de -- Hipster-Beutel gegen Rassismus: Jute Sache | |
> Palästinenser aus Israel haben einen Jutebeutel bedruckt. Die Aufschrift | |
> soll Terror verbreiten – aber nur bei jenen, die Angst vor der arabischen | |
> Sprache haben. | |
Bild: Schöne Idee | |
BERLIN taz | Arabische Schriftzeichen, auf Stoff gedruckt, stolz | |
präsentiert. Das weckt zurzeit bei vielen Menschen unangenehme | |
Assoziationen: bewaffnete Männer auf Fernsehbildschirmen, selbstgebastelte | |
Fahnen, Terrorismus. Wie wenig gerecht diese Assoziation einer Sprache | |
wird, die weltweit von weit über 250 Millionen Menschen gesprochen wird, | |
darauf weist ein Team von DesignerInnen aus der israelischen Stadt Haifa | |
hin. | |
Dafür brauchen die jungen PalästinenserInnen nicht mehr als ein paar bunte | |
Farben, einen Jutebeutel und eine Schablone. Auf der Hipster-Tasche steht: | |
„Dieser Text hat keine andere Absicht, als Terror in den Herzen derer zu | |
verbreiten, die Angst vor der arabischen Sprache haben“ – natürlich auf | |
arabisch. Man fühlt sich ein bisschen an T-Shirts erinnert, auf denen in | |
chinesischen Schriftzeichen Sätze stehen wie „Bitte parken Sie Ihr Fahrrad | |
hier“. Nur, dass dieser Beutel mehr darstellt als bloßen Unfug. | |
Haifa ist von der Bevölkerung her tatsächlich eine der wenigen gemischten | |
Städte des Landes. Es gibt eine arabische Minderheit von rund zehn Prozent | |
– bestehend aus ChristInnen und MuslimInnen – in der Stadt und die | |
Universität hat deutlich mehr arabische Studierende als andere israelische | |
Universitäten. In den letzten Jahren haben vor allem junge | |
PalästinenserInnen eine pulsierende Kulturszene mit Theatern, Bars, | |
Filmfestivals aufgebaut. Teil dieser Szene ist [1][Rock Paper Scissors], | |
ein Laden, der im April 2016 eröffnet hat und in dem bedruckte T-Shirts, | |
Tassen und anderer Schnickschnack verkauft wird – und eben der | |
arabisch-beschriftete Jutebeutel. | |
Das Produkt kommt an, und das nicht nur in Haifa. Gerade war das Team von | |
Rock Paper Scissors in der Berliner Galerie Urban Spree zu Besuch. Vom dort | |
stattfindenden „Middle Eastern Indie Culture Open Air“ fanden die Beutel | |
ihren Weg in die Stadt. In der U-Bahn begegnete der Journalist Nader | |
Al-Sarras einer Schulter, um die das Prachtstück baumelte. Al-Sarras stammt | |
aus Bait Dschala im Westjordanland und lebt und arbeitet seit Jahren in | |
Deutschland. Er machte ein Foto, postete [2][es auf Facebook] und | |
[3][Twitter]. | |
Das Bild ging viral. Zwei Tage später hat das Foto auf Facebook über 36.000 | |
Likes und war 15.470 mal geteilt worden. Auf der Facebookseite von Rock | |
Paper Scissors häufen sich die „Ich will auch!“-Rufe und die Forderungen | |
nach einem [4][Online-Shop] (den die Ladenbesitzer am Donnerstagnachmittag | |
eiligst erstellt haben). Zu sprechen sind die DesignerInnen nicht – | |
wahrscheinlich haben sie vor lauter Fanpost keine Zeit für die taz. | |
Vorverurteilungen, Pauschalisierungen, Islamophobie – der Aufdruck und die | |
Botschaft dahinter treffen offenbar auch in Deutschland und anderen | |
europäischen Ländern einen Nerv. Und das ist gut so. Eigentlich zielte die | |
Botschaft des Beutels auf die israelische Gesellschaft ab, in der arabische | |
Menschen oft Opfer von Alltagsrassismus sind. In der die Angst vor | |
Anschlägen groß ist, in der Racial Profiling offen praktiziert wird und in | |
der in jeder Tasche eines arabischen jungen Mannes schnell ein Messer | |
vermutet wird. Aber die Botschaft sitzt – hier wie dort. | |
18 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/RPS.Printshop/ | |
[2] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1356420867720294&set=a.54114993… | |
[3] https://twitter.com/NaderAlsarras/status/765617240947458048 | |
[4] https://www.facebook.com/commerce/products/1071378906279059/?rid=1816911951… | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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