# taz.de -- Nach dem Anschlag in Nizza: Haft für fünf Verdächtige angeordnet | |
> Nach Erkenntnissen der Ermittler war der Anschlag von Nizza offenbar | |
> länger geplant. Außerdem handelte der Täter nicht allein. Der | |
> Ausnahmezustand dauert an. | |
Bild: Keine Idylle in Nizza: Soldat zwischen Urlaubern | |
PARIS dpa | Gegen fünf als Komplizen des Attentäters von Nizza Verdächtigte | |
ist Untersuchungshaft angeordnet worden. Dies berichtete die französische | |
Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft in Paris | |
in der Nacht zum Freitag. | |
Drei Verdächtigen wird Beihilfe zum Mord im Zusammenhang mit einem | |
Terrorakt vorgeworfen. Einer der drei soll gemeinsam mit einem Paar aus | |
Albanien dem 31-jährigen Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel die Waffe | |
besorgt haben, mit der der Attentäter geschossen haben soll. | |
[1][Mohamed Lahouaiej Bouhlel war am 14. Juli in eine Menschenmenge auf der | |
Strandpromenade von Nizza gerast und hatte 84 Menschen getötet], bevor die | |
Polizei ihn erschoss. 15 Verletzte schwebten auch eine Woche danach noch in | |
Lebensgefahr. | |
Nach Erkenntnissen der Ermittler war der Anschlag vermutlich schon länger | |
geplant. Der Mann habe seine Tat wohl seit mehreren Monaten ins Auge | |
gefasst und die Pläne heranreifen lassen, sagte Anti-Terror-Staatsanwalt | |
François Molins am Donnerstag. Der Staatsanwalt stützt sich dabei auf die | |
Auswertung von Kommunikationsdaten und Fotos. | |
So wurden auf einem Handy von Mohamed Lahouaiej Bouhlel Bilder von zwei | |
Feuerwerken und einem Konzert auf der Strandpromenade von Nizza im Sommer | |
2015 gefunden, der Fokus lag dabei jeweils auf der Menschenmenge. Er hatte | |
auch einen Zeitungsartikel gespeichert, bei dem es um einen Mann ging, der | |
mit einem Fahrzeug auf eine Restaurant-Terrasse raste. Bislang war nur die | |
Rede davon gewesen, dass er die Attacke über mehrere Tage vorbereitet | |
hatte. | |
## Motive weiter unklar | |
Die Verdächtigen hatten nach Angaben der Ermittler regen Kontakt | |
untereinander. Ein 37-jähriger Tunesier und ein 40 Jahre alter | |
Franko-Tunesier sollen in den Tagen vor dem Anschlag mit dem Attentäter in | |
dem gemieteten Lastwagen gewesen sein. Das geht aus der städtischen | |
Videoüberwachung, Handyfotos und Fingerabdrücken hervor. | |
Zur Motivation des Attentäters äußerte sich Molins nicht näher. Allerdings | |
wurde auf dem Handy des Tunesiers eine SMS von einem der Verdächtigen | |
gefunden, in der dieser sich im Januar 2015 positiv über den islamistischen | |
Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ äußerte. Bereits am Montag | |
hatte Molins berichtet, der Mann habe in jüngster Zeit ein „unbestreitbares | |
Interesse“ an der dschihadistischen Bewegung gezeigt. Er war den Behörden | |
aber vor der Tat nie wegen extremistischer Gesinnung aufgefallen. | |
Eine Woche nach dem verheerenden Anschlag verlängerte Frankreich am | |
Donnerstag [2][den Ausnahmezustand bis Anfang 2017]. Nationalversammlung | |
und Senat stimmten mit großer Mehrheit dafür, die Sonderrechte der Behörden | |
weitere sechs Monate in Kraft zu lassen. | |
## Verschärfter Notstand | |
Der Ausnahmezustand erlaubt den Behörden etwa Hausarreste ohne | |
Richterbeschluss sowie das Verbot von radikalen Organisationen. Er war nach | |
den Pariser Terroranschlägen vom 13. November verhängt worden und sollte | |
ursprünglich Ende dieses Monats auslaufen. Bürgerrechtsorganisationen sehen | |
die Sonderrechte kritisch und bezweifeln die Wirksamkeit. | |
Mit der Verlängerung wurde der Ausnahmezustand teilweise verschärft. So | |
sind künftig auch wieder Hausdurchsuchungen ohne Richterbeschluss möglich, | |
die vor zwei Monaten ausgesetzt worden waren. Auch Computer- und Handydaten | |
können künftig kopiert und ausgewertet werden. | |
Angesichts anhaltender Kritik wegen angeblich unzureichender | |
Sicherheitsvorkehrungen am Abend des Anschlags ordnete Innenminister | |
Bernard Cazeneuve eine interne Untersuchung an. Oppositionspolitiker hatten | |
mehrfach die Angaben der Regierung über die Zahl der eingesetzten | |
Polizisten angezweifelt – nun will die Regierung die Vorwürfe ausräumen. | |
Die Generalinspektion der nationalen Polizei soll kommende Woche einen | |
Bericht vorlegen. | |
22 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Anschlag-in-Nizza/!5323631/ | |
[2] /Franzoesische-Anti-Terror-Gesetze/!5326978/ | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Nizza | |
Anschlag | |
Andreas Geisel | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Kirche | |
Tourismus | |
Nizza | |
Syrien | |
Würzburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abgeordnetenhaus debattiert Anschläge: Wider den Terror | |
Innensenator Andreas Geisel (SPD kündigt Antiterrorkonzept nach Londoner | |
Vorbild an. FDP fordert Muslime auf, sich klar gegen Hassprediger zu | |
stellen. | |
Nach dem Attentat in Nizza: Innenminister Cazeneuve unter Druck | |
Frankreichs Innenminister soll falsche Angaben zu den Sicherheitsmaßnahmen | |
in Nizza gemacht haben. Der wehrt sich gegen die Vorwürfe. | |
Kirchliche Telefonseelsorge: „Das ganze Programm des Lebens“ | |
Seit 60 Jahren begleiten kirchliche Ehrenamtliche Verzweifelte durch | |
Lebenskrisen. Zeit für die taz, selbst mal dort anzurufen. | |
Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Reisewarnung für überall | |
Die Angst vor Terror hat die Auswahl bei den Urlaubszielen rund ums | |
Mittelmeer stark eingeschränkt. Treffen wir uns also bald alle in Spanien | |
wieder? | |
Nach dem Anschlag in Nizza: Nicht nur der Täter ist schuld | |
Die polizeiliche Absicherung der Promenade in Nizza, auf der 84 Menschen | |
getötet wurden, war ungenügend. Die Regierung mag das nicht hören. | |
Krieg in Syrien und Irak: Die Anti-IS-Koalition plant ihren Sieg | |
Die Verbündeten beschließen verstärkte Maßnahmen gegen die | |
Dschihadistenmiliz. Die syrische Opposition fordert einen Stopp der | |
Luftangriffe gegen den IS. | |
Kommentar Anschlag im Regionalzug: So einfach ist es nicht | |
Schnell war die Analyse da: Hinter der Tat steckt der IS. Doch was sind die | |
genauen Motive des Angreifers? Danach muss gefragt werden. |