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# taz.de -- Nach dem Anschlag in Nizza: Nicht nur der Täter ist schuld
> Die polizeiliche Absicherung der Promenade in Nizza, auf der 84 Menschen
> getötet wurden, war ungenügend. Die Regierung mag das nicht hören.
Bild: Patrouillieren noch immer: Soldaten in Nizza
Paris taz/dpa | War das Polizeiaufgebot in Nizza zum Schutz der Bevölkerung
am Abend des 14. Juli ungenügend? Die Frage ist müßig, denn sie wird allein
schon dadurch beantwortet, dass ein Attentäter mit einem Lkw in die
Fußgängerzone der Promenade des Anglais brettern und 84 Menschen töten
konnte. Eine andere Frage ist es, ob jemand dafür zur Verantwortung gezogen
werden muss. Das fordert die rechte Opposition. Und nun berichtet die linke
Zeitung Libération, die Regierung habe versucht, sich mit einer Lüge aus
dem Schussfeld der Kritik zu bringen.
Der Zugang zur Uferpromenade sei, so der Bericht mit entsprechenden Fotos,
nicht von Polizeibeamten abgesperrt worden, wie dies Innenminister Bernard
Cazeneuve ursprünglich erklärt habe, sondern lediglich von einem Fahrzeug
der „Police municipale“, die man als kommunale Hilfspolizisten bezeichnen
kann.
Dass ein Regierungsmitglied in einer derart wichtigen Frage die Wahrheit zu
vertuschen versucht, wäre viel gravierender als eine mangelnde Prävention
selber. Cazeneuve hat dementiert und eine Untersuchung der polizeilichen
Einsatzpläne und der effektiven Präsenz der nationalen und kommunalen
Polizeieinheiten in Auftrag gegeben.
Der Polizeipräfekt von Nizza bestätigte aber auf einer Pressekonferenz, die
Beamten der nationalen Polizei seien nach 21.30 Uhr von kommunalen Kollegen
abgelöst worden, das sei von Anfang an geplant gewesen und niemand habe da
etwas vertuscht. Die Darstellung durch Libération sei deswegen „ungerecht
und beleidigend“.
Auch die Satirezeitung Le Canard enchaîné berichtet von Sicherheitslücken.
Dem Blatt zufolge gaben die Behörden die ursprüngliche Idee von
Betonabsperrungen auf der Promenade auf. Auch auf individuelle
Besucherkontrollen sei verzichtet worden.
## Mehrere Monate lang geplant
Der Attentäter von Nizza hatte seinen Anschlag nach Erkenntnissen der
Ermittler vermutlich seit mehreren Monaten geplant. Zudem habe der
31-jährige Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel Unterstützung bei der
Vorbereitung gehabt, sagte der französische Anti-Terror-Staatsanwalt
François Molins am Donnerstag in Paris. Die Behörde eröffnete ein
Ermittlungsverfahren wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung
und beantragte Untersuchungshaft für fünf Verdächtige.
Sie wurden am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt, der Ermittlungen wegen
Beihilfe gegen sie einleitete. Betroffen sind ein Mann und eine Frau, die
verdächtigt werden, dem Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel die Pistole
verschafft zu haben, mit der er am Ende seiner Raserfahrt auf Polizisten
feuerte, bevor er selber erschossen wurde. Mit einem anderen Komplizen
unterhielt er sich noch kurz vor dem Anschlag per SMS.
Der Staatsanwalt stützt sich bei den neuen Erkenntnissen auf die Auswertung
von Kommunikationsdaten und Fotos. So wurden auf einem Handy von Mohamed
Lahouaiej Bouhlel Bilder von zwei Feuerwerken und einem Konzert auf der
Strandpromenade von Nizza im Sommer 2015 gefunden, der Fokus lag dabei
jeweils auf der Menschenmenge. Er hatte auch einen Zeitungsartikel
gespeichert, bei dem es um einen Mann ging, der mit einem Fahrzeug auf eine
Restaurant-Terrasse raste. Bislang war nur die Rede davon gewesen, dass er
die Attacke über mehrere Tage vorbereitet habe.
21 Jul 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Nizza
Schwerpunkt Frankreich
Terrorismusbekämpfung
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Terroranschlag
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