# taz.de -- Gewalttat in Regionalzug nach Würzburg: Rache an „Ungläubigen“ | |
> Mit der Attacke im Regionalzug wollte der 17-jährige Angreifer | |
> muslimische Glaubensbrüder rächen, sagt der Staatsanwalt. Er spricht von | |
> „Vernichtungswillen“. | |
Bild: Am Tatort sind die Spuren der Gewalttat zu sehen | |
WÜRZBURG dpa/afp/taz | Der Axt-Angreifer in einem Regionalzug nahe Würzburg | |
wollte sich nach Angaben der Ermittler an Nicht-Muslimen rächen, die seinen | |
muslimischen Glaubensbrüdern Leid angetan hätten. Das sagte der Leitende | |
Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager am Dienstag in Würzburg. Der 17-Jährige | |
sei mit dem vorgefassten Entschluss in den Zug gestiegen, ihm unbekannte | |
„Ungläubige“ umzubringen. Seinen eigenen Tod habe er dabei in Kauf | |
genommen. Der 17-Jährige habe die Angriffe „mit Vernichtungswillen | |
geführt“, sagte Ohlenschlager. | |
Der Täter sei ein gläubiger Muslim gewesen, der bisher nicht strafrechtlich | |
in Erscheinung getreten war. Am vergangenen Samstag habe er erfahren, dass | |
ein Freund von ihm in Afghanistan ums Leben gekommen war. Während der Tat | |
habe der Jugendliche mehrmals „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen… | |
dem Handy-Notruf einer Zeugin, der von der Polizei aufgezeichnet wurde, sei | |
dieser Ausruf „deutlich zu verstehen“, sagte Ohlenschlager. | |
Bei dem Angriff am Montagabend wurden fünf Menschen verletzt. Zwei von | |
ihnen schwebten noch in Lebensgefahr, sagte der Würzburger Polizeipräsident | |
Gerhard Kallert. Teilweise seien die Verletzungen „sehr schlimm und sehr | |
drastisch“. Der 17-Jährige Täter war mit einer Axt und einem Messer auf | |
Fahrgäste in einem Regionalzug bei Würzburg-Heidingsfeld losgegangen. | |
Danach griff er eine Spaziergängerin an. Er wurde von der Polizei | |
erschossen. | |
Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat laut Angaben aus ihr | |
nahestehenden Kreisen die Verantwortung für die Axt-Attacke übernommen. Bei | |
dem Angreifer handele es sich um einen IS-Kämpfer, berichtete die IS-nahe | |
Nachrichtenagentur Amak am Dienstag im Internet. Der Angreifer habe auf | |
Aufrufe reagiert, die Länder der internationalen Koalition anzugreifen, die | |
den IS bekämpfen. | |
## Video soll Angreifer vor der Tat zeigen | |
Die Echtheit der Erklärung ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. | |
In ähnlicher Form hatte der IS zuvor die Verantwortung für das Attentat von | |
Nizza übernommen. Amak verbreitete im Internet zudem ein Video, das den | |
Angreifer vor dem Attentat zeigen soll. „Ich bin ein Soldat des Islamischen | |
Staates und beginne eine heilige Operation“, sagte der Mann in dem Video, | |
das am Dienstag von Amak veröffentlicht wurde. | |
Nach der Axt-Attacke hatten Ermittler Hinweise auf einen möglichen | |
radikal-islamischen Hintergrund des erschossenen Täters entdeckt. „Bei der | |
Durchsuchung seines Zimmers ist auch eine handgemalte IS-Flagge gefunden | |
worden“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im | |
ZDF-„Morgenmagazin“. | |
Der 17-Jährige, der nach ersten Erkenntnissen als unbegleiteter | |
minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen sei, habe seit einiger | |
Zeit im Landkreis Würzburg gelebt, in einer Einrichtung in Ochsenfurt. | |
Zuletzt habe er bei einer Pflegefamilie gewohnt. | |
Nach Angaben der Bundespolizei hatten etwa 25 bis 30 Menschen in dem | |
Regionalzug von Treuchtlingen nach Würzburg gesessen. Er war kurz vor dem | |
Ziel, als der Angreifer losschlug. Als der Zug per Notbremse stoppte, | |
sprang er aus dem Zug und flüchtete. | |
Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei, das zufällig wegen eines anderen | |
Einsatzes in der Nähe gewesen sei, habe die Verfolgung aufgenommen, | |
berichtete Herrmann. Als der Jugendliche dann auch auf die Einsatzkräfte | |
losgegangen sei, hätten diese das Feuer eröffnet. Der Angreifer wurde mit | |
mehreren Schüssen getötet. | |
## Künast kritisiert – und wird dafür kritisiert | |
Die Grünen-Politikerin Renate Künast kritisierte den Polizeieinsatz schon | |
kurz nach dem Attentat [1][auf Twitter mit den Worten]: „Wieso konnte der | |
Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!“ Der | |
Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft warf Künast „Klugscheißerei“ | |
vor. „Wenn Polizisten in der Form angegriffen werden, werden sie sich nicht | |
auf Kung Fu einlassen. Das endet dann bedauerlicherweise manchmal mit dem | |
Tod des Täters, ist aber nicht zu ändern“, sagte Rainer Wendt der | |
Saarbrücker Zeitung. | |
Das Vorgehen der Polizisten werde nun von der Staatsanwaltschaft untersucht | |
und dann werde ein Urteil gefällt. „Da brauchen wir die parlamentarischen | |
Klugscheißer überhaupt nicht.“ Die Polizei Oberbayern Süd hatte Künast am | |
frühen Dienstagmorgen bereits auf Twitter geantwortet: „ein Tweet mit | |
„????“ ist zum jetzigen zeitpunkt nicht gerecht.“ | |
Das bayerische Landeskriminalamt hat interne Ermittlungen aufgenommen. Dies | |
sei ein üblicher Vorgang beim Schusswaffengebrauch von Beamten, sagte ein | |
Sprecher. Die Ermittlung sollen klären, wie der Einsatz ablief und ob die | |
Abgabe der tödlichen Schüsse gerechtfertigt war. | |
## Flüchtlings-Helferkreis in Ochsenfurt zeigt sich betroffen | |
Der Flüchtlings-Helferkreis in Ochsenfurt hat sich betroffen gezeigt über | |
die Axt- und Messerattacke eines 17 Jahre alten Afghanen in einem | |
Regionalzug bei Würzburg. „Wir sind sehr nah dran an den Flüchtlingen und | |
haben absolut nur Positives zu berichten“, sagte eine Sprecherin des | |
Helferkreises am Dienstag. | |
Unter den mehr als 250 dort betreuten Flüchtlingen seien rund 60 | |
unbegleitete Minderjährige. „Es gab bei uns noch niemals in irgendeiner | |
Form einen Vorfall. Es ist ein sehr friedlicher und guter Umgang | |
miteinander, deshalb sind wir alle entsetzt und traurig“, sagte die | |
Sprecherin mit Blick auf einen islamistischen Hintergrund der Attacke. | |
19 Jul 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/RenateKuenast/status/755165764060078081 | |
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