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# taz.de -- Die Wahrheit: Fern des Gripses
> Trotz der Semesterferien ist die Bildungsfernuni Hagen fleißig im
> Nichtstun und fördert die akademische Karriere von Menschen im Prekariat.
Bild: Typische Studentin der Bildungsfernuni Hagen im Masterkurs „Chillen fü…
Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, etabliert sich zurzeit an der
traditionsreichen Fernuni Hagen ein bemerkenswertes Projekt – trotz
Semesterferien. Zu den herkömmlichen Studienfächern stößt ein ganz neuer
Fachbereich, der sich bisher sträflich vernachlässigten Ausbildungsgängen
annimmt. Bei der „Bildungsfernuni Hagen“ geht es zuvörderst um die
akademische Begleitung von bildungsfernen Menschen im Prekariat.
So gibt es Grundkurse in Rumhängen, Endlos-Chillen, Gammeln und sogar
Nichtstun, die als Propädeutikum fürs erfolgreiche Präkarieren gewertet
werden. Wer sich einschreibt, bekommt per Aldi-Talk-App, Hörensagen oder
gelegentlichen Postwurfsendungen Tipps zur Optimierung der persönlichen
Nonprofit-Haltung. Im Unterschied zu herkömmlichen universitären
Ausbildungen sind dabei keine Prüfungen vorgesehen. Experten befürchten,
dass Letztere sich kontraproduktiv auf die Fachinhalte auswirken könnten.
## Nichtsnutz oder Tunichtgut?
Wer diese erste Bildungsfernphase hinter sich bringt, lässt sich danach zum
Nichtsnutz oder Tunichtgut ausbilden, was in etwa dem Bachelor-Abschluss
des Normalstudiums entspricht. Vorlesungen werden hierbei überwiegend im
Meinungsformat gehalten und geben Antworten auf Fragen wie „Ab wann gelte
ich als Taugenichts?“ oder „Was fällt leichter: Faulpelz oder Schwerenöter
werden?“ Benotet werden allenfalls die eigenen Facebook-Freunde.
Besonders stolz sind die Hagener, dass ihr Vorhaben international vernetzt
ist. Im südfranzösischen Fou-sur-Sottise entsteht eine ähnliche Anstalt,
sodass über das Eichendorff-Austauschprogramm Präkarisierte
grenzübergreifend unterwegs sein können. Das italienische Istituto
Farniente in Penne al Mattino bietet sogar einen Fünfsterneabschluss an,
bei dem verständlicherweise die musische Ausbildung hintansteht und Arien
wie „Nessun dorma“ zu intonieren äußerst verpönt ist. Der spanische Able…
der Hagener ist mit echt andalusischen Siesta-Extensivkursen unter dem
Titel „Non podemos“ dabei.
Nach dieser Bildungsfernphase rücken dann spezielle und zum Teil vergessene
Verhaltensmodelle wie die des Landstreichers oder Landstörzers in den
Blickpunkt. Containern wird ebenso professionell gelehrt wie sämtliche
Aspekte des Dosenpfands. Seminarthemen wie „Vorbereitetes Relaxen“,
„Bewusstes Präkarieren“ oder „Ausruhen, bis der Schlaf kommt“ werden e…
langwierig und hochkomplex aufbereitet und lassen sich auch ohne
regelmäßige Beschäftigung erschließen.
## Hochstapler oder Tausendsassa?
Schließlich hat diese Master-Phase aber auch noch spezielle Lebensweisen
im Angebot: „Tiefergelegtes Hochstapeln“ oder „Der Weg zum Tausendsassa“
stehen ebenso auf dem Plan wie „Gewinngarantiertes Zocken“ oder „Ein Leben
als Aufsichtsrat“. Studiengebühren im herkömmlichen Sinne fallen nicht an,
es gibt im Gegenteil sogar Bonuspunkte für die bloße Anmeldung. Kommt das
bedingungslose Grundeinkommen, lassen sich diese besonders anrechnen.
Beeindruckend ist auch, wie die Bildungsfernuni kostengünstig nahezu ohne
Lehrkräfte auskommt. Simpler Grund: Das Personal verbringt seinen Alltag
gemäß der vorgegebenen Themen und Inhalte. Weder gibt es Prüfungen noch
zeitliche Vorgaben. Der Weg für alle scheint das Ziel, aber diese Maxime
lässt sich noch toppen – denn das Ziel ist praktisch weg. So wundert es
nicht, dass den Büroeingang des neuen Fachbereichs eine handgemalte
Bilderfolge von Ludwig Emil Grimm ziert. Es ist ein Triptychon über die
wichtigsten Lebensstationen von Hans im Glück. Hätte die Bildungsfernuni
Hagen damals schon existiert – wie verlockend wäre sie für den goldigen
Herrn am Ende seines märchenhaften Berufslebens gewesen.
19 Aug 2016
## AUTOREN
Reinhard Umbach
## TAGS
Bildung
Prekariat
Fake News
Konsum
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Frank-Walter Steinmeier
Schwerpunkt Angela Merkel
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Putsch
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