# taz.de -- Büroversehen im Ministerium: Staatssekretär Schröder teilt aus | |
> Der CDU-Mann gab dem Parlament brisante Auskünfte zur Türkei. Jetzt | |
> schießt er gegen das Auswärtige Amt – mit einem gewagten Argument. | |
Bild: Steht zu seinem Sachbearbeiter: Staatssekretär Ole Schröder (CDU) | |
BERLIN taz | Ole Schröder tritt nach: Der Staatssekretär im | |
Innenministerium verteidigt die umstrittene Regierungsantwort auf eine | |
Bundestagsanfrage zur Türkei, die er unterschrieben hatte. [1][Dem | |
Flensburger shz-Verlag sagte der CDU-Politiker], er sei verpflichtet, | |
Abgeordneten auf deren Wunsch hin Auskünfte zu erteilen. „Informationen | |
dürfen nicht unterdrückt werden, wie sich das Auswärtige Amt das | |
vorstellt.“ | |
Schröders Ministerium hatte die Türkei in dem Dokument als | |
„Aktionsplattform“ für Islamisten bezeichnet und damit die Regierung in | |
Ankara verärgert. Entgegen der Gepflogenheiten war das Auswärtige Amt in | |
den Vorgang nicht einbezogen – angeblich wegen des Versehens eines | |
Sachbearbeiters, das dem Staatsekretär nicht auffiel. Beide Ministerien | |
betonten noch am Mittwoch, man habe den Vorfall „besprochen und | |
ausgeräumt“. | |
Dass Schröder nur Stunden später nachlegte, überrascht – zumal er bisher | |
nicht als Vorkämpfer für die Auskunftsrechte des Parlaments aufgefallen | |
war. | |
Im Gegenteil: Im April 2016 erkundigten sich die Grünen nach einem | |
brisanten V-Mann-Einsatz im NSU-Umfeld. Schröder antwortete, man gebe zu | |
verdeckten Ermittlungen „grundsätzlich keine Auskunft“. Als eine | |
Abgeordnete ein Jahr zuvor detaillierte Informationen über Lobbyisten in | |
Ministerien verlangte, kanzelte er sie mit einem einzigen Satz ab. Und | |
schon zu Beginn der NSA-Affäre bezweifelte er im Bundestagsplenum, dass die | |
Regierung etwaige Erkenntnisse über das amerikanische Spähprogramm „dem | |
Parlament bekanntgeben könnte“. | |
## Opposition klagt gegen Regierungspraxis | |
Die Opposition beklagt sich schon lange über solche Ausflüchte von Schröder | |
und anderen Regierungsvertretern. „Fristen parlamentarischer Anfragen | |
werden nicht eingehalten und Informationen und Unterlagen dem Parlament | |
gänzlich verweigert. Das Vorgehen hat Methode. Die Große Koalition | |
missachtet Parlamentsrechte bewusst und systematisch“, sagt der | |
Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz. Seine Fraktion und die der | |
Linkspartei wehren sich derzeit in mehreren Gerichtsverfahren gegen die | |
Regierungspraxis. | |
Warum sich jetzt ausgerechnet CDU-Mann Schröder auf die Seite der | |
Opposition schlägt? Der ehemalige Wirtschaftsanwalt verkündete im Juni, die | |
Politik nach der Bundestagswahl 2017 zu verlassen. Vielleicht pfeift er | |
schon jetzt auf die Regierungsräson. Vielleicht will er aber auch einfach | |
nicht als derjenige Staatssekretär abtreten, der rein aus Versehen eine | |
diplomatische Krise auslöste. Ein Plus auf der Jobsuche ist das schließlich | |
nicht. | |
18 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.shz.de/deutschland-welt/politik/exklusiv-innen-staatssekretaer-o… | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Türkei | |
Bundestag | |
Geheimdienst | |
Arbeitswelt | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Türkischer Geheimdienst in Deutschland: Abgeordnete fordern Auskunft | |
6.000 Spitzel soll der türkische Geheimdienst MIT einem Bericht zufolge in | |
Deutschland beschäftigen. Bundestagsabgeordnete wollen nun mehr wissen. | |
Kulturgeschichte des „Büroversehens“: Die perfekte Entschuldigungsformel | |
Eine Einschätzung zur Türkei, ohne Außenministerium? Kein Fehler – ein | |
„Büroversehen“. Über ein Wieselwort, seine Funktion und Verwendung. | |
Kommentar Türkisch-deutsches Verhältnis: Augen zu und durch war gestern | |
Das Bundesinnenministerium hält die Türkei für eine Aktionsplattform der | |
Islamisten. Daraus müssen Konsequenzen folgen. | |
Bundesregierung über die Türkei: Förderer bewaffneter Islamisten | |
Die Türkei gilt als wichtiger Partner Deutschlands. Intern geht man in | |
Berlin anscheinend davon aus, dass Ankara mit islamistischem Terror | |
verbunden ist. |