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# taz.de -- Fusion von Edeka und Tengelmann: Gabriel zieht juristische Karte
> Der Konflikt um die Supermarktübernahme eskaliert: Sigmar Gabriel geht
> vor den Bundesgerichtshof, um die Fusion durchzudrücken.
Bild: Auch du, Genosse, kaufst bei Tengelmann!
Berlin taz | Immerhin sind angeblich 16.000 Jobs in Gefahr, 8.000 sogar
„ganz akut“. So sieht es jedenfalls Sigmar Gabriel. Das ist der SPD-Chef
mit Kanzlerallüren, dem vor allem die linken Teile seiner Partei zuletzt zu
viel Nähe zur Wirtschaft nachgesagt haben. Fast logisch, dass Gabriel nun
nicht anders kann, als den Streit um die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann
durch Edeka weiter eskalieren zu lassen. Gabriel zieht im Übernahmepoker
die vorerst letzte juristische Karte und geht vor den Bundesgerichtshof.
Sein Ministerium legte am Montag eine Nichtzulassungsbeschwerde und eine
zulassungsfreie Rechtsbeschwerde beim höchsten deutschen Zivilgericht ein.
Damit geht er mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen die
Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zur Aussetzung seiner
Erlaubnis für die Fusion von Edeka und Kaiser’s Tengelmann vor. „Für den
Erhalt der 16.000 Arbeitsplätze und für die Arbeitnehmerrechte der
Betroffenen zu kämpfen lohnt sich – auch vor Gericht“, ließ Gabriel
aufgekratzt mitteilen.
Im März hatte er Deutschlands größtem Lebensmittelhändler die Übernahme von
450 Filialen von Kaiser’s Tengelmann unter Auflagen per Ministererlaubnis
genehmigt. Und sich dabei über ein Verbot des Bundeskartellamts
hinweggesetzt. Das hatte bereits im April 2015 die Übernahme wegen
möglicher Gefahren für den Wettbewerb untersagt: Die Behörde fürchtete
Preiserhöhungen, wenn ein weiterer Wettbewerber wegfällt. Das OLG
Düsseldorf griff Mitte Juli in das Hü und Hott ein – indem es Gabriels
Ausnahmegenehmigung für rechtswidrig erklärte und keine Rechtsbeschwerde
zuließ – die Unionsfraktion nannte das einen „Super-GAU“.
Dagegen wehrt sich nun Gabriel – und eröffnet so mitten in der Sommerpause
den Kampf zwischen Justiz und sozialer Marktwirtschaft. Es sei eine
„komische Vorstellung“, dass ein Wirtschaftsminister sich nur am Wettbewerb
zu orientieren habe und nicht an sozialer Sicherheit, sagte er am Sonntag
in der ARD. Zudem gebe es auch nach dem Zusammenschluss genug Wettbewerb.
Er sei halt in allem, was er tue, „immer Sozialdemokrat“.
Gabriel stritt Verfahrensfehler und auch Gemauschel – das OLG hatte ihn für
„befangen“ erklärt – entschieden ab, machte aber keinen Hehl aus seiner
Parteilichkeit für die gefährdeten Jobs. „Das sind Verkäuferinnen, das sind
Packer, das sind Lagerarbeiter, Gabelstaplerfahrer, Leute, die nicht viel
Geld verdienen und die es ohnehin nicht einfach haben.“ Kommt Gabriel mit
seinen Beschwerden durch, prüft der BGH den Beschluss, den die Düsseldorfer
im Eilverfahren gefasst haben. Und beschließt, ob das so zulässig war, oder
verweist den Fall zurück.
Gabriels Chancen stünden schlecht, sagte Brunhilde Ackermann, die
Präsidentin der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof zur dpa. Für die
Nichtzulassungsbeschwerde lägen die Aussichten „über den Daumen gepeilt“
bei 10 Prozent. Ein Sieg ist ihm aber letztlich vielleicht gar nicht so
wichtig. Falls sich der Herzblut-Sozi nicht durchsetzen kann, hat er
immerhin gegen die brutalen Marktlogiker eines Gerichts verloren.
8 Aug 2016
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Kai Schöneberg
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