# taz.de -- Erneuerbare Energien in der Ukraine: Sonnige Grüße aus Tschernobyl | |
> Die Regierung in Kiew will endlich unabhäng von russischem Gas werden. | |
> Ein Solarpark in der Zone um Tschernobyl soll helfen. | |
Bild: Lieber Sonnenstrahlen, als ionisierte: Tschernobyl wird natürlich | |
KIEW taz | Mehr Sonne: Die Regierung der Ukraine hat ehrgeizige Pläne zur | |
Förderung erneuerbarer Energien. Kürzlich stellte sie ein neues Projekt | |
vor: Eine 6.000 Hektar große Solarfarm in der 30-Kilometer-Zone um die | |
Reaktoren von Tschernobyl. | |
Dieser weltweit größte Solarpark soll einmal 1.000 Megawatt Strom | |
produzieren, so viel wie einst der 1986 havarierte Reaktor in Tschernobyl. | |
Daneben sollen auch noch 400 Megawatt Biogas anfallen. Dabei könne man auf | |
eine Infrastruktur von bestehenden Stromverteilungsnetzen und hoch | |
qualifizierten Mitarbeitern der Kraftwerkindustrie zurückgreifen. Da das | |
Gebiet um den Reaktor weitgehend unbewohnt ist und landwirtschaftlich nicht | |
genutzt wird, steht ausreichend Boden zur Verfügung. | |
Schon jetzt, so der ukrainische Umweltminister Ostap Semerak, | |
interessierten sich Investoren aus den USA und Kanada für das Projekt, das | |
nach Angaben des Internetportals bloomberg.com mehr als eine Milliarde | |
US-Dollar kosten wird. Auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und | |
Entwicklung (EBRD) hat inzwischen Unterstützung signalisiert. „Ich bin mir | |
sicher, dass sich die EBRD dieses Projekts annehmen wird“ schätzt Fidanka | |
Bacheva Mcgrath, EBRD-Campaignerin der bankenkritischen | |
Nichtregierungsorganisation Bankwatch. | |
„Ich denke, es ist keine schlechte Idee, die Zone um Tschernobyl für die | |
Produktion von erneuerbaren Energien zu nutzen“, kommentierte der Ingenieur | |
Alexej, der viele Jahre in Tschernobyl gearbeitet hat. „Denn nun wird das | |
Augenmerk der Weltöffentlichkeit noch mehr auf unsere Zone gerichtet sein. | |
Und dadurch lassen sich vielleicht auch andere Probleme, wie die ungeklärte | |
Frage des Atommülls im Reaktor 4 und die häufigen Waldbrände, besser | |
angehen.“ Man müsse sich jedoch auch fragen, ob man mehr Personal in die | |
Zone holen und der dortigen hohen Strahlung aussetzen dürfe. | |
Weg frei für Tschernobyl | |
Vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts mit Russland und der | |
Abhängigkeit von russischem Gas erscheint es der Ukraine zunehmend | |
attraktiv, die erneuerbaren Energien auszubauen. 2015 beschloss die | |
Regierung ein Programm, das Investitionen in Höhe von 15 Milliarden Euro | |
in den Ausbau der Erneuerbaren bis 2020 vorsieht. Dabei ist das Land auch | |
an einer Zusammenarbeit mit deutschen Firmen interessiert, die auf diesem | |
Markt tätig sind. | |
Ende April hatte eine Delegation von Vertretern deutscher Produzenten | |
erneuerbarer Energien auf Einladung der deutsch-ukrainischen Industrie- | |
und Handelskammer die Ukraine besucht. Bei einem weiteren Besuch von | |
Branchenvertretern im Mai hatte Umweltminister Ostap Semerak dann erstmals | |
von Überlegungen gesprochen, die in der Zone um Tschernobyl vorhandene | |
Infrastruktur zu nutzen, um einen Solarpark aufzubauen. | |
Daraufhin hatte das ukrainische Parlament in Kiew, die Rada, mit einem | |
neuen Gesetz das eigentlich strenge Verbot der industriellen Nutzung der | |
verseuchten Zone um Tschernobyl aufgehoben und damit den Weg für das | |
geplante Zentrum für erneuerbare Energien in Tschernobyl frei gemacht. | |
4 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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