# taz.de -- TTIP-Tagebuch aus Brüssel: Konfetti für ein totes Pferd | |
> Sigmar Gabriel spekuliert auf ein Scheitern der Verhandlungen. | |
> Verbraucherschützer hoffen auf einen guten Ausgang, Kritiker | |
> protestieren. | |
Bild: Huch! Was ist denn das? Protest gegen Freihandelsabkommen in Brüssel | |
BRÜSSEL taz/correctiv | Der Tag fängt mit einem Donnerwetter an. „TTIP ist | |
ein totes Pferd“, steht auf der Titelseite der FAZ. Die Zeitung zitiert | |
einen SPD-Abgeordneten. Und Sigmar Gabriel schiebt nach: „Wenn sie nicht | |
vorankommen, muss man es irgendwann auch mal sagen. Die endgültige | |
Bewertung warten wir mal diese Woche ab.“ | |
Ob das die Verhandler lesen? Die müssten nämlich jetzt richtig reinhauen, | |
wenn der Bundeswirtschaftsminister am Freitag entscheiden will, ob hier in | |
Brüssel genug Fortschritte gemacht werden. Gabriels Vorstoß ist gut | |
kalkuliert, denn er weiß jetzt schon, dass es keinen echten Durchbruch | |
geben wird. | |
Die Verhandlungsbeamten können hier zwar die Vorarbeiten leisten, aber die | |
großen Streitfragen müssen auf politischer Ebene geklärt werden. Nur: die | |
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und ihr amerikanischer Kollege | |
Michael Froman sind gar nicht da. Die treffen sich üblicherweise zwischen | |
den Verhandlungsrunden. | |
Lesen konnten die Verhandler auf dem Weg ins Büro zumindest etwas anderes: | |
Aktivisten der Gruppe TTIPGameOver, die schon am Dienstag zur Pfannendemo | |
aufgerufen hatten, haben am Donnerstag einige elektronische Werbetafeln in | |
Brüssel gehackt. Auf ihnen erschien statt Werbung der Spruch: TTIP Game | |
over. Keine Verhandlungen mehr, kein Freihandelsabkommen. | |
## Weniger polarisiert | |
Das sieht Monique Goyens, Chefin des europäischen Verbraucherverbandes | |
BEUC, etwas anders. Anders als in Deutschland, wo die Debatte über TTIP | |
stark polarisiert sind, gibt es in Brüssel auch die konstruktiven Kritiker: | |
Nicht alles an TTIP ist schlecht, aber gut ist es noch lange nicht. | |
„TTIP braucht eine Pause“, sagt sie in ihrem Büro nicht weit von den | |
Verhandlern entfernt. „Die Regierungschefs wissen nicht, was sie eigentlich | |
wollen. Zur Zeit haben die Verhandlungen keine klare Linie.“ | |
Goyens ist gegen die bisherigen TTIP-Pläne, gibt aber ihre Hoffnung nicht | |
auf, dass ein verbraucherfreundliches Abkommen möglich ist. „Wir müssen die | |
Schiedsgerichte und die Schaffung von Gremien verhindern, in denen künftig | |
gemeinsam mit den USA Gesetze geplant werden sollen. Die nützen nur der | |
Industrie,“ ist sie überzeugt. Die Idee, die Märkte mehr zu öffnen und | |
Zölle zu senken, findet sie aus Verbrauchersicht gut. Sie könnte mit einem | |
TTIP, das sich auf den Kern des Freihandels konzentriert, leben. | |
Wichtiger als Ergebnisse scheint in dieser Woche die Suche nach der | |
richtigen Metapher zu sein, wie es um TTIP steht. Muss das Abkommen jetzt | |
in die Eisbox und irgendwann nächstes Jahr wieder aufgetaut werden? Liegt | |
TTIP bald auf der Sandbank und muss auf eine neue Flut hoffen? Stehen die | |
Sterne für TTIP jetzt gut und verpasst man womöglich den richtigen Moment? | |
Die EU-Kommission und EU-Abgeordnete feilen zur Zeit an der richtigen | |
Formulierung. Die SPD hat ihre Metapher ja schon: TTIP sei ein totes Pferd. | |
Und dann gab es eine weitere Aktion der Aktivistengruppe TTIPGameOver. | |
Einem amerikanischen Verhandler war es noch am Nachmittag anzusehen, als er | |
im Cafe gegenüber des Verhandlungsgebäudes auftaucht. Aktivisten hatten die | |
Unterhändler vor dem Verhandlungsgebäude mit Konfetti und Glitzer beworfen, | |
das den Verhandlern dann im Gesicht klebte. Die Gruppe hat angekündigt, | |
dass es noch mehr Guerilla-Aktionen bis zum Ende der Verhandlungsrunde | |
geben werde. | |
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14 Jul 2016 | |
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## AUTOREN | |
Justus von Daniels | |
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