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# taz.de -- Bürokratie in Kuba: Die Schlafende Schönheit
> Seit über zwei Jahren steht in Camagüey ein teurer Marmorsockel. Die
> dazugehörige Statue aber musste eingelagert werden.
Bild: So kann es gehen, wenn der Dienstweg nicht eingehalten wird
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al alemán.
Jetzt nennen sie alle die Schlafende Schönheit. Dabei wissen wir gar nicht,
wie sie schläft, ob horizontal oder vertikal. Aber wir wissen, dass sie an
einem dunklen Ort schläft, vermutlich abgedeckt von einer Plane, um sie vor
dem Staub zu beschützen … und vor dem Licht, weit weg von jenem Sockel, auf
dem sie eigentlich stehen sollte, seit die Stadt Camagüey, 200 Meilen
östlich von Havanna, ihren 500. Geburtstag feierte. Das war im Februar
2014, und seither ist niemand offiziell autorisiert, genau zu erklären, was
da passiert war. Als ob davon etwas sehr wichtiges abhängen würde.
Die da schläft, ist die Statue einer griechischen Muse, in Bronze gegossen
zum Andenken an Gertrudis Gómez de Avellanada, eine der Großen der
lateinamerikanischen Dichtung, die in Camagüey geboren wurde und zufällig
am gleichen Datum in Madrid starb, an dem ihre Heimatstadt ihren Jahrestag
feiert.
Camagüey ist älter als New York, und weil man einen 500. Geburtstag nicht
alle Tage feiert, hatte die Gemeinde beschlossen, neben anderen
Feierlichkeiten 200 Meter vom Geburtshaus von Gertrudis entfernt ein
Denkmal einzuweihen.
## Den Dienstweg nicht eingehalten
Ein Sockel aus Marmor, auf dem sich dann die Statue der Muse aufrichten
sollte, um die Camagüeyer daran zu erinnern, dass ein Teil dieser Erde
absolut universell ist und eine Frau war, eine Feministin und frei.
Aus dem Projekt allerdings wurde nichts. Kurz vor der Einweihung erfuhren
die lokalen Behörden, dass sie den Dienstweg verletzt hatten, weil sie
vergessen hatten, eine nationale Behörde um Erlaubnis zu bitten, die jede
einzelne Statue in Kuba genehmigen muss. Bis heute ist dieser Dienstweg
nicht vollständig beschritten.
Die Schlafende Schönheit wird bewacht. Aber nicht durch eine militärische
Ehrenwache, sondern durch Arbeiter. Und der Marmorsockel, auf dem sie
eigentlich stehen sollte, ebenfalls, irgendwie.
Ersteres bestätigt das Büro des Stadtschreibers, der logischerweise mehr
Interesse hat als irgendjemand anderes, dass die Statue auf den ihr
zugedachten Platz wechselt.
## Voller Mythen und Legenden
Zweiteres ist ein wohbegründeter Verdacht, und zwar deswegen: Als bekannt
wurde, dass irgendjemand aus der Gegend beschlossen hatte, „künstlerisch“
auf die Absurdität einer Statue auf der einen und ihres Sockels auf der
anderen Seite hinzuweisen, indem er einen Pantoffel auf den Sockel stellte,
verschwand dieser Pantoffel genauso regelmäßig wieder.
Um das auszuprobieren, legte ich eines Abends einen Stein auf den Sockel –
am nächsten Morgen war er verschwunden. Plötzlich hörten die Leute auch
auf, da hinzupinkeln. Alles was sich nicht bewegt, ist in Kuba ein
potentielles Urinal, es gibt keine öffentlichen Toiletten.
Es heißt, der Sockel habe rund 12.000 Dollar gekostet, weil er aus sehr
feinem Material gemacht ist, aus dem besten Marmor aus dem Osten Kubas.
Wen all das überrascht, dem sei noch erzählt, dass im gleichen Jahr auch
die silberne Haube des Santo Sepulcro geklaut wurde, ein historisches Stück
voller Mythen und Legenden. Das haben nur sehr wenige mitbekommen: der
Presse wurde verboten, darüber zu berichten, die Kirche bestellte eine
Kopie in Mexiko, die ziemlich gut gemacht war – Ende der Geschichte.
Wenn sie die Diebe irgendwann einmal finden sollten, wird die Presse mit
Sicherheit über den großen Erfolg der polizeilichen Ermittlungen berichten,
und erst auf der zweiten Seite wird man erfahren, dass vor vielen Jahren
eine Reliquie der camagüeyanischen Kultur gestohlen worden war.
Und genauso wird es mit der Schlafenden Schönheit passieren. Eines Tages
werden sie sie auf ihren Sockel stellen, als wäre nichts geschehen, als
wäre es überhaupt nicht peinlich, dass die Bürokratie sich in solch
unschuldige Fragen einmischt wie das Aufstellen einer Statue zu Ehren einer
Dichterin des 19. Jahrhunderts.
***
Versión original:
La Bella Durmiente: Secreto de Estado
Ahora le dicen la Bella Durmiente. No sabemos siquiera cómo duerme, si en
posición horizontal o vertical, pero sabemos que duerme en un sitio oscuro,
presumiblemente cubierta por un paño que la protege del polvo… y de la luz,
bien alejada del pedestal donde debería estar despierta desde que la ciudad
de Camagüey (200 millas al este de La Habana) cumplió sus 500 años.
Eso fue en febrero de 2014, y desde entonces nadie tiene autorización
oficial para explicar exactamente qué pasó. Como si de ello dependiera el
fin de algo muy sagrado.
La que duerme es la estatua de una musa griega, fundida en bronce en
homenaje a Gertrudis Gómez de Avellaneda, una grande de la poesía
hispanoamericana, que nació en Camagüey y murió en Madrid casualmente en la
misma fecha en que se celebra el aniversario de su ciudad natal.
Camagüey tiene más años que Nueva York, y como 500 años no se cumplen todos
los días, las autoridades del territorio decidieron celebrar un programa de
festejos que incluía la inauguración de un monumento a 200 metros de la
casa de Gertrudis. Un montículo de mármol sobre el cual se erigiría la
estatua de la musa para recordar a los camagüeyanos que una parte de esta
tierra es absolutamente universal, y fue mujer, romántica, feminista y
libre.
Una fuente—…cercana a las fuentes que podrían argumentar mejor los hechos�…
me confiesa que se trata de algo inaudito: “Al final esa otra estatua de
ahí arriba (y señala al “Fisgón“, de la escultora Martha Jiménez) tampo…
tuvo la autorización requerida e igual la pusieron, y no ha pasado nada, y
allí la ves…“.
A la Bella Durmiente le hacen guardia. Pero no una guardia militar, sino
guardia obrera. Y al pedestal de mármol donde debía estar, de alguna forma
también. Lo primero es un hecho confirmado por uno de los trabajadores de
la Oficina del Historiador de la Ciudad, quien lógicamente tiene más deseos
que nadie de que acaben de poner la estatua en el lugar que le corresponde
porque “yo no soy custodio ni un carajo…“
Y lo segundo es sospecha bien fundada. Verá por qué:
Luego de saberse que algún gracioso del área había decidido denunciar
“artísticamente“ el absurdo de una estatua por un lado y su pedestal por
otro, mediante la sugerente ubicación, noche tras noche, de una chancleta
vieja sobre el pedestal, la chancleta repentinamente dejó de aparecer.
Para comprobarlo una noche pasé por el sitio y dejé encima algo
inutilizable e irreciclable, un pedazo de ladrillo, y a la mañana siguiente
ya no estaba allí.
De repente también la gente dejó de orinarse en el lugar…Porque todo lo que
no se mueve en Cuba es, en potencia, un baño público a falta de baños
públicos.
Dicen que el pedestal costó cerca de 12 mil dólares, porque es material
fino, proveniente de la más famosa cantera de mármol en el oriente cubano.
Pero si este caso es de sorpresa, déjeme contarle que además, en ese mismo
año se robaron en Camagüey la cubierta de plata del Santo Sepulcro, una
pieza religiosa histórica repleta de mística y leyendas, y muy pocos se
enteraron: a la prensa se le prohibió hablar del asunto. La iglesia mandó
hacer en México una réplica bastante parecida, y fin del caso.
Si alguna vez logran capturar a los ladrones, diligentemente la prensa
anunciará el éxito de la investigación policial, y solo en segundo plano,
informará que años atrás habían robado una reliquia de la cultura
camagüeyana.
Y lo mismo sucederá con la Bella Durmiente: un día la develarán sobre su
pedestal como si no hubiese pasado nada, como si no hubiese bochorno alguno
en que la burocracia afecte aun cuestiones tan inocentes como la
instalación de una estatua en honor a una poetisa del siglo XIX.
19 Jul 2016
## AUTOREN
Alejandro Rodriguez Rodriguez
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Kuba
Bürokratie
Kunst im öffentlichen Raum
Schwerpunkt Fidel Castro
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