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# taz.de -- Politische Kultur in Kuba: Markt- und anderes Geschrei
> Wo immer sich Dissidenten zeigen, werden Leute zusammengerufen, um sich
> zu empören. Vor allem wir Studenten müssen hin.
Bild: Organisierte Empörung: Pro-Regierungsdemonstrant gegen die „Damen in W…
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al alemán.
„Schreit was ihr könnt, gerade heute nerven sie besonders!“ Die Unbekannte
tritt aus der Menge heraus. Sie ist klein, hat einen wütenden Blick, und
empfängt uns, die wir gerade erst angekommen sind. Sie verfügt
offensichtlich über Autorität, vielleicht, weil sie ein politisches Amt
bekleidet.
„Löst die ab, die schon da sind,“ sagt sie und deutet auf das Fenster des
Hauses, vor dem die Aktion stattfindet. „Die, die schon da sind“ schreien
schon eine ganze Weile. Es scheint nur fair, dass sie jetzt die Stimme
schonen dürfen. Wir sind aufgerufen zu helfen. Wir müssen mitmachen.
Ich bin mit einer kleinen Gruppe inkognito gekommen, so gut das ging.
„Heute gibt es Damas de Blanco“ war an der Fakultät für
Kommunikationswissenschaften und an anderen der Universität in Havanna
weitergesagt worden. Die Mitteilung bedeutete einen Aufruf zum
Gegenprotest, zum repudio, zur empörten Zurückweisung.
Seit Jahrzehnten ist diese Praxis kultiviert worden. Zum Glück, sagen
einige. Ich hatte noch nie so einen acto de repudio, einen Gegenprotest
gesehen, und vor allem deshalb ging ich hin: aus Neugier.
Sie rufen immer uns, weil wir junge Studenten sind, deren Pflicht es ist,
ihre feste Überzeugung von der Notwendigkeit unter Beweis zu stellen, dass
es verhindert werden müsse, den Söldnern die Straße zu überlassen. In
diesem Fall hieß das, sich vor jenes Fenster zu stellen und zu schreien.
Mein Körper, eine Frucht der Revolution, muss als Barriere funktionieren,
die es den Dissidenten unmöglich macht, ihren Zufluchtsort zu verlassen, wo
sie sich an diesem Nachmittag versammelt haben und von wo aus sie
ausdruckslos durch die Gardinen nach draußen schauen.
Was denken sie? Wir können uns sehen, aber in Wahrheit sind wir tausende
Kilometer und Millionen Jahre voneinander entfernt.
„Erdbeer- und Pfefferminzbonbons!“ schreit der alte Dünne, der durch die
Menschenmenge läuft und sich nicht darum schert, wer sich dort inner- und
außerhalb des Hauses versammelt hat. Es ist ihm egal, er verkauft Bonbons.
## „Diese Straße gehört Fidel!“
Die Damas de Blanco sind eine aus Miami bezahlte Gruppe, die begeisterte
Freundschaften zu so schillernden Personen pflegt wie Luis Posada Carriles,
der einst Bomben legte, und die, so sagen sie in der Universität, 125.000
Dollar dafür bekommen, wenn sie drei Tage demonstrieren.
„Diese Straße gehört Fidel!“ schreien die Jungen, die draußen am nächst…
am Fenster jener Wohnung stehen, wo sie sich heute versammelt haben.
Man weiß, dass sie Heldinnenallüren haben, obwohl es für Heldentum auf
Gehaltsbasis keine Vorbilder gibt.
Touristen und schaulustige Nachbarn halte einige Distanz zu den
Universitätsstudenten. Sie sind die Zeugen, immer und überall, würde der
Protagonist eines bekannten Films sagen, Beobachter, Zuschauer der Show,
Petzen.
## „Mit unseren Panzern plattmachen“
Die Straße wimmelt von Leuten, mehr oder weniger Beteiligten, mehr oder
weniger aktiven, mit tragenden Rollen oder als Lückenfüller, Statisten, und
Bonbons, viele, Erdbeere und Pfefferminz, an den Bushaltestellen und an
jeder Ecke, die für längere Zeit Andrang verspricht. Und es gibt
Süßigkeiten, Gebratenes… Hunger und Langeweile.
Eine kubanische Fahne überspannt die Calle Neptuno auf ganzer Breite. Die
Insignien des Vaterlandes spenden Schatten, einen großen Schatten. Man
nimmt es dankbar hin: Es ist mittags und die Sonne ist unerträglich.
Außerdem: Es geht doch bei all dem um die Fahne und ihren Stern: Einen
einzigen, so wie es die Kubaner wollen, die Kuba sehr mögen.
Sie, die jungen Leute, dürfen nicht der Sünde der Arglosigkeit verfallen –
ein Etikett, was jedem aufgeklebt wird, der sich der Paranoia nicht
anschließen und dementsprechend handeln will. Einige Presseorgane sagen,
man müsse dem Sirenengesang widerstehen.
Wenn zum Beispiel diese augenscheinlich gewaltfreien Frauen anfangen
würden, die Straßen zu erobern, dann könnte die Situation außer Kontrolle
geraten, andere Oppositionelle würden dann auch anfangen zu demonstrieren,
und es könnte dazu kommen, dass wir „nur die Ordnung wiederherstellen
können, indem wir sie mit unseren Panzern plattmachen,“ sagt jemand mit dem
fatalen Hauch der Weisheit, der in einem anderen Schatten steht, nicht in
dem der Fahne. Ich beeile mich, das Bild zu verscheuchen, als wäre es eine
Fliege.
## Ich will nicht schreien
Es wäre eine sehr teure Wiederherstellung, zu teuer, viel teurer als die
Unordnung und die Süßigkeiten, die diese Frau da verkauft: 6 Pesos, wo der
Preis normalerweise die Hälfte ist. Kleiner aber teurer. Wer soll das
verstehen?
Die Zeit vergeht. Ich halte Abstand, ich will nicht schreien, ich will
nicht in die erste Reihe, nicht ins Fenster hineinschauen und alte Parolen
rufen. Ich kenne diese Frauen nicht, ich werde meinen Körper nicht als Wall
benutzen, ich bin kein Hüter einer Ordnung, die gewiss vor allem durch die
Sperrung der Straße, die riesige Fahne und den unerträglichen Lärm des
Geschreis gestört worden ist. Ich bin nicht in diesem Haus. Aber ich bin
auch nicht draußen. Ich bin – bei mir.
Stunden vergehen. Sie kommen nicht raus, heute nicht. Die Mission der
Schreienden ist erfüllt, und mit dem Sonnenuntergang gehen auch die
letzten. Wie sie, gehen auch die Verkäufer nach Hause, auch heiser und müde
von all der Arbeit.
Versión original:
## Pregoneros
– Griten bastante que hoy están majaderísimas.
Apartándose de la multitud, esta desconocida, corta de extremidades,
furiosa de mirada, nos recibe a los recién llegados. Evidentemente es
alguien con autoridad, acaso la que le otorga algún cargo político.
- Releven a los que están ahí- dice señalando a la ventana de la casa que
concentra la acción.
“Los que están ahí“ gritan hace rato. Parece que sería justo que ya repo…
la voz. Estamos llamados a apoyar y ser considerados. Debemos colaborar.
Yo había llegado entre un pequeño grupo de gente a lo incógnito, a toda la
posibilidad que me aguardaba. “Hoy hay Damas de Blanco“ había trascendido
en la facultad de Comunicación como en otras de la Universidad de La
Habana. La notificación implicaba una convocatoria a repudiar, algo que se
ha cultivado sistemáticamente en las últimas décadas, cada vez menos. Por
suerte, dicen algunos. Yo nunca había visto un acto de repudio. Sobre todo
fui por eso: por curiosidad.
Nos convocan por aquello de ser Jóvenes Universitarios, cuyo Deber es
demostrar su Ferviente Convicción de la necesidad de impedir que las
Mercenarias tomen las calles. En esta ocasión, expresada en el acto de ir a
aquella ventana a gritar.
Mi cuerpo, administrado como fruto de la Revolución (el Ministerio de
Conquistas, no la otra –la de verdad–), debe funcionar como barrera que
impida que las disidentes salgan de su refugio, donde se han concentrado
esta tarde y desde donde miran en gesto inexpresivo hacia afuera a través
de la reja de la ventana.
¿Qué piensan? ¿Qué opinión les merecemos? ¿Les merecemos alguna? Podemos
vernos, pero la verdad es que estamos a miles de kilómetros, a millones de
años.
¡Caramelo de fresa y menta!- grita el viejo flaco que camina entre la
pequeña multitud, ignorante de quiénes son los que se agolpan fuera de esa
casa, y de quienes están dentro.
Le da igual: él vende caramelo.
Las Damas de Blanco, grupo pagado desde Miami, entusiastas amigas de
personajes coloridos como Luis Posada Carriles, que puso la bomba y qué,
han recibido una oferta de 125 mil dólares a cambio de tres jornadas de
protesta, dijeron en la Universidad. Pero “esta calle es de Fidel“,
insisten los muchachos más próximos a la ventana de la vivienda donde se
encuentran reunidas.
Se sabe que tienen ínfulas de heroínas, por más que nadie haya tenido jamás
noticia de heroicidad a sueldo.
Turistas y vecinos curiosos se aglomeran guardando cierta distancia de los
Jóvenes Universitarios. Ellos son Los testigos; siempre en todas partes,
diría el protagonista de una película famosa, espectadores, mirones del
show, sapos.
El lugar es un hervidero de gente, más o menos involucrada en la acción,
más o menos actora, con papeles protagónicos, de relleno, figurantes; y
caramelos, muchos, de fresa y menta, de los alargados hechos en casa,
populares en paradas de autobús y cualquier esquina que prometa
concurrencia de público por un tiempo prolongado. Y hay dulces, y frituras…
hambre y aburrimiento.
Una bandera cubana cubre la calle Neptuno a lo ancho, de una azotea a otra.
Insignia de la Patria dando sombra, una sombra grande como ella. Se
agradece: es mediodía y el sol es implacable; además, de la bandera se
trata todo esto, y de su estrella: u-na-so-la, como la quieren los cubanos
que quieren bien a Cuba.
Ellos, los Jóvenes, no deben pecar de Ingenuos, etiqueta que se estampa en
la frente de cualquiera que ose no estar sumido en la paranoia y actuar en
consecuencia. Dice cierta prensa que no deben prestar oídos a cantos de
sirenas (sic.), no. Por ejemplo, si estas mujeres aparentemente inofensivas
llegaran a tomar las calles comenzaría a perderse el control de la
situación, otros opositores comenzarían a salir también, y llegaría el
momento en que “solo aplastándolos con nuestros tanques podremos
restablecer el orden“, advierte con fatales aires de sabiduría alguien
parado en otra sombra, no la de la bandera, un poco más allá. Me apresuro a
espantar la imagen como si fuera una mosca.
Sería un restablecimiento caro, demasiado caro; mucho más que el desorden y
que los dulces que vende esa señora: 6 pesos cuando normalmente el precio
es la mitad. Más chiquitos pero más caros. Quién entiende.
Pasa el tiempo. Mantengo la distancia: yo no quiero gritar, no quiero ir a
la primera línea, junto a la ventana, entrando en aquella casa con los ojos
y el grito de viejas consignas. No conozco a esas mujeres, no voy a usar mi
cuerpo como barrera, no soy una agente del orden, que por cierto, no ha
sido quebrantado más que por el corte en la calle, esa enorme bandera y la
bulla insoportable de los gritos. No estoy dentro de esa casa, pero tampoco
estoy fuera. Estoy… en mí.
Pasan horas. No saldrán, no hoy. La misión de los gritantes ha sido
cumplida, y con el sol se retiran los últimos. Como ellos, vuelven los
vendedores a sus casas, también sin voz, cansados de tanta faena.
22 Jul 2016
## AUTOREN
Mónica Rivero Cabrera
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