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# taz.de -- Der Papst besucht Kuba: Keine Audienz für Kritiker
> Papst Benedikt XVI. reist nach Kuba – zur „Wiedergewinnung von Räumen in
> der Gesellschaft“. Für ein Treffen mit Dissidenten gibt es keinen
> Spielraum.
Bild: Vorbereitung auf den Papst-Besuch in Santiago de Cuba.
BERLIN taz | Der Besuch der Papstmesse am kommenden Mittwoch in Havanna ist
für Berta Soler von den Damas de Blanco Pflicht. Sie wird genauso wie
hunderttausend andere Kubaner hingehen. Auch in Santiago de Cuba werden
Mitglieder ihrer Organisation, die sich für die Menschenrechte auf der
Insel und für die Freilassung aller politischen Gefangenen einsetzt,
zugegen sein. Die Damas de Blanco, 2003 nach der Festnahme von 75
Oppositionellen und deren Verurteilung zu langjährigen Haftstrafen
gegründet, haben wiederholt an die katholische Kirche appelliert, ihnen ein
Gespräch mit Benedikt XVI. zu gewähren. Das sei eine wichtige Geste, denn
schließlich habe Johannes Paul II. bei seiner Visite auf der Insel vor 14
Jahren für Menschenrechte geworben.
„Kuba wird sich der Welt öffnen und die Welt wird sich Kuba öffnen“, hatte
der polnische Papst prognostiziert. Folgerichtig suchten die Damas de
Blanco Schutz bei der Kirche. „Die Kirche ist die einzige Institution in
Kuba mit großem Prestige und hat immer reagiert“, erklärt Miriam Leyva, die
jahrelang zu den Damas de Blanco gehörte.
Jeden Sonntag treffen sich in Weiß gekleidete Frauen in der Kirche Santa
Rita in Havannas Stadtteil Miramar. Padre José Félix Pérez hat mehrfach die
Hand über die Frauen gehalten und dagegen protestiert, dass die Ausweise
der Damen in Weiß im Umfeld der Kirche von der Polizei kontrolliert wurden.
Kardinal Jaime Ortega y Alamino hat die Regierung aufgefordert,
Beschimpfungen der Frauenorganisation durch regierungstreue Trupps zu
unterbinden.
Erfolgreich, denn Kubas katholische Kirche ist seit Jahren die wichtigste
Vermittlungsinstanz zwischen Regierung und Opposition. Jahrelang agierte
die Kirche meist im Verborgenen, aber seit dem Besuch von Johannes Paul II.
1998 ist das Verhältnis von Kirche und Staat immer besser geworden. Nicht
zuletzt, weil sich der Jesuitenschüler Fidel Castro gut mit dem polnischen
Papst verstand. Gleiches gilt für seinen Bruder. Im November 2010 war er
bei der Einweihung des ersten Priesterkollegs, das nach der Revolution auf
der Insel gebaut wurde, anwesend.
## Langjährige Eiszeit zwischen Kirche und Revolution
Keine Selbstverständlichkeit, denn schließlich waren gleich drei
katholische Priester bei der Invasion in der Schweinebucht zugegen gewesen
und auch von der Kanzel war in den ersten Jahren nach der Revolution
gewettert worden. Ausweisungen von Priestern, die Verstaatlichung der
katholischen Bildungseinrichtungen und eine langjährige Eiszeit zwischen
Kirche und Revolution waren die Folge.
Diese hielt bis zum Parteitag 1991 an, wo die konstitutionelle
Neudefinition vom atheistischen zum laizistischen Staat erfolgte. Die
Religion war fortan kein Hindernis mehr für eine Parteikarriere.
Die Einreise von Priestern und Ordensfrauen ist heute einfacher als vor
zwanzig Jahren und das Gros der katholischen Kirchen wurde renoviert.
Internationales Aufsehen erregten die katholischen Bischöfe aber erst, als
sie bei der Freilassung der politischen Gefangenen gemeinsam mit Spanien
vermittelten. „Dazu wäre keine andere Institution in der Lage gewesen, weil
niemand sonst die moralische Integrität besitzt“, urteilt Miriam Leyva. Die
Bischöfe kamen damit dem Anspruch von Johannes Paul II. nach, sich stärker
für die Rechte der Menschen einzusetzen, argumentierte Bischof Dionisio
Guillermo García Ibáñez aus Santiago de Cuba.
Das wird allerdings nicht einmütig gesehen. Denn in Kubas
Dissidentenkreisen wird moniert, dass ein Treffen von Benedikt XVI. mit
Dissidenten nicht auf dem Programm steht. Dagegen protestierten Mitte März
dreizehn Dissidenten mit einer friedlichen Besetzung der Kirche der
Barmherzigen Jungfrau von Cobre in Havanna. Zu Ehren der Schutzheiligen der
Insel, dem 400. Geburtstag der Barmherzigen Jungfrau, reist Benedikt XVI.
an. Ziel der Reise ist die „Wiedergewinnung von Räumen in der
Gesellschaft“, so kündigte es ein Sprecher der Bischofskonferenz an. Für
den Kontakt mit der Opposition ist da kein Platz.
25 Mar 2012
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Kubataz
Recherchefonds Ausland
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