# taz.de -- Urteil Schuldenschnitt in Griechenland: Die Umschuldung war legal | |
> Die konservative Regierung durfte 2012 alte Anleihen gegen neue tauschen, | |
> die nur den halben Wert hatten. So wurde der Staatsbankrott abgewendet. | |
Bild: Schuldenschnitt – und der Traum vom schönen Geld war aus | |
Freiburg taz | Der große griechische Schuldenschnitt von 2012 verstieß | |
nicht gegen europäisches Recht. Dies entschied jetzt der Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. | |
Im Jahr 2012 führte Griechenland einen Schuldenschnitt durch. Alte | |
Staatsanleihen wurden gegen neue getauscht. Die Anleger verloren dabei 53 | |
Prozent des Nominalwerts. Der griechische Staat reduzierte seine | |
Schuldenlast um rund 107 Milliarden Euro. | |
Formal erfolgte der Umtausch freiwillig. Durch ein Gesetz von Februar 2012 | |
wurde den Anleihen eine „Collective Action Clause“ beigefügt. Danach war | |
die Umschuldung für alle Anleger verbindlich, wenn die Eigner von zwei | |
Dritteln des Kapitals dem Schuldenschnitt zustimmten. In Griechenland gab | |
es sogar eine Zustimmung von rund 91 Prozent. | |
Viele Privatanleger klagten jedoch gegen diese „faktische Enteignung“. Als | |
sie vor griechischen Gerichten keinen Erfolg hatten, gingen 6.320 Anleger | |
zum EGMR nach Straßburg. Sie hatten Anleihen im Wert zwischen 10.000 Euro | |
und 1,5 Millionen Euro gezeichnet. | |
## Staatsbankrott abgewendet | |
Die Straßburger Richter lehnten die Beschwerde nun aber einstimmig ab. Der | |
Schuldenschnitt habe nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention | |
verstoßen. Zunächst stellten die Richter fest, dass die Umschuldung ein | |
legitimes Ziel verfolgte. Seit 2010 konnte Griechenland seine Schulden | |
nicht mehr bezahlen und wurde von auswärtigen Geldgebern wie dem IWF und | |
den EU-Staaten abhängig. Durch die Reduzierung der Schuldenlast konnte der | |
Staatsbankrott abgewendet werden. | |
Die Straßburger Richter hielten die Maßnahme auch für verhältnismäßig. Zw… | |
klinge ein Wertverlust von über fünfzig Prozent gewaltig. Allerdings lag | |
der Marktwert der Anleihen 2012 schon deutlich niedriger als deren | |
Nominalwert. Es bestand sogar die Gefahr, dass der Staat das Geld am Ende | |
der Laufzeit gar nicht würde zurückzahlen können. | |
Die Anleger wurden nun daran erinnert, dass Investitionen in Anleihen nie | |
risikofrei sind. Vor allem bei griechischen Anleihen bestand das reale | |
Risiko des Staatsbankrotts. Für die Anleger sei dies auch nicht | |
überraschend gekommen, denn auch vor Ausbruch der Krise 2009 hatte | |
Griechenland hohe Schulden. | |
Für zulässig halten die Straßburger Richter auch die Collective Action | |
Clause, die heute in fast allen Staatsanleihen enthalten ist. Eine | |
Mehrheitsentscheidung sei notwendig, weil sonst jene, die sich dem | |
Schuldenschnitt entziehen, profitieren könnten und deshalb eine Umschuldung | |
gar nicht gelingen würde. Gegen das Urteil ist Berufung zur Großen Kammer | |
des EGMR möglich. | |
21 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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