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# taz.de -- Dyke*March in Berlin: Lesben? Immer überall!
> Am Freitag demonstrieren Lesben und UnterstützerInnen für Sichtbarkeit
> und Lebensfreude. Zum zweiten Mal rollen „Dykes on Bikes“ auf Motorrädern
> vorweg.
Bild: Dyke-March in den USA
„Die Lesben kommen“ heißt es am Freitagabend wieder. Mit großem
Regenbogentransparent demonstrieren seit vier Jahren am Vorabend des großen
Berliner Christopher-Street-Day (CSD) Lesben, Transgender und
UnterstützerInnen für „mehr lesbische Sichtbarkeit und Lebensfreude“. Die
jährlich wechselnde Route startet diesmal im schwulen Kiez am
Nollendorfplatz Richtung Kreuzberg und endet wie immer dann am Kottbusser
Tor – beziehungsweise in einer großen Open-Air-Party am Südblock. Zwischen
2.000 und 3.000 TeilnehmerInnen und „40 Motorräder plus x“ werden von der
Anmelderin auf taz-Nachfrage erwartet.
Im vergangenen Jahr war der dritte hiesige Dyke*March zum ersten Mal von
einer Gruppe Motorradfahrerinnen angeführt worden. Die motorisierte
Demospitze, die in den USA eine lange Tradition hat, war in Berlin 2015 ein
Novum. Auch in Köln gab es Anfang Juli zum dortigen CSD schon den zweiten
Dyke March, in Hamburg wird die Lesbendemo in diesem Jahr zum CSD im August
debütieren.
„Dyke“ meint im amerikanischen Englisch die selbstbewusst angeeignete
Eigenbezeichnung von lesbischen Frauen. Ursprünglich wurde der Begriff
abwertend für Frauen verwendet, die vermeintlich (zu) maskulin oder
burschikos auftreten – zumindest in der Wahrnehmung des sexistisch
geprägten Mainstreams. Mittlerweile bezeichnen sich auch queere oder
transidente Weiblichkeiten, die lesbisch begehren, selbst so.
Die Großdemo der Dykes stammt ursprünglich aus den USA, wo 1993 im Rahmen
des ersten „March on Washington for Lesbian, Gay and Bi Equal Rights and
Liberation“, einer nationalen Großdemonstration für Emanzipation und
LGBTI-Rechte, auch der erste Dyke March mit über 20.000 Teilnehmerinnen in
Washington D.C. stattfand.
Initiiert wurde dieser von den „Lesbian Avengers“ (dt.: Lesbische
Rächerinnen) als sichtbares Zeichen dafür, dass Lesben eben doch „überall
sind“ – auch im gemischt geschlechtlichen, oft schwul dominierten
LGBT-Kontext. Teile dieser anarchafeministischen Bewegung organisierten in
den Folgejahren noch weitere gleichnamige Lesbendemos in San Francisco, New
York und Boston, bevor sich die versprengten Ableger der Bewegung
schließlich auflösten.
Die Dyke Marches selbst haben sich erhalten und längst über den US-Kontext
hinaus Verbreitung gefunden. Weltweit finden diese traditionell am Vorabend
des CSDs statt. Wichtig sei, dass diese nie in Konkurrenz zu den anderen
queeren Veranstaltungen der LGBTI-Pride-Saison aufträten, sondern stets
„bloß bewusst einen Extrapunkt setzen, um lesbische Sichtbarkeit zu
betonen“, wie die Berliner Mitinitiatorin und Anmelderin der Demo, Manuela
Kay, betont.
Die lesbische Verlegerin, die das queere Stadtmagazin Siegessäule und das
Lesbenmagazin L.MAG herausgibt, hatte schon den ersten Berliner Dyke*March
2013 mitinitiiert. Zum zehnjährigen Jubiläum von L.MAG wollte dessen
Herausgeberinnen- und Redaktionsteam vom Special Media Verlag damals etwas
Besonderes organisieren, woran man selbst auch Freude und Spaß hätte. Da
ein Teil des Teams die Dyke Marches in New York, San Francisco und Toronto
schon selbst mitgelaufen war, war man sich schnell einig geworden, was dem
queeren Berlin noch fehle, erzählt Kay: „der Aufruf: Lesben auf die
Straße!“.
Nun mag, wer mit hiesigen Kontexten diverser queerer und queerpolitischer
Lager und Subszenen vertraut ist, sich fast wundern, dass es in den vier
Jahren seines Bestehens bislang keinerlei szeneinterne oder -übergreifende
Streitigkeiten, gar Spaltungen oder Boykottaufrufe gegeben hat. Ist dies
angesichts der hiesigen Verhältnisse eigentlich nicht schon kurios zu
nennen?
## Aufgeladene Diskussion
Die Frage erscheint berechtigt, denkt man etwa an den links-alternativen
„trans*genialen CSD“ in Kreuzberg im Jahr 2013 zurück: Ideologisch
aufgeladene und emotionalisierte Diskussionen über Diskriminierung und
Ausschluss ließen diesen scheitern. Auch die zahlreichen Spaltungen und
personellen Neubesetzungen des großen CSD rund um Veruntreuungs- und
Vorwürfe der kommerziellen Entpolitisierung zeigen die szeneinternen
Streitigkeiten.
Man verdiene am Dyke-March nun mal kein Geld, meint Kay nach einem lang
anhaltenden Lachen ob dieser Frage. Die bislang stets friedvollen
Begleitumstände des Dyke*March erklärt sich die langjährige Mitinitiatorin
der Demo vor allem durch „unsere sehr klare Botschaft“, die weder
eindimensional in eine Richtung tendiere, noch unpolitisch bleibe.
Für „lesbische Sichtbarkeit Lebensfreude“ mit zu demonstrieren, sind dem
offiziellen Aufruf nach explizit alle willkommen – Lesben und Transgender
wie auch deren Freundinnen und Freunde „aller Orientierungen“,
Altersgruppen und Herkunft – die sich mit diesem Anliegen solidarisieren.
Von ein paar Frauen habe es zwar auch beim lesbisch-schwulen Stadtfest
vergangenes Wochenende vereinzelte Zwischenrufe mit dem Vorwurf des
„Separatismus“ und der Spaltung des CSD gegeben, erzählt Kay wenig
beeindruckt.
Dass man dieses Jahr mit dem Dyke*March im schwulen Kiez starte und seine
Freude über „schwule Unterstützung“ explizit schon im Aufruf ausdrückt,
„zeigt doch schon, dass wir alles andere als separatistisch sind“, so die
Dyke*March-Anmelderin.
22 Jul 2016
## AUTOREN
Melanie Götz
## TAGS
Lesben
Queer
Protest
Lesestück Interview
Christopher Street Day (CSD)
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Queer
Australien
Comic
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