# taz.de -- Zukunft der Lloyd-Werft ungewiss: Kehrtwende in Bremerhaven | |
> Keine Aufträge, keine Jobs: Von den Versprechungen des neuen | |
> Lloyd-Werft-Eigners ist nichts übrig geblieben. Ob vertuschte Zahlen die | |
> Ursache sind, ist unklar | |
Bild: Guckt beim Bau neuer Schiffe in die Röhre: Lloyd-Werft Bremerhaven | |
Eine verbindliche Beschäftigungsgarantie für die Belegschaft der | |
Lloyd-Werft: Die Linksfraktion fordert, dass der Senat die | |
Werft-Eigentümerin Genting Group in die Verantwortung dafür nimmt, dass | |
diese von den versprochenen Aufträgen an die Bremerhavener Werft nichts | |
mehr wissen will. Anlass zur Sorge besteht zweifellos, möglicherweise ist | |
das Problem aber hausgemacht. | |
Denn die malaysische Genting Group hat eine Betriebsprüfung in der | |
Lloyd-Werft veranlasst. Der Grund dafür ist laut Radio Bremen unter anderem | |
ein defizitärer Auftrag aus der Vergangenheit. Der Bau eines Spezialschiffs | |
für Windkraftanlagen soll der Werft ein dickes Minus beschert haben – von | |
dem Genting bei der Übernahme der Werft „möglicherweise nichts gewusst“ | |
habe. | |
Daniel Müller, Betriebsratsvorsitzender der Lloyd-Werft, weiß von der | |
Prüfung, „aber was dahinter steckt, bewegt sich im Bereich der | |
Gerüchteküche“, sagt er. Ein Ergebnis liege noch nicht vor, „das müssen … | |
erst einmal abwarten.“ Klar könne es sein, dass es einen Zusammenhang gebe | |
zwischen Betriebsprüfung und der Ansage der Genting-Group, sie werde in | |
Bremerhaven nun doch nicht, wie ursprünglich geplant, Kreuzfahrtschiffe | |
bauen. „Aber noch wissen wir es nicht.“ | |
Genauso unklar ist die Zukunft der Bremerhavener Werft, die nach der | |
Übernahme durch Genting mit bis zu 1.000 neuen Arbeitsplätzen gerechnet | |
hatte. Der Vertrag zwischen Genting und Lloyd war Mitte September 2015 | |
feierlich im Bremer Rathaus unterzeichnet worden. Der Senat versprach eine | |
Sanierung der Kajen mit Investitionen von 30 Millionen Euro. Nun ist nicht | |
einmal mehr die Zukunft der 430 Werft-Beschäftigten sicher. | |
## Der Lloyd-Werft droht Auftragslosigkeit | |
„Wir haben keine Aufträge mehr“, sagt Müller. Genting habe Aufträge für… | |
Bau von Flusskreuzfahrtschiffen und Ozean-Kreuzlinern mit einem | |
milliardenschweren Auftragsvolumen in Aussicht gestellt. Ab Oktober hätten | |
die Schiffe in Bremerhaven gebaut werden sollen: „Darauf haben wir uns | |
verlassen“, so Müller. | |
Als die Belegschaft vor knapp zwei Wochen erfuhr, dass Genting nur an den | |
Standorten Wismar, Stralsund und Warnemünde neue Schiffe bauen werde, war | |
der Schock groß: Die Lloyd-Werft hatte aufgrund der versprochenen Aufträge | |
keine Akquise mehr betrieben und steht nun auch in ihrem Kerngeschäft ohne | |
Arbeit da. Das besteht vor allem aus Schiffsumbau, -wartung und | |
-reparaturen. Auch ein paar Yachten hat die Werft in der Vergangenheit | |
gebaut. | |
„Die Werften im Osten sind besser ausgestattet“, sagt Müller. Moderner | |
seien sie, man könne dort, anders als auf der Lloyd-Werft, dank überdachter | |
Docks wetterunabhängig arbeiten. Die Behauptung des Bremerhavener | |
Linken-Abgeordneten Nelson Janßen, nach der sich Genting „für die billigste | |
Variante“ entschieden habe, teilt er nicht: „Diese Werften haben | |
schließlich auch Tarifverträge.“ Und überhaupt: „All das wusste Genting | |
doch auch schon im letzten Jahr“, sagt Müller. | |
## Bremens 30-Millionen-Investitionen sind vorerst fraglich | |
Die Unternehmensgruppe müsse sich etwas einfallen lassen: „Sie trägt die | |
Verantwortung für unsere jetzige Situation.“ Für die Werft gälte es nun, | |
„sich auf eine Zukunft ohne Genting-Aufträge einzustellen.“ Der Bau einer | |
Mega-Yacht käme da gelegen: „Der würde eine Auslastung für zwei Jahre | |
bedeuten“, sagt Müller. Allerdings liegt dafür kein Auftrag vor und der | |
Yacht-Bau ist auch nicht das Hauptgeschäft der Werft: „Zumindest | |
serienmäßig nicht, dafür sind Werften wie Lürssen und Abeking & Rasmussen | |
da“, sagt Müller. | |
Bremens 30-Millionen-Euro-Investition ist nun wohl auch vorerst vom Tisch: | |
Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) hält einen Ausbau der | |
Bananen-Kaje nicht mehr für nötig. Damit ist er auf einer Linie mit dem | |
Linken-Abgeordneten Janßen, der sagt: „Ohne verbindliche Zusagen der | |
Genting Group über Investitionen und Arbeitsplätze in Bremerhaven ist mehr | |
als fraglich, ob die Kajensanierung im geplanten Umfang zu rechtfertigen | |
ist.“ Für den Moment, so Müller, habe auch er Verständnis, wenn kein Geld | |
investiert werde: „Aber mittel- und langfristig wäre ein Kajen-Ausbau für | |
den Standort wichtig und auch richtig.“ | |
Wie sich der Werft-Vorstand die mittel- und langfristige Zukunft des | |
Unternehmens vorstellt, wie es aus seiner Sicht zur Kehrtwende von Genting | |
gekommen ist und ob es tatsächlich vertuschte Zahlen gegeben hat, bleibt | |
unklar: Vorstandssprecher Rüdiger Pallentin ist für die taz „aus | |
Termingründen“ nicht zu sprechen. | |
20 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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