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# taz.de -- Steckdosen-Kraftwerk blockiert: Hamburg bremst Energiewende aus
> Das kürzlich rekommunalisierte Stromnetz Hamburg sperrt sich dagegen,
> kleine Solaranlagen per Schuko-Stecker ans Hausnetz anschließen zu
> lassen.
Bild: Balkonschmuck für Technikfans: das aktuelle Modell des Simon
HAMBURG taz | So einfach könnte der persönliche Beitrag zur Energiewende
sein: Man kauft ein kleines Solarmodul und steckt es in eine stinknormale
Steckdose. Statt Strom daraus abzuzapfen, wird er bei Sonnenschein
eingespeist und der Gefrierschrank mit selbst gemachtem Strom betrieben.
Der Öko-Versorger Greenpeace Energy hat jetzt versucht, so [1][ein Gerät
namens „Simon“] beim [2][Stromnetz Hamburg] anzumelden. Doch der erst vor
Kurzem zum Zwecke der Energiewende rekommunalisierte Netzbetreiber wiegelte
ab: Der Betrieb eines solchen Solarmoduls stehe „im Widerspruch zu den in
Deutschland allgemein anerkannten Regeln der Technik“, insbesondere einer
einschlägigen Norm des [3][Verbandes der Elektrotechnik (VDE)].
„Leider konnten wir uns mit Stromnetz Hamburg nicht auf den kontrollierten
Testbetrieb eines Simon einigen“, schreibt Greenpeace Energy. Dabei
belegten mehrere Gutachten, dass das kleine Solarmodul sicher angeschlossen
werden könne. Und die ermittelten Daten, so die Hoffnung, hätten die
Debatte um die geltenden Einspeiseregeln voranbringen könnten.
Stromnetz Hamburg müsste das ein Anliegen sein. Denn der Volksentscheid für
einen Rückkauf der Hamburger Energienetze war 2013 mit den Argument
geworben worden, es solle „eine sichere, preisgünstige,
verbraucherfreundliche, effiziente und umweltgerechte Energieversorgung“
gewährleistet werden.
„Die Idee ist gar nicht so schlecht“, sagt Stromnetz-Sprecherin Annette
Polkehn-Appel über den Simon, „nur muss sie sicher sein.“ Es gebe Hinweise,
dass es für die Nutzer gefährlich sein könnte, so eine Anlage mir nichts,
dir nichts anzustöpseln. „Letztlich sind wir nicht die richtigen
Ansprechpartner“, sagt Polkehn-Appel, die Normen setze der
Elektrotechnikverband.
Dieser warnt in einem besonderen „Faktenpapier“ vor „Erzeugungsanlagen mit
Steckern“. Schutzeinrichtungen wie Sicherungen könnten beeinträchtigt
werden, „da sie den in die Steckdose rückgespeisten Strom nicht erkennen
und auf ihn nicht ordnungsgemäß reagieren können.“
Namenspatron Simon Niederkirchner von der Firma [4][Homemade Energy], die
den Simon vertreibt, hält mit verschiedenen Gutachten des TÜVs Austria und
der deutschen [5][SGS], einer Kooperationspartnerin des TÜVs Saar, dagegen.
„Wir haben uns jeden Einwand angeschaut“, versichert Niederkirchner. Es sei
kein Strom auf dem Stecker, wenn dieser gezogen werde; die Sicherung im
Stromkreis funktioniere auch bei Stromeinspeisung und eine Überhitzung der
Leitung sei ebenfalls nicht zu befürchten.
Angesichts der geringen Leistung der Anlage könnten bis zu vier Geräte
gefahrlos eingesteckt werden. Ein Panel leistet 150 Watt – soviel brauchte
früher fast schon manche Glühbirne. Heute lässt sich ein
Fernseh-Flachbildschirm damit betreiben. „Die Vorgabe war von Anfang an:
Das muss sicher sein“, sagt Niederkirchner.
Seit dem 1. Juli kann das Gerät in Österreich problemlos angeschlossen
werden. Dort gilt jetzt eine Bagatellgrenze von 600 Watt. So viel
Strom-Leistung wird in der Regel von einem Haushalt selbst gebraucht. Mehr
als 10.000 Menschen hätten bereits von dem Angebot Gebrauch gemacht, sagt
Niederkirchner. Energetisch rechne es sich in zwei bis fünf Jahren.
Finanziell dauert es deutlich länger. Das sei den Käufern, die etwas für
die Umwelt tun wollten, aber egal, sagt Niederkirchner. Für diese laute die
Frage eher: „Kaufe ich mir das neue I-Phone oder gebe ich ein Statement ab,
wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen soll.“
Schon immer sei der Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem großen Teil
von Privatleuten vorangetrieben worden, sagt Nils Müller, Vorstand von
Greenpeace Energy. Er fordert deshalb, dass der VDE sich bewegen müsse:
„Regeln, die ihren Sinn verloren haben und der Energiewende schaden,
gehören abgeschafft.“ Stromnetz-Sprecherin Polkehn-Appel verspricht: „Wir
bringen dieses Thema in die Gremien des VDE.“
17 Jul 2016
## LINKS
[1] https://green-planet-energy.de/blog/wissen/simon-das-mini-solarkraftwerk/mi…
[2] https://www.stromnetz.hamburg/
[3] https://www.vde.com/de/Seiten/Homepage.aspx
[4] https://1000x1000.at/presse-simon
[5] http://www.sgs-tuev-saar.com/de.html
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
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