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# taz.de -- EMtaz: Portugal vor dem Halbfinale: Der Seele schöner Schmerz
> Es sind Niederlagen, die den portugiesischen Fußball so groß machen. Die
> Trauer über vergebene Chancen ist das, von dem Team und Fans leben.
Bild: Voll Moll: Fado-Festival in Porto, 2016
Es geht nicht anders. Wer über Portugal spricht, der muss vom Schicksal
sprechen, das es eben nicht immer gut meint mit den Menschen, und von einer
Form der Weltsicht, die mit der Lust am Schmerz einhergeht.
Reden wir also von Fado und von Saudade, von diesen traurigen Liedern und
jenem lusitanischen Weltschmerz, ohne die der portugiesische Fußball nicht
wäre, was er ist. Portugals große Niederlagen, sie waren bitter. Sie sind
Fado und Saudade. Achtung, es kann kitschig werden! Denn das Salz der
Tränen, die Fans und Spieler nach den großartigen Niederlagen vergießen,
ist das Salz in der Suppe der portugiesischen Fußballs.
Eine der schönsten Pleiten, die eine portugiesische Mannschaft hat
einstecken müssen, war gewiss das 0:1 gegen Griechenland im Finale em casa
(portugiesisch für dahoam). Das ganze Land hatte sich in den Landesfarben
geschmückt. Ein Sieg bei der EM im eigenen Land wäre der größte Erfolg
gewesen, den eine portugiesische Mannschaft je errungen hat. Rui Jorge,
Fernando Couto, der große Star Luís Figo, Rui Costa, und Nuno Gomes hatten
1989 den Weltmeistertitel der U20-Junioren gewonnen und galten als goldene
Generation.
Umso schöner war dann die Niederlage gegen Griechenland. Saudade hatte
gewonnen. Das Land war mit sich im Reinen, und der junge Cristiano Ronaldo,
der sein erstes großes Turnier gespielt hat, war eines der schönsten
Instrumente dieses wohl bekanntesten Fado-Stücks, das Portugal je gehört
hat.
## Wohlgefühl des Weltschmerzes
Mit ebenso viel Moll klingt bis heute der Fado von der Niederlage der
Portugiesen gegen Frankreich bei der EM 1984 nach. Das Turnier in
Frankreich wäre für den Gastgeber und späteren Titelträger um Michel
Platini um ein Haar im Halbfinale zu Ende gewesen. 1:1 stand es nach 90
Minuten zwischen Frankreich und Portugal. Rui Jordão hat die Portugiesen
dann in der 98. Minute in Führung gebracht.
Doch das Schicksal wollte keinen Sieg der Portugiesen und erfüllte ganz
Lusitanien mit einem Wohlgefühl des Weltschmerzes. Frankreich glich aus,
und in der vorletzten Minute besorgte Platini den Treffer, der bis heute
wie ein trauriger Evergreen in den Ohren der Portugiesen klingt. Frankreich
wurde dann Europameister. Portugal konnte sich in seiner Trauer suhlen.
Wer gescheit über Saudade daherreden will, zitiert gern einen Vierzeiler
des Dichters Fernando Pessoa: „Saudades – nur Portugiesen / können dieses
Gefühl kennen. / Weil nur sie dieses Wort besitzen, / um es wirklich beim
Namen zu nennen.“ Man könnte dieses Gefühl auch mit einfachen
Ergebniszeilen beschreiben: Portugal – Griechenland 0:1 oder Portugal –
Frankreich 2:3 n. V.
## „The toothless midfielder“
Die großen Spieler aller Generationen, sie haben allesamt keine Titel mit
der Nationalmannschaft gewonnen. Und jener wunderbare Eusebio wurde auch
deshalb so verehrt, weil es ihm und seiner Mannschaft bei der WM 1966 in
England eben nicht gelungen ist, die Gastgeber im Halbfinale zu schlagen.
Der 3:1-Erfolg gegen Pelés Brasilien in der Vorrunde hat den Portugiesen
Anerkennung eingebracht.
Ihre wahre Größe zeigten sie dann in der Niederlage gegen England.
Manndecker Nobby Stiles hatte Eusebio aus dem Spiel genommen. An den
erinnert man sich, weil ihm die obere Zahnreihe bei einem Zweikampf
abhanden kam, als „the toothless midfielder“. Von Eusebio dagegen schwärmen
auch solche, die ihn nie haben spielen sehen, als sei er der eingeborene
Sohn des Fußballgottes gewesen.
Mehr als 10.000 Menschen sind im Januar 2014 zu einer Trauerfeier für dem
mit 71 Jahren früh Gestorbenen ins Estádio da Luz von Lissabon gekommen, um
sich von ihm mit ganz viel Moll zu verabschieden. Die Menschen kamen, um
ihre Seele mit Schmerz zu reinigen. Sie wollten den ganz großen Fado, so
wie sie ihn vom portugiesischen Fußball kennen.
6 Jul 2016
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
Portugal
Cristiano Ronaldo
Fado
Fußball
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