Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EMtaz: Wie man Elferschießen gewinnt: Großreinmacherei
> Das Elfmeterschießen ist ein eigenständiges Spiel nach dem Spiel. Nicht
> selten gewinnt jene Mannschaft, die das wirklich verstanden hat.
Bild: Schon Mario Basler wusste: Immer mit dem Ventil nach oben
Ein Drama. Da findet ein großes Fußballspiel statt und am Ende wird es
durch das Glücksspiel Eflmeterschießen entschieden. Ungerecht finden das
viele. Vielleicht auch, weil es immer die Deutschen sind, die gewinnen,
wenn ein Spiel vom Punkt entschieden wird. So wie im Viertelfinale gegen
Italien, gegen das die Deutschen sonst nie gewinnen.
Die deutschen Fußballer seien die Söhne des Glücks in diesem Spiel, die in
der Lotterie Elfmeterschießen nie eine Niete ziehen, heißt es dann. Und
dann sind da noch diejenigen, die es ungerecht finden, dass im
Elfmeterschießen auch eine Mannschaft gewinnen kann, die zuvor beim Spiel
elf gegen elf die eindeutig schlechtere war.
Einer derer, denen es das Elfmeterschießen nicht gepasst hat, war der
große, alte, böse Mann des Fußballs. Sepp Blatter jammerte während der WM
2014 in Brasilien: „Das Elfmeterschießen ist eine Lotterie und das ist eine
Tragödie für die Spieler“, und meinte, es gehöre abgeschafft. Ein andere
Idee, wie man unentschiedene K.-o.-Spiele entscheiden kann, hatte er nicht.
Gut so!
Das Elfmeterschießen ist alles andere als eine Lotterie. Es gewinnt die
Mannschaft, die besser schießt, die den besseren Torhüter hat – oder
beides. Sie hat dann das Shootout zu Recht gewonnen. Ob sie in den 120
Minuten zuvor auch die bessere Mannschaft war, spielt keine Rolle. Das
Elfmeterschießen ist das Spiel nach dem Spiel. Es ist ein eigener
Wettbewerb. Und wie faszinierend er sein kann, konnte man am Samstagabend
einmal mehr erleben.
## Mehr davon, bitte!
Wie wenig das Elfmeterschießen mit Glück zu tun hat, ist gut erforscht. So
weiß man, dass Spieler nicht häufiger vom Punkt scheitern, wenn der Torwart
ein rotes Leibchen trägt. Gianluigi Buffon hätte sich also etwas anders
anziehen können am Samstag. Auch die Farbe der Trikots des Schützen hat
keinen signifikanten Einfluss auf die Leistung des Keepers. Wer mit rechts
schießt, zielt nicht häufiger in die linke Ecke, als einer der mit links
schießt.
Widersprüchliche Studien, gibt es zu den Folgen der einzigen Situation im
Elfmeterschießen, in der man wirklich von einer Lotterie sprechen kann: dem
Münzwurf vor dem ersten Elfer. Da geht es darum, wer zuerst schießen darf.
Eine Studie von Ignacio Palacios-Huerta von der London School od Economics,
der 1.343 Strafstöße von 129 Elfmeterschießen analysiert hat kommt, wird
gerne zitiert.
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass in über 60 Prozent der Fälle das Team
gewonnen hat, das den ersten Elfer schießen darf. Eine Untersuchung, von
Martin Kocher, Marc Lenz und Matthias Sutter, die 540 Elfmeterschießen
analysiert hat, kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass es egal ist, wer zuerst
schießt. Nicht einmal die Lotterie vor dem Elfmeterschießen, hat demnach
Einfluss auf das Ergebnis. Elfmeterschießen ist keine Glückssache.
Auch ohne wissenschaftliche Unterfütterung konnte man das am Samstag ganz
gut sehen. Ist es wirklich mit Pech zu begründen, wenn Bastian
Schweinsteiger oder Simone Zaza das Tor weit verfehlen, wie sie es in
Bordeaux getan haben? Und ist es wirklich nur Unglück, wenn Buffon zwei
Elfmeter, die er hätte halten können, weil er in die richtige Ecke
hechtete, passieren lässt?
Manuel Neuer war einfach besser. So wie die Deutschen insgesamt in diesem
Elfmeterschießen besser waren. Das Shootout hatte einen verdienten Sieger.
Das Elfmeterschießen ist ein fairer Wettbewerb, der zum großen Spektakel
werden kann. Die 18 Elfer von Bordeaux waren eine große Show. Mehr davon,
bitte!
4 Jul 2016
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
Fußball
Italien
Elfmeterschießen
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Kapitän
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Meinung
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rücktritt aus der Nationalmannschaft: Schweini macht Schluss
Kapitän Bastian Schweinsteiger beendet seine Karriere in der deutschen
Fußball-Nationalmannschaft. Das teilte er am Freitag auf Twitter und
Facebook mit.
EMtaz: Einsatz für Can und Weigl?: Generationenwechsel vorgezogen
Eigentlich mag Bundestrainer Joachim Löw keine Experimente. Die
Verletzungen seiner Stammspieler zwingen ihn aber jetzt dazu.
EMtaz: Kolumne Queering Soccer: Kinder verboten!
Die EM ist keine Familienveranstaltung, findet die Uefa. Fußballer dürfen
ihren Nachwuchs deshalb nicht mehr auf dem Rasen herzen. Ein Rückschritt.
EMtaz: Elfmeterschießen sind großartig: Ungerecht, aber sexy
Drama, Baby: Elfmeterschießen entsprechen der Logik des Fußballs. Weil sie
überraschend, unfair und beschissen sind.
EMtaz: Löws Taktik gegen Italien: Epischer Wettstreit aus elf Metern
Wie 2012 änderte Deutschland die Aufstellung gegen Italien. Mit Erfolg:
Italien hatte kaum Chancen. Es wäre trotzdem fast schiefgegangen.
EMtaz: Viertelfinale: Deutschland – Italien: Schock-Horror-Krimi-Thriller
Neuer, Hector, Rakete: Italien und Deutschland erfanden im Elfmeterschießen
ein neues Fußballgenre. Gewonnen hat Deutschland. Endlich mal.
EMtaz: Sportsoziologe über Frankreich: „Sich danebenzubenehmen war mal“
Der Soziologe Albrecht Sonntag über Frankreich als Fußballnation, die
verhaltene EM-Begeisterung im Land und den Hauptunterschied zu Deutschland.
EMtaz: Historische Presseschau: Germania, Germania, vaffanculo!
Italiener und Deutsche haben sich schon viermal zu großen K.-o.-Duellen bei
WM oder EM getroffen. Der Klassiker ist auch ein Fest für Zeitungsmacher.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.