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# taz.de -- Die Wahrheit: Bernd, das englische Brot
> Weil die Engländer auch noch ein Leben außerhalb der EM haben, ist alles
> nicht so schlimm für sie. Denn die Engländer haben Sandwiches.
Bild: Bei ihrer Buchbesprechung in Berlin: Laurie Penny
Da die Engländer aus der EU und frühzeitig auch aus der EM ausgeschieden
sind, können sie sich den für sie wirklich wichtigen Themen widmen. Dem
Sandwich-Problem zum Beispiel. Welcher Engländer kennt es nicht, welcher
Engländerin ist es nicht schon unzählige Male passiert, dass man in ein
prall gefülltes Sandwich beißt und sich die Füllung auf das Hemd oder das
Tweed-Kostüm ergießt?
Sandwiches sind so englisch wie der Fünfuhrtee, wie Pfefferminzsauce,
Roastbeef und Niederlagen im Elfmeterschießen. Keine Feier, bei der nicht
Sandwiches gereicht werden. Selbst bei Hochzeiten oder Beerdigungen werden
spät am Abend, wenn das Festmahl verdaut ist, Türme von Sandwiches
serviert. Meist sind es harmlose Exemplare, mit Butter und Senf bestrichen
und mit Schinken oder Käse belegt. Der Klassiker ist BLT, Bacon, Lettuce
und Tomato, mit fetter Mayonnaise.
Was aber ist ein Sandwich überhaupt? Gehört ein Hamburger dazu? Natürlich
nicht. Zwar ist das Brötchen beim Doppelwhopperwürger genauso pappig wie
das Weißbrot, aber es ist nicht flach, wenn man sich nicht draufsetzt. Und
ein gerolltes Sandwich – ein „Wrap“, wie es genannt wird – ist eine alb…
ausländische Imitation, die an das Original nicht heranreicht.
In englischen Spezialläden oder in manchen Supermarktabteilungen hat man
die Sandwich-Kultur zum Äußersten getrieben. Es gibt die Papptaschen
gefüllt mit Pute, Kohl, Kartoffelscheiben und Sauce – ein ganzes
Weihnachtsmahl zwischen zwei Weißbrotscheiben. Wer es lieber indisch mag,
kann auf ein Chicken-Tikka-Massala-Sandwich zurückgreifen. Oder auf eine
Thunfischfüllung, die es aber immer nur mit Mais gibt. Wer hat eigentlich
entschieden, dass es Thunfisch niemals ohne Mais geben darf?
Ein Gary Ehasoo hat ein ganz spezielles Sandwich-Messer erfunden. Es hat
zwei parallele Klingen, wobei die linke etwas breiter ist als die rechte.
Schneidet man ein Weißbrot, denn anderes Brot gibt es fast nicht in
England, so ist die linke Scheibe vom Brotlaib getrennt, aber sie hängt
noch an der unteren Kante mit der rechten Scheibe zusammen. „Wenn die
untere Kante intakt ist, versiegeln die Hände die beiden Öffnungen an der
Seite“, meint Ehasoo, „so dass nur noch eine Seite offen ist, von der man
isst.“
Doch Engländer essen hauptsächlich Toastbrot. Das ist die vorgeschnittene
Variante eines Weißbrots, die man nicht fallen lassen darf, weil das
gummiartige Gebäck sonst davonspringt und nicht mehr einzufangen ist. Man
könnte die Toastscheiben natürlich mit japanischem Klebreis an einer Seite
versiegeln und hätte dann denselben Effekt. Oder man nimmt ein normales
Messer und trennt die erste Scheibe nicht ganz vom Laib. Oder man wendet
sich vernünftigen Ernährungskriterien zu, verlässt England und wandert in
schönere Gegenden aus – also irgendwohin, wo weder England noch Sandwiches
sind.
Jeder Engländer verspeist im Jahr 754 Sandwiches. Kein Wunder, dass die
englischen Kicker in Frankreich wie Bernd das Brot über den Platz
gestolpert sind.
11 Jul 2016
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Lebensmittel
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