| # taz.de -- Einfluss von Stiftern an der Uni Mainz: Späte Kehrtwende | |
| > 150 Millionen Euro Förderung kassiert die Uni Mainz von der Boehringer | |
| > Ingelheim Stiftung. Nun ist klar, welche Rechte sie im Gegenzug gewährt. | |
| Bild: Blick auf das Hauptgebäude der Uni Mainz, äh Verzeihung, der Firmenzent… | |
| Berlin taz | Viel deutlicher kann man nicht zurückrudern: Noch vor einem | |
| Jahr hat die Universität Mainz der taz versichert, ihr wichtigster | |
| Wirtschaftspartner nehme keinen Einfluss auf Forschung und Lehre. Am Montag | |
| nun musste Präsident Georg Krausch gleich eine ganze Reihe von „Fehlern“ in | |
| zwei Verträgen mit der Boehringer Ingelheim Stiftung einräumen. | |
| Das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Nicht nur geht es um die | |
| größte private Spende an eine Hochschule in der Geschichte der | |
| Bundesrepublik – insgesamt 150 Millionen Euro. Sondern auch um einen der | |
| wenigen Fälle, in denen Details aus den entsprechenden Verträgen bekannt | |
| geworden sind. | |
| Die zeigen – ähnlich der 2011 geleakten Kooperationsverträge zweier | |
| Berliner Universitäten mit der Deutschen Bank –, wie gravierend die lange | |
| geleugnete Einflussnahme ist. In dem Vertrag über die erste Schenkung über | |
| 100 Millionen Euro, mit der die Uni Mainz das Institut für Molekulare | |
| Biologie (IMB) aufbaute, sichert sich die Boehringer Ingelheim Stiftung ein | |
| Vetorecht bei Personalentscheidungen. Wer dort forschen oder leiten darf, | |
| bestimmt im schlimmsten Fall nicht die Hochschule, sondern der Geldgeber. | |
| Jede Personalentscheidung – vom Lehrstuhl bis zur Geschäftsführung – beda… | |
| der Zustimmung der Stiftung. | |
| Ein klarer Verstoß gegen das Hochschulgesetz von Rheinland-Pfalz, sagt | |
| Rechtsanwalt Carl Christian Müller, der vor dem Verwaltungsgericht Mainz | |
| die Einsichtnahme der Verträge für Journalisten erzwungen hat: „Die | |
| Zustimmungspflicht in Bezug auf die Berufungsvereinbarung stellt de facto | |
| ein unzulässiges Vetorecht der Stiftung dar.“ Im April hatte das Gericht | |
| über der Klage des SWR-Reportes Thomas Leif stattgegeben. Der sah sich | |
| benachteiligt, weil die Hochschule zuvor nur ausgewählten Journalisten, | |
| darunter der taz, Einblick in die Kooperationsverträge gewährt hatte – ohne | |
| dabei aus den Unterlagen zu zitieren. Als Leif daraufhin anfragte, lehnte | |
| die Uni ab. | |
| ## Kritik von Hochschulverband | |
| Dementsprechend euphorisch äußerten sich Journalistenverbände am Montag | |
| darüber, dass die Hochschule die Verträge offenlegte. Auch die Wissenschaft | |
| positionierte sich, wenn auch zurückhaltender: „Verträge, die die | |
| Forschungszusammenarbeit mit einem Unternehmen regeln, müssen | |
| sicherstellen, dass die Hochschulen die letzte Entscheidung haben über | |
| Methodenwahl, Publikationsverfahren und Personalbesetzungen“, sagt Horst | |
| Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. | |
| Deutlich kritischer klingt der Deutsche Hochschulverband: „Bei Berufungen | |
| darf der Stifter weder am Verhandlungstisch sitzen noch ein Mitspracherecht | |
| in den Verhandlungen in Anspruch nehmen.“ Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit | |
| der Vereinbarung müssten nun, forderte der Verband, im Sinne der | |
| Wissenschaft ausgeräumt werden. Zudem müsse die Hochschule den | |
| Kooperationsvertrag der Öffentlichkeit zugänglich machen. | |
| ## Das Ministerium schweigt | |
| Ob die Hochschule der Forderung nachkommt, ist noch nicht klar: | |
| Uni-Präsident Krausch sagte der taz, die Hochschule müsse das weitere | |
| Vorgehen mit der Boehringer Ingelheim Stiftung absprechen. Die | |
| Hochschulgremien sollten einen Rahmenkodex zur Einwerbung privater Mittel | |
| beschließen. | |
| Sollten die Verträge öffentlich werden, käme eine Studentin der Universität | |
| Mainz zu ihrem späten Recht. Im September 2014 wollte sie die Verträge | |
| einsehen. Die Hochschule jedoch wehrte das Einsichtsgesuch ab mit der | |
| Begründung, Forschung und Lehre seien von der Informationspflicht | |
| ausgenommen. Der Schutz der Geheimhaltungsklauseln im Vertrag wiege höher | |
| als das öffentliche Interesse am Vertragsinhalt. Die Studentin hätte vor | |
| Gericht ziehen müssen, um die Hochschule zur Vertragseinsicht zu zwingen. | |
| Darauf verzichtete sie. In einem ähnlichen Fall in Nordrhein-Westfalen | |
| entschieden die Gerichte, dass die Uni Köln einen Vertrag mit dem | |
| Pharmakonzern Bayer nicht öffentlich machen muss. | |
| Unklar ist nun, wie das rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerium mit | |
| den nun bekannten Vertragsdetails aus Mainz umgeht. Im Mai – bevor sich der | |
| Verdacht der Einflussnahme erhärtete – stellte es auf eine Anfrage des | |
| Portals „Frag den Staat“ klar, dass es „keinen Anlass“ hat, die zwischen | |
| der Boehringer Ingelheim Stiftung und der Uni Mainz vereinbarte | |
| Berufungspraxis „in Zweifel zu ziehen“. Das dürfte sich am Montag geändert | |
| haben. Bis Redaktionsschluss konnte sich das Ministerium nicht zu den | |
| Konsequenzen der unlauteren Vertragsdetails äußern. | |
| 6 Jul 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
| ## TAGS | |
| Drittmittel | |
| Stiftungsprofessuren | |
| Boehringer Ingelheim | |
| Mainz | |
| Hochschulwatch | |
| Uni Mainz | |
| Transparenz | |
| Uni Mainz | |
| Uni Mainz | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Geheimdokumente der Uni Mainz: Deal zwischen Boehringer und Uni | |
| Noch eine Absprache zwischen dem Pharmakonzern Boehringer und der Uni | |
| Mainz. Erneut könnte das Unternehmen Einfluss genommen haben. | |
| Unipräsident über Einflussnahme Privater: „Wir haben nichts zu verbergen“ | |
| Ein Vetorecht bei Berufungen an die Mainzer Uni war nicht intendiert, sagt | |
| Georg Krausch. Verträge mit Stiftungen sollen künftig unmissverständlicher | |
| formuliert werden. | |
| Kommentar Transparenz bei Drittmitteln: Wer Einfluss will, muss ausscheiden | |
| Die Uni Mainz hat Fehler bei ihren Verträgen mit einer privaten Stiftung | |
| eingeräumt. Bedauern allein reicht aber nicht. | |
| Transparenz bei Drittmitteln: Die freiwillige Vernunft der Unis | |
| In Niedersachsen legen die Hochschulen ihre Drittmittelkooperationen offen | |
| – freiwillig. Mehr Transparenz schafft kein Gesetz. | |
| Transparenz an Hochschulen: Die Forschung bleibt anonym | |
| Die Verwaltung der Bundesländer wird immer transparenter. Nicht aber die | |
| der Universitäten – zum Schutz mächtiger Sponsoren. | |
| Uni Mainz verheimlicht Pharma-Vertrag: Mauern bis in den Gerichtssaal | |
| Die Uni Mainz will Verträge mit Boehringer Ingelheim nicht offenlegen. Mit | |
| einem Trick versucht sie auch das Informationsfreiheitsgesetz zu umgehen. |