# taz.de -- Menschenrechte in ganz Amerika: Kein Geld, kein Interesse | |
> Der Interamerikanischen Menschenrechtskommission CIDH geht das Geld aus. | |
> Wenn nichts mehr reinkommt, müssen 40 Prozent der Mitarbeiter gehen. | |
Bild: Plakat mit der ermordeten honduranischen Aktivistin Berta Caceres: Auch u… | |
BERLIN taz | Wer kümmert sich künftig darum, dass der Mord an der | |
honduranischen Umweltaktivistin [1][Berta Cáceres] aufgeklärt wird? Und wer | |
sorgt dafür, dass die Wahrheit über das Verschwinden von 43 mexikanischen | |
Studenten ans Licht kommt? | |
Wie keine andere Institution verfolgt die Interamerikanische | |
Menschenrechtskommission (CIDH) die Verbrechen gegen die Opfer der | |
gewalttätigen Verhältnisse auf dem amerikanischen Kontinent. | |
Doch die Arbeit der CIDH ist in Gefahr. „Wenn wir nicht sofort Geld | |
bekommen, müssen wir 40 Prozent unserer Mitarbeiter am 31. Juli entlassen“, | |
sagt die stellvertretende Generalsekretärin der Behörde, Elizabeth | |
Abi-Mershed, der taz. Die Kommission befinde sich in einer schweren | |
finanziellen Krise. | |
Die CIDH ist der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) angegliedert. | |
Gemeinsam mit dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof bildet sie | |
das Rückgrat institutioneller Menschenrechtspolitik auf dem Kontinent. Von | |
den USA über Mexiko bis Argentinien sind dort fast alle Staaten vertreten. | |
Ihre Mitarbeiter werden aktiv, wenn sich nationale Justizsysteme unfähig | |
zeigen, Folterungen, Hinrichtungen oder das Verschwindenlassen von Personen | |
selbst zu verfolgen. | |
## „Der einzige Zugang zu Justiz und Gerechtigkeit“ | |
Das betrifft vertriebene Bauern in Kolumbien ebenso wie die Häftlinge im | |
Gefangenenlager Guantánamo. Allein im vergangenen Jahr hat die CIDH 6.500 | |
Petitionen bearbeitet, zahlreiche Länder besucht, 76 individuelle Fälle | |
geprüft und 14 davon an den Gerichtshof überwiesen. „Häufig ist die CIDH | |
die einzige Tür, um Zugang zu Justiz und Gerechtigkeit zu bekommen“, | |
bestätigte die ehemalige guatemaltekische Generalstaatsanwältin Claudia Paz | |
y Paz der taz. | |
Doch nun ist die Arbeit der Kommission bedroht. Die Finanzierung sei immer | |
prekär gewesen, da die OAS nur 5 Millionen US-Dollar zahle, erklärt | |
Generalsekretärin Abi-Mershed. Die andere Hälfte stammt vor allem aus der | |
EU. | |
„Doch die Europäer haben wegen der Flüchtlingsproblematik ihren Fokus | |
anders ausgerichtet, auf arabische Staaten, Syrien und angrenzende | |
Regionen“, erläutert sie. Spanien und Dänemark, bislang wichtige Sponsoren, | |
stecken in finanziellen Krisen oder verfolgen andere politische Ziele. | |
Insgesamt seien die Zahlungen auf 3 Millionen US-Dollar gesunken. | |
In erster Linie kritisiert Abi-Mershed jedoch die OAS-Staaten selbst. | |
Während in Europa 41,5 Prozent des Budgets des Europarats in die | |
Menschenrechtsarbeit gingen, zahle die OAS gerade einmal 9,1 Prozent an | |
Kommission und Gerichtshof. | |
## Die Behörde ist schon jetzt völlig unterbesetzt | |
Mit 78 Beschäftigten sei ihre Behörde völlig unterbesetzt. CIDH-Präsident | |
James Cavallaro vermutet politische Motive. Einige Staaten störe die Arbeit | |
der Kommission, ist er überzeugt: „Vielleicht strangulieren sie uns | |
finanziell, damit wir unser Mandat nicht erfüllen.“ | |
Auch mehrere hundert zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter allein | |
110 aus Mexiko, forderten jetzt in einem gemeinsamen Aufruf von der OAS | |
eine nachhaltige, solide Finanzierung der CIDH. | |
Auf taube Ohren werden solche Forderungen in Caracas stoßen. Die | |
venezolanische Regierung ist 2012 aus dem Interamerikanischen | |
Menschenrechtssystem ausgestiegen, nachdem der Gerichtshof die | |
„unmenschliche Behandlung“ eines Gefangenen angeprangert hatte. | |
29 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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