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# taz.de -- Verschwundene Studenten in Mexiko: Polizei soll gefoltert haben
> Ein Expertenbericht weckt Zweifel im Fall der 43 vermissten Studenten in
> Mexiko. Verdächtige seien gefoltert worden, heißt es in dem Report.
Bild: „Wir vermissen die 43“: Viele Angehörige der Studenten sind skeptisc…
Mexiko-Stadt ap | Die mexikanische Polizei hat nach Darstellung von
Experten wahrscheinlich mehrere Verdächtige im Fall der seit eineinhalb
Jahren vermissten 43 Studenten gefoltert. Dafür gebe es starke Beweise,
hieß es in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht der
Inter-Amerikanischen Kommission für Menschenrechte (OAS). Diese monierte
zudem fehler- und lückenhafte Ermittlungen der Justiz. Die Vorwürfe könnten
dazu führen, dass es zu keinen Schuldsprüchen im Fall der verschollenen
jungen Leute kommt. Präsident Enrique Peña Nieto kündigte in einer Reaktion
eine gründliche Prüfung des OAS-Berichts an. Erste Ermittlungen zu den
Foltervorwürfen laufen bereits.
Die Untersuchung zeigte auf, dass 17 von etwa 123 festgenommenen
Verdächtigen Spuren von Schlägen aufwiesen, darunter Blutergüsse, Schnitte
und Kratzer. Ein Verdächtiger gab an, er sei mit einer Plastiktüte fast
erstickt worden; ein anderer erlitt einer medizinischen Untersuchung
zufolge so harte Schläge auf die Ohren, dass die Trommelfelle platzten und
er aus den Ohren blutete.
Ein mutmaßlicher Betroffener, der im Report als Patricio Reyes Landa
identifiziert wurde, bezichtigte der Regierung der Lüge über den Ablauf
seiner Festnahme. „Sie drangen ins Haus ein, verprügelten und traten mich.
Dann zerrten sie mich in ein Fahrzeug, verbanden mit die Augen, fesselten
meine Füße und Hände“, sagte er laut OAS aus. „Sie schlugen mich erneut …
gaben mit Elektroschocks, sie legten einen Lappen auf meine Nase und gossen
Wasser darauf. Sie legten eine Tasche über mein Gesicht, damit ich nicht
atmen konnte. Das ging stundenlang weiter.“
Die 43 Studenten des Lehrerkollegs in Ayotzinapa waren im September 2014 in
der Stadt Iguala im Bundesstaat Guerrero verschwunden. Nach offiziellen
Angaben der mexikanischen Regierung sollen korrupte Polizisten sie
festgenommen und dann an Drogenkriminelle übergeben haben. Diese sollen sie
umgebracht und verbrannt haben.
## Weitere Strafverfolgung fraglich
Viele Angehörige der Studenten glauben dieser Version jedoch nicht. Dies
zeigte sich einmal mehr während der Pressekonferenz, auf der der
Untersuchungsbericht vorgestellt wurde: „Sie haben sie lebendig
weggenommen, wir wollen sie lebendig zurück!“, skandierten Verwandte und
Unterstützer der jungen Leute. An dem Pressetermin nahm kein ranghoher
Regierungsvertreter teil.
Die offizielle Darstellung zum Schicksal der 43 Studenten beruht zum
Großteil auf Aussagen von Verdächtigen, die jetzt sagen, sie seien mit
Folter zum Reden gezwungen worden. Eine weitere Strafverfolgung erscheint
damit fraglich, da Richter in Mexiko unter Zwang gemachte Geständnisse laut
Gesetz abweisen müssen.
Der Vize-Generalstaatsanwalt für Menschenrechte, Eber Betanzos, wies jedoch
darauf hin, dass die staatlichen Ermittlungsergebnisse nicht gänzlich auf
Schuldbekenntnissen fußten. Zudem würden Behörden die Klagen von 31
Verdächtigen prüfen, die nach eigenen Angaben gefoltert worden seien. In
drei der Fälle sollen demnach Angestellte im Büro des zuständigen
Generalstaatsanwalts verwickelt sein.
Die Experten der Inter-Amerikanischen Kommission prangerten in ihrem
Bericht jedoch nicht nur mutmaßliche Folter an. Die Regierung habe
zögerlich bei der geforderten Bereitstellung von Beweisen agiert. Neben
Ermittlungsfehlern der Staatsanwälte monierten die Fachleute zudem, dass
die Behörden offenbar bewusst bei ihrer Darstellung zum Schicksal der
Studenten geblieben seien ohne einer möglichen Verwicklung von
Bundespolizisten und der Armee nachzugehen. In dem Expertenbericht wurde
auch erwähnt, dass einer der 43 Studenten seinen Eltern eine SMS-Nachricht
schickte – und zwar offenbar Stunden, nachdem er offiziellen Angaben
zufolge getötet worden sein soll.
25 Apr 2016
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