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# taz.de -- EMtaz: Österreichs Titelaussichten: Fast schon Wödmasta
> Austrias Kicker haben sich in der Weltrangliste von Platz 92 auf 10
> hochgearbeitet. Jetzt will das Team auch noch die skeptischen Ösis
> überzeugen.
Bild: Zwei, die sich gut verstehen: Marko Arnautovic (r.) und David Alaba
des glück is’ nach wie vor a vogerl
und aufgeb’ n tua i nua an brief,
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Wolfgang Ambros
Es ist ja nicht so, dass dem Österreicher das Hochgefühl völlig fremd wäre.
Trotzdem können sie im Nachbarland nur auf Verdacht euphorisch sein. Man
gibt sich in Wien und dem weniger bedeutenden Umland lieber der skeptischen
Lebensbetrachtung hin. Aber jetzt, so kurz vor dem ersten EM-Spiel des
Nationalteams gegen Ungarn, glauben doch schon mindestens drei Prozent der
Österreicher an den Titel; das hat das Meinungsforschungsinstitut Gallup
herausgefunden.
In einer anderen Umfrage von market glauben zehn Prozent der Österreicher,
das Team werde „überraschen und erreicht eine Top-Platzierung“. Das könnte
man als überschwänglichen Befund deuten, wenn es da nicht auch jene neun
Prozent gäbe, die prognostizieren, dass die Mannschaft „auf ganzer Linie“
enttäuschen werde. No na, sagt der Wiener, eh klar.
Die Zweifel wurzeln tief im Humus einer missratenen jüngeren
Fußballgeschichte. Österreich wurde zwar kürzlich erst, also im Jahre 1954,
WM-Dritter und besiegte in einem weltberühmten Spiel 1978 in Córdoba die
deutsche Nationalmannschaft mit 3:2, aber viel wirkmächtigere Einträge in
das Logbuch österreichischer Erfolge gibt es eigentlich nicht – mal
abgesehen von jenem Match gegen die Färöer Inseln (0:1) im Jahre 1990, als
die Österreicher in vorbildlicher Weise fußballerische Entwicklungshilfe
leisteten. In den vergangenen Jahrzehnten galt: Der Schmäh der Ösis ist
zehnmal besser als ihr Steilpass.
## Koller coacht Kicker
Als Österreich zur Hälfte die Europameisterschaft 2008 ausrichten durfte
(neben der Schweiz), da stand das Land auf Rang 92 in der
Fifa-Weltrangliste und gurkte sich durch die Vorrunde. Das mäßig veranlagte
Team besiegelte das vorzeitige Aus mit einem kräftigen Schulterklopfer:
„Vor dem Turnier wurde die Mannschaft verspottet und verhöhnt“, sagte
Teamchef Josef Hickersberger damals. „Es hat sogar einige Spiele gegeben,
da hätte man mir am liebsten ein Kamel vors Stadion gestellt, damit ich in
die Wüste reite.“ Aber dann konnten Hickersberger und seine Kicker durch
die Vordertür das Fußball-Varietétheater verlassen.
Und heute? Steht Österreich, man glaubt es kaum, auf Platz 10 der
Weltrangliste, noch vor den Engländern und Italienern. Dieses Fifa-Ranking
misst manchmal komische Dinge. Die Variablen scheinen bisweilen verrückt zu
spielen. Und doch: Da ist etwas passiert in Österreich. Ein Team ist
gewachsen, geführt vom Schweizer Marcel Koller. Er ist ein ruhiger,
besonnener Mann, der eine Mannschaft von Fußballlegionären auf ein
4-2-3-1-System eingeschworen hat. „Der Herr Koller hat das Team zu einer
Einheit zusammengeschweißt“, sagt der ehemalige Nationalspieler Walter
Skocik der taz. „Sie spielen mittlerweile einen sehr guten Fußball.“
Die Besten des Landes sind ins Ausland gegangen, wie der eigenwillige Marko
Arnautovic nach England zu Stoke City und Christian Fuchs zu Leicester
City, dem Meister in der Premier League – oder wie Stürmer Marc Janko, der
beim FC Basel spielt. Janko sagt über den konjunkturellen Aufschwung beim
ÖFB: „Es hat mit einem kleinen Pflänzchen begonnen, mittlerweile ist es ein
richtiger Baum.“ Österreich hat sich internationalisiert und
professionalisiert. „Unsere eigene Liga ist zu schwach. Deshalb ist es gut,
dass fast alle Nationalspieler ins Ausland gegangen sind“, sagt der
75-Jährige Skocik, „im Ausland heißt es: friss oder stirb. In unserer Liga
wären sie bestimmt verhätschelt worden.“
## Sieg gegen Zlatan
Dass die Fans langsam dabei sind, die Freude am Fußball ihrer ÖFB-Auswahl
wieder zu entdecken, beweisen auch die Ergebnisse der Sportlerwahl. Da
gewinnt jetzt schon mal Bayern-Profi David Alaba – vor den Alpinen vom
Österreichischen Ski-Verband. Alaba hat 2013 und 2014 die Rennläuferin Anna
Fenninger hinter sich gelassen. Im Vorjahr landete das Fußballteam auf
Platz drei.
Früher hatten die Ösis den Wödmasta (Ernst Happel), den Goleador (Hans
Krankl), den Schani (Skocik) und Schneckerl (Herbert Prohaska), heute haben
sie das durchaus glamouröse Duo A & A, Alaba und Arnautovic. Sie werden
fast schon kultisch verehrt. Sie machen es den Ösis leicht, die Auswahl
wieder zu mögen. Dazu müssen auch Erfolge her wie in der EM-Qualifikation
gegen Schweden und den großen Zlatan.
In den Vorbereitungsspielen zur EM hat das Team gegen Malta (2:1) und
Holland (0:2) nicht mehr so richtig überzeugen können. Die Last der
Erwartungen drückt wieder ein bisschen. Das war immer ein Problem für die
Österreicher. Egal, Marko Arnautovic will jetzt „etwas erreichen“. Was
genau, sagte er im südfranzösischen Quartier in Mallemort nicht. Aber: „Wir
besitzen die Qualität, die Aufgaben zu lösen.“
Walter Skocik, der 222 Spiele für die Grünen von Rapid Wien gespielt hat,
sieht Österreich im Achtelfinale, „und wenn’s gut läuft sogar im
Viertelfinale“. Kein Titel? „Naaa, man sollte sie nicht in den Himmel
heben.“
14 Jun 2016
## AUTOREN
Markus Völker
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