# taz.de -- Buddy-Komödie im Kino: Er ist halt ein Knuddeltyp | |
> Der Actionklamauk „Central Intelligence“ mit Dwayne Johnson und Kevin | |
> Hart setzt auf klare Gegensätze und deren gelegentliche Verwirrung. | |
Bild: Sind Stone und Joyner ziemlich beste Freunde oder ist alles nur Geheimdie… | |
Manchmal ist die Welt ganz übersichtlich: Da sind die ausgegrenzten Dicken | |
einerseits und die smarten Dünnen andererseits. Und die Dicken werden von | |
den Dünnen eben gern gehänselt. Robbie Weirdicht ist so ein Fall. Weil er | |
stark adipös ist, erntet er in der Highschool regelmäßig den Spott seiner | |
Mitschüler. | |
Einmal, bei der Ehrung des besten Schülers des Jahrgangs in der | |
Schulturnhalle, wird Robbie, gespielt von dem schwergewichtigen Komiker | |
Sione Kelepi, sogar nackt unter der Dusche hervorgezerrt und wie ein nasser | |
Sack mitten in die Zeremonie hineingeschleudert. Allgemeines Gelächter von | |
der Tribüne. Es hilft ihm allein der Geehrte Calvin Joyner (Kevin Hart), | |
der Robbie kurzerhand seine Baseballjacke aushändigt, damit dieser | |
wenigstens seine Scham bedecken kann – eine echte Sankt-Martins-Geste. Der | |
Gewinner hilft dem Loser. Noch so ein Gegensatz. „Central Intelligence“ von | |
Rawson Marshall Thurber ist voll davon. | |
Zwanzig Jahre später hat sich das Verhältnisse umgekehrt. Aus Joyner ist | |
nicht der Überflieger geworden, den man in ihm vermutet hatte, stattdessen | |
schiebt er einen mäßig befriedigenden Bürojob. Und Robbie Weirdicht, zu dem | |
Joyner den Kontakt verloren hatte, taucht plötzlich in stark veränderter | |
Gestalt auf. Er hat eine Transformation durchlaufen, bei der sein Fett- in | |
Muskelgewebe umgewandelt wurde, und überragt Joyner um zwei Kopflängen. | |
Zudem nennt er sich jetzt Bob Stone und erweist sich, für Joyner | |
unerwartet, als äußerst geschickt im Nahkampf. | |
Bob Stone, der optimierte Robbie mithin, wird gespielt von | |
Wrestling-Champion Dwayne „The Rock“ Johnson. Dieser stellt seine | |
überdefinierten Körperpartien als Bob Stone in den Dienst der CIA. | |
Zumindest erzählt er das Joyner. | |
Und dieser soll Stone bei einer Mission zur Rettung der nationalen | |
Sicherheit behilflich sei. Doch im Geheimdienstwesen ist bekanntlich nichts | |
so, wie es scheint, Verstellung gehört zum Geschäftsmodell. So überrascht | |
es nicht, dass bald CIA-Agenten bei Joyner auftauchen, die Bob Stone als | |
gefährlichen Irren und Mörder suchen. | |
## Die Gutmütigkeit des Psychopathen | |
„Central Intelligence“ beginnt als Buddy-Komödie mit einem ungleichen Paar. | |
Dabei ist das Duo Johnson und Hart in seiner entfernt an das Komikerduo | |
Laurel und Hardy gemahnenden Polarität so zielsicher plump gewählt, dass | |
sich die optisch unmittelbar einleuchtende Konstellation als erstaunlich | |
effektiv erweist. Auch die charakterlichen Gegensätze werden gründlich | |
durchgespielt – Joyner schwankt zwischen Distanziertheit und Hysterie, | |
während Stone mit der stoischen Gutmütigkeit eines Psychopathen eine Nähe | |
herzustellen weiß, die keinen Widerspruch duldet: „Ich bin ein Knuddeltyp“, | |
sagt Stone einmal, nachdem er den erstaunten Joyner spontan geherzt hat. | |
Bald schon übernimmt dann die Actionkomödie, und von da an geht es | |
vornehmlich in Bud-Spencer-Manier um flächendeckendes Vermöbeln der | |
Gegenspieler, kombiniert mit launigen Kommentaren zur erfolgreichen | |
Selbstverteidigung. Auch Joyner stellt rasch fest, dass in ihm mehr Power | |
steckt, als sein unauffälliger Lebenswandel bisher erwarten ließ. Neben | |
diesen harmlosen Grobheiten gibt es regelmäßige Verweise auf das | |
Mainstreamkino – Bob Stone zitiert etwa mehrfach aus seinem Lieblingsfilm, | |
der Pubertätskomödie „Sixteen Candles“. | |
Dem Film dabei Mangel an Subtilität vorzuwerfen, ginge ein wenig an seinem | |
Ziel vorbei. Er will in erster Linie unterhalten, und das tut er dank | |
seiner geglückten Besetzung meistens mit Erfolg. Was auch für die | |
Nebenrollen gilt: Insbesondere Amy Ryan überzeugt in der Rolle als | |
verbiestert-spröde CIA-Agentin. | |
Wesentlich mehr leistet der Film aber nicht. Ernstere Anliegen verfolgt er | |
kaum, schlimmstenfalls kann man in ihm eine dieser in Hollywood höchst | |
beliebten Du-kannst-es-schaffen-Erzählungen sehen. Und eine puritanische | |
obendrein: Wie Bob Stone dem neugierigen Joyner irgendwann verrät, steckt | |
hinter seinem Erscheinungsbild harte Arbeit. Und nichts weiter: „Ich habe | |
trainiert. Sechs Stunden am Tag. 20 Jahre lang. Jeden Tag.“ | |
18 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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