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# taz.de -- Die Wahrheit: Plötzlich Persisch
> Neues von der Neurologie: Zentrale und periphere Hirngeschichten aus
> aller Welt erzählen von den Leistungen des Denkkastens.
Bild: Erst kürzlich entfernte ein Ärzteteam einige sehr schmerzhafte Floskeln…
Der Fall des Italieners, der nach einer Gehirnerkrankung plötzlich nur noch
auf Französisch parlieren konnte, ging vor einiger Zeit durch sämtliche
Medien von der „Apotheken Umschau“ bis zur „Bäckerblume“. Eine
ungewöhnliche Begebenheit, aber wahrlich nicht die erste ihrer Art, wie ein
kleiner Streifzug der Wahrheit durch die jüngere Geschichte der Neurologie
zeigt.
Als Anfang des Jahres ein deutscher Tourist von einer Mautkontrollstreife
in Niederösterreich angehalten wird und keine gültige Vignette vorweisen
kann, verschlägt es dem Mann aus Hessen wie durch ein Wunder die
Muttersprache. In breitestem Spanisch entfährt es dem Kontrollierten dann
immer und immer wieder „Pickerl? No comprendo, ¿qué es eso?“, bis die
perplexen Beamten aufgeben und enerviert weiterziehen.
***
Nach einer mehrstündigen Zahnwurzelbehandlung mit Lachgaseinsatz redet eine
Patientin in Bonn fortan in einem gänzlich unidentifizierbaren, primitiv
anmutenden Idiom. „Hmpflmuummm, chichi chlhaaamm, gngnnnhu“, lauten einige
Satzteile, die das verblüffte Zahnarztpersonal geistesgegenwärtig
mitschreiben kann. Dies berichtete im Juli 2015 das Dentisten-Fachblatt
Hoppla!.
***
Mucki, der Graupapagei einer 98-jährigen Rentnerin aus Wiesbaden, erlangte
einige Berühmtheit, als er von einem auf den anderen Tag mit eindeutig
ungarischem Einschlag sang und plapperte. „Außerdem hatte er auf einmal
grünes Gefieder statt graues und war um gut einen Kopf geschrumpft“,
erinnert sich die inzwischen 105-jährige Halterin. „Könnte aber auch sein,
dass ich mich in der Tür geirrt habe oder den falschen Fernseher
angeschaltet habe.“
***
Ein 35 Jahre alter Japaner beherrscht nach der Entfernung seines
Lieblings-Hirntumors perfektes Mandarin. Er wird für einen Chinesen
gehalten, muss sein Leben neu beginnen: Mathematikstudium,
Geigenunterricht, Praktikum bei Foxconn. „Eine faszinierende und widerlich
klischeehaltige Story“, urteilt die übliche Klatschpresse.
***
Die Popsängerin Madonna, aufgewachsen in Michigan, beginnt um die
Jahrtausendwende herum, mit einem britischen Akzent zu sprechen. Fachleute
rätseln seitdem, was diesen Schwenk im Sprachzentrum der Entertainerin
ausgelöst haben könnte: Wiederholter Konsum eines Guy-Ritchie-Films?
Unterbrochene Blutzufuhr durch zu enge Oberbekleidung? Übermäßiger Verzehr
von Marmite?
***
Horst Mahler, ein Rechtsanwalt, der viele Jahre in linken Regionen
Deutschlands aktiv war und entsprechend kommunizierte, spricht heute
fließend völkisch und antisemitisch. Im Jahr 2012 nach der mysteriösen
Wandlung befragt, erklärte der ehemalige Politiker: „Muss wohl ein
Erbschaden sein, den mir irgendein verlauster Pole untergejudet hat. Werde
nach meiner Haftentlassung totale Euthanasie beantragen. Sieg Heil!“
***
Seit ihrer Jugend hatte die unbescholtene Ordensschwester Gisela
Unterholtzer Befehle und Einflüsterungen von ihrem Gott erhalten – in
sympathischem Bairisch. Eines schönen Morgens dann „schwafelt der Sauhund
in reinstem Hocharabisch daher“, wie die praktizierende Katholikin an
Eides statt zu Protokoll gibt. Was sie aber bis jetzt nicht weiß: Es
handelt sich um einen elaborierten Streich des TV-Spaßmachers Guido Cantz,
der dann demnächst in der Sendung „Verstehen Sie Sprach?“ aufgeklärt werd…
soll.
***
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich
in seinem Bett zu einem ungeheuren, Bengali sprechenden Ungeziefer
verwandelt – dabei war er noch nie in seinem Leben in Indien oder
Bangladesch gewesen. Die Sprachbarriere sollte in den folgenden Tagen zum
Glück nur das allergeringste seiner zahlreichen Probleme darstellen.
***
In der Bundesliga-Saison 2015/16 bekommt ein Fußballkommentator, der hier
lieber ungenannt bleiben will, einen Ball mit einhundert Stundenkilometern
an den Kopf geworfen und verständigt sich daraufhin in einer Sprache, die
richtigem Deutsch bloß ganz entfernt ähnelt. Nach einer vorsichtshalber
durchgeführten Schädeltomografie gibt er jedoch Entwarnung: „100 Prozent
spitzenmäßige Hammeratmosphäre in meinem Kopf drin! Perfektes
Gesundheitsgefühl pur!“ Also alles in Butter bei Béla Réthy.
17 Jun 2016
## AUTOREN
Torsten Gaitzsch
## TAGS
Neurologie
Gehirn
Hirnforschung
Black Panther
Fotografie
Flüchtlinge
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Angela Merkel
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