# taz.de -- Hutu-Miliz FDLR im Kongo: Es grassiert der Spaltpilz | |
> Seit dem Wochenende kämpfen beide Fraktionen der ruandischen Hutu-Miliz | |
> im Ostkongo gegeneinander. Die lokale Bevölkerung ist in Panik. | |
Bild: In Nord-Kivu ist Oberst Omega der Kommandant | |
Berlin taz | Die Spannungen innerhalb der ruandischen Hutu-Miliz FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sind eskaliert. Seit | |
Samstagfrüh wird im FDLR-Gebiet im Osten der Demokratischen Republik Kongo | |
scharf geschossen. | |
Die internen Konflikte sind seit zwei Jahren offensichtlich. 2014 entschied | |
sich die FDLR-Führung in Anbetracht eines neuen UN-Mandats für eine | |
spezielle Eingreiftruppe mit Schießbefehl, dem internationalen Druck | |
nachzugeben und sich freiwillig entwaffnen zu lassen. Dafür forderte sie | |
Verhandlungen mit Ruandas Regierung. Doch dazu kam es nie. | |
Daraufhin wurde FDLR-Oberst Wilson Irategeka, Verfechter dieser Idee und | |
seit 2014 zweiter Vizepräsident der Organisation, bei einem Treffen Ende | |
Mai dieses Jahres von seinem Amt suspendiert und als Verräter angeklagt. | |
„Spaltungen und Hass sähen“ sowie „Amtsmissbrauch“ wird ihm vorgeworfe… | |
hießt es in einer FDLR-Presseerklärung. Er sei suspendiert und ein | |
Verfahren gegen ihn eingeleitet worden, erklärte FDLR-Interimspräsident | |
Victor Byiringiro. | |
Irategeka setzte sich dafür ein, die Rebellenorganisation in eine | |
politische Partei umzuwandeln und dafür die Waffen niederzulegen. Mehrfach | |
war er nach Tansania und Südafrika gereist, um sich Rückendeckung zu | |
sichern. Beide Staaten stellen die UN-Eingreiftruppe, die theoretisch | |
gegen die FDLR kämpfen soll. Eine freiwillige Entwaffnung der Rebellen käme | |
ihnen gelegen, ließen sich so doch Kämpfe vermeiden. Zunächst willigte das | |
FDLR-Leitungsgremium ein und entwaffnete 2014 rund 300 seiner Kämpfer. Doch | |
dann geriet alles in Stocken. | |
Irategeka wurde von seinen Gefährten für die Idee kritisiert – vor allem | |
von denjenigen, die als mutmaßliche Täter des Völkermords an den Tutsi in | |
Ruanda 1994 von der Justiz gesucht werden. Für sie würde eine Entwaffnung | |
bedeuten, dass sie sich stellen müssten. Das kommt für die meisten | |
FDLR-Kommandanten nicht in Frage. | |
## Der Oberst versteckt sich im Wald | |
Irategeka hatte sich über ein Jahr im Ausland aufgehalten, im Januar kehrte | |
er in den Kongo zurück. Vor zwei Wochen gründete er eine | |
Splitter-Organisation, die jetzt den Dialog mit Ruanda sucht. | |
Verrat und Abspaltung gehören laut FDLR-Geschäftsordnung zu den schlimmsten | |
Vergehen. Für die Organisation könnte dies der Todesstoß bedeuten, denn | |
zahlreiche Kommandeure schlossen sich mit ihren Einheiten Irategeka an. | |
Rund 200 Kämpfer liefern über und nahmen Waffen mit, heißt es aus | |
FDLR-Quellen. Die FDLR-Truppen in Süd-Kivu schlossen sich der neuen Truppe | |
komplett an. | |
Das konnten die Kommandanten nicht auf sich sitzen lassen. Am Samstagmorgen | |
beschossen FDLR-Spezialeinheiten unter dem Kommandanten von Nord-Kivu, | |
Oberst Omega, Irategekas Stellung in Kiyeye im Ostkongo. Die Kämpfe dauern | |
bislang an. Irategeka floh und versteckt sich nun in den Wäldern. | |
Die lokale Bevölkerung ist in Panik, wie Innocent Gasig, Vorsitzender der | |
Menschenrechtsorganisation PHDD, berichtet: Die Menschen im FDLR-Gebiet | |
seien in die Wälder geflohen. Es habe Entführungen gegeben, die Geiseln | |
wurden gegen 1.000 Dollar Lösegeld freigekauft. Alle Hilfsleistungen durch | |
die UNO und NGOs seien eingestellt – aus Sicherheitsgründen. | |
13 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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