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# taz.de -- Angriffe auf IS-Hochburgen: Sprengfallen und Erschießungen
> Im Irak braucht die Regierung einen militärischen Erfolg gegen den IS in
> Falludscha. Doch sogar das US-Militär hat vom Angriff abgeraten.
Bild: Irakische Soldaten und schiitische Milizionäre nahe Falludscha
Erbil taz | Vollmundig hat die irakische Regierung Ende März zum Sturm auf
Mossul geblasen, die irakische Hauptstadt der Extremisten des Islamischen
Staats (IS). Zwei Monate später herrscht an dieser Front nahe Erbil jedoch
Stillstand. Überraschend hat die Regierung Anfang der Woche eine Offensive
auf Falludscha verkündet. Beinahe gleichzeitig starteten von Kurden
angeführte Kämpfer einen Angriff auf Rakka, die IS-Hauptstadt in Syrien.
Das könnte der Anfang vom Ende des vor knapp zwei Jahren ausgerufenen
Kalifats sein.
Die Amerikaner unterstützen beide Offensiven mit Luftangriffen. „Heute
werden wir die schwarze Flagge der Fremden herunter holen, die diese Stadt
als Geisel genommen haben“, sagte der irakische Regierungschef Haider
al-Abadi zum Aufakt des Angriffs auf Falludscha am Montag. Bisher haben die
Iraker freilich nur ein paar Dörfer im Osten der Stadt eingenommen und nach
eigenen Angaben die Versorgungsroute von Garma gekappt.
Wie Rakka hat der IS auch Falludscha mit Sprengstofffallen und Gräben zu
einer Festung ausgebaut. Dabei ist Falludscha die Stadt, die die
Extremisten am längsten kontrollieren. Nach Protesten gegen Abadis
Vorgänger fiel Falludscha im Januar 2014 an Aufständische, die sich später
dem IS anschlossen.
Es war der vorläufige Schlusspunkt in einem Konflikt, an dem sich auch die
Amerikaner die Zähne ausbissen. Zweimal führten amerikanische Marines im
Jahr 2004 einen Grossangriff, bis sie die „Stadt der Moscheen“ unter ihre
Kontrolle brachten. Die Strassen- und Häuserkämpfe gehörteten zu den
härtesten in der Geschichte der US-Armee.
## Amerika riet vom Angriff auf Falludscha ab
Lange Zeit hatten die Amerikaner den Irakern deshalb von einem Sturm auf
Falluja abgeraten. Stattdessen belagerten schiitische Milizionäre die
Stadt, wobei Bewohner und Menschenrechtsgruppen über eine zusehends
katastrophalere Notlage berichteten. Dutzende Personen sollen an Hunger
gestorben sein.
Dass Abadi jetzt trotzdem den Startbefehl gab, dürfte auch politische
Gründe haben: Er muss Erfolge vorweisen, weil seine Regierung und das
Parlament im Chaos zu versinken drohen. Darüber hinaus ist der IS in
jüngster Zeit wieder zu seiner alten Taktik von massiven
Autobombenangriffen zurückgekehrt. Diese haben in in den in Bagdad letzten
Wochen mehr als 200 Tote und Hunderte von Verletzten unter den Schiiten
gefordert.
Außer irakischen Eliteeinheiten, regulären Soldaten und einigen
sunnitischen Kämpfern beteiligten sich an der Offensive indes schiitische
Milizionäre – und sie sind in der Überzahl. Tausende schiitische
Milizionäre sind im Süden und Osten aufmarschiert, unter ihnen Verbände,
die mehr oder weniger direkt unter der Fuchtel der bei den Sunniten
verhassten iranischen Revolutionswächter stehen. Der höchste schiitische
Geistliche im Irak, Grossayatollah Ali Sistani, hat die Milizen
aufgefordert, die Zivilbevölkerung zu schonen. Führende Kommandanten haben
zugesagt, nicht in die Stadt selbst einzumarschieren.
## Berichte über Erschießungen von Zivilisten
In Falluja leben weiterhin Zehntausende von Zivilisten. Hilfsorganisationen
haben von der Regierung gefordert, einen Korridor zu schaffen, damit sie
fliehen können. Aber nur wenigen gelang bisher die Flucht. Geflohene
berichten, dass die Extremisten Flüchtenden die Wege abschneiden und auch
nicht vor Erschießungen zurückschrecken. Wem die Flucht gelingt, dem
schlägt freilich das tiefe Misstrauen der Milizionäre der entgegen, die
schnell bei der Hand sind, Sunniten per se als IS-Unterstützer zu
verdächtigen. Als Befreier dürften sie angesichts dessen viele in
Falludscha nicht begrüßen.
Ähnlich ist es auch in Rakka in Syrien. Zwar sind die „Syrian Democratic
Forces“ (SDF), die offiziell die Offensive anführen, eine multiethnische
Truppe aus Arabern, Kurden und einigen Turkmenen. Doch rekrutiert wurden
sie von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), und die YPG ist
es auch, die den schlagkräftigsten Teil der SDF bildet.
Araber in der Region nördlich von Rakka werfen der YPG freilich
Vertreibungen vor. In den Augen nicht weniger Araber ist die SDF nichts
mehr als einer Söldnertruppe der Kurden. Dass die SDF nach Rakka vorstosse,
bringe viele Einwoher dazu, sich dem IS anzuschliessen, um ihre Stadt zu
verteidigen, schrieben Aktivisten von „Raqqa is Being Slaughtered Silently“
auf Twitter. SDF-Kommandanten erklärten, die Offensive richte sich nicht
gegen die Stadt selber. Vielmehr sollen die IS-Extremisten in nördliche
Regionen vertrieben werden.
26 May 2016
## AUTOREN
Inga Rogg
## TAGS
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Ramadi
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