# taz.de -- Kommentar Kampf um Falludscha im Irak: Eine Gurkentruppe namens Arm… | |
> Der Sturm auf Falludscha offenbart den kläglichen Zustand des irakischen | |
> Militärs. Doch selbst bei Erfolg: Das Problem ist ein anderes. | |
Bild: Selfie im Krieg: Soldaten der irakischen Regierungsarmee nahe Falludscha | |
Nichts könnte den erbärmlichen Zustand der irakischen Armee deutlicher | |
machen als Falludscha. Seit über zwei Jahren hält die Terrororganisation | |
„Islamischer Staat“ (IS) die irakische Stadt besetzt, ohne dass die | |
Regierungstruppen sie zurückerobern konnten. Und das, obwohl Falludscha vor | |
den Toren Bagdads liegt. 60 Kilometer sind eine ideale Entfernung, um | |
Selbstmordattentäter zu entsenden und die Drohung aufrecht zu erhalten, | |
dass der IS auch auf die Hauptstadt vorrücken könnte. | |
Nun also versucht die irakische Armee – mit Luftunterstützung der USA und | |
ihren Verbündeten – [1][den IS aus Falluduscha zu vertreiben]. Die | |
Offensive ist ein Testfall dafür, ob es Hoffnung gibt im Kampf gegen den | |
IS, denn Falludscha ist mehr als nur irgendein Ort im Irak. Die Stadt ist | |
ein Symbol. | |
Zu Saddam Husseins Zeiten war sie eine Hochburg der sunnitisch dominierten | |
Baath-Partei. Nach der US-Invasion 2003 entwickelte sie sich zum Zentrum | |
des Widerstands. Unvergessen sind die grausamen Bilder der | |
Sicherheitsberater des US-Unternehmens Blackwater, deren Leichen verbrannt, | |
durch die Straßen geschleift und an einer Brücke aufgehängt wurden. | |
In Falludscha ist der irakische Arm von al-Qaida groß geworden. Und eben | |
dieser Ableger des Terrornetzwerks benannte sich später in „Islamischer | |
Staat“ um – Dschihadisten also, denen al-Qaida nicht radikal genug war. | |
Falludscha hätte kein Refugium für Terroristen werden können, gäbe es nicht | |
auch viele Sympathisanten in der Bevölkerung. Gemeinsam hasst man die | |
Schiiten, die als Bevölkerungsmehrheit seit dem Fall Saddam Husseins das | |
Sagen haben und nun ihrerseits die Sunniten unterdrücken. | |
Genau das macht die Rückeroberung nun so kompliziert. Die irakische Armee | |
lässt sich von schiitischen Milizen unterstützen, die ihre | |
Rücksichtslosigkeit und Brutalität bereits unter Beweis gestellt haben. Die | |
Offensive auf Falludscha könnte im schlimmsten Fall auch ein Rachfeldzug | |
werden. | |
Gefangen zwischen den Fronten sind rund 50.000 Zivilisten. Falludscha wird | |
seit Monaten von der Armee belagert. Die Menschen hungern, aber der IS – | |
oder „Daesh“, wie die arabische Abkürzung lautet – lässt sie nicht aus … | |
Stadt. Von ein paar hundert Bewohnern, denen es gelungen ist zu fliehen, | |
weiß man, dass Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. | |
Männer und Jungen, die nicht bereit sind zu kämpfen, werden erschossen, | |
berichten sie. Die Lage der Familien sei verzweifelt, konstatiert die Uno. | |
Doch selbst wenn es der von Korruption geschwächten Gurkentruppe, die sich | |
irakische Armee nennt, gelingt, Falludscha zurückzuerobern: Wie soll es | |
weitergehen? | |
Der IS kann nur dann besiegt werden, wenn sich die Sunniten selbst gegen | |
ihn stellen, mitsamt der ehemaligen Baath-Partei-Militärs. Das wird nur | |
dann passieren, wenn es der irakischen Führung gelingt, alle | |
Bevölkerungsteile so in die Regierung zu integrieren, dass sie sich auch | |
wirklich vertreten fühlen. Man muss schon sehr optimistisch sein, um das | |
für wahrscheinlich zu halten. | |
31 May 2016 | |
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## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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