| # taz.de -- Parlamentswahl auf Zypern: Ein Schritt in Richtung Bundesstaat? | |
| > Im griechischen Teil Zyperns wird abgestimmt. Dabei geht es auch um | |
| > Chancen auf eine Wiedervereinigung mit dem Norden. | |
| Bild: Ist auch für einen Staat mit zwei Ländern: Präsident Nikos Anastasiades | |
| Berlin taz | Es könnte die letzte Wahl allein unter den griechischen | |
| Zyprern werden. Am kommenden Sonntag sind die Bewohner der Republik Zypern | |
| zur Abstimmung über die Mitglieder eines neuen Parlaments aufgerufen. Wie | |
| seit Jahrzehnten schon geraten im Wahlkampf Linke und Rechte aneinander und | |
| es bekämpfen sich Nationalisten und Anhänger einer gemeinsamen zyprischen | |
| Identität mit den türkischen Zyprern. | |
| Doch dieses Mal sind diese Konfrontationen nicht nur Lockerungsübungen für | |
| die Wähler. Erstmals seit über zehn Jahren besteht eine realistische Chance | |
| auf Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats. Das Ziel der Präsidenten | |
| Nikoas Anastasiadis in der griechisch dominierten Republik und seines | |
| Gegenparts Mustafa Akıncı in der nur von Ankara anerkannten „Türkischen | |
| Republik Nordzypern“ ist die Gründung eines Staats mit zwei Ländern – im | |
| Süden mit den Griechen als Bewohnern, im Norden mit den Türken. | |
| Seit einem Jahr verhandeln Anastasiadis und Akıncı über das Projekt und sie | |
| sind sich dabei immer näher gekommen. „Statt als Gegner müssen wir uns als | |
| Partner für eine bessere Zukunft sehen“, betonte Akıncı jüngst in Berlin. | |
| „Unser gemeinsames Ziel ist eine Lösung, bei der alle gewinnen“, erklärten | |
| beide am vergangenen Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung. | |
| Das Ergebnis der Wahl unter den Zyperngriechen dürfte auch ein Gradmesser | |
| dafür sein, wie weit die Bevölkerung den versöhnlichen Tönen ihres | |
| Präsidenten folgt. Zumal am Ende des Verhandlungsprozesses ein Referendum | |
| stehen wird, bei dem beide Bevölkerungsgruppen getrennt voneinander | |
| zustimmen müssen. | |
| ## Mehrheit möglich | |
| Beim letzten Einigungsversuch 2004 ging das schief: Eine Mehrheit unter den | |
| Insel-Griechen lehnte den Lösungsvorschlag von UN-Generalsekretär Kofi | |
| Annan ab, die Insel blieb geteilt. Die derzeitigen Umfragewerte unter den | |
| griechischen Parteien legen nahe, dass es dieses Mal für eine Mehrheit | |
| reichen könnte. | |
| Anders als vor zwölf Jahren unterstützt die linke Akel-Partei die | |
| Einigungsbemühungen. Zusammen mit der konservativen DISY von Präsident | |
| Anastasiadis dürfte das für knapp 60 Prozent ausreichen – auch wenn sich | |
| beide Parteien in anderen Fragen traditionell spinnefeind sind. | |
| Die DISY führt mit über 30 Prozent alle Umfragen an. Zu den Verlierern | |
| werden wohl die traditionellen nationalistischen Parteien zählen. Die | |
| liberale „Demokratische Partei“ erreicht demnach nur etwa 14 Prozent, | |
| während die linksnationalistische Edek gerade einmal auf knapp 6 Prozent | |
| kommen soll. | |
| Allerdings zeigen die Umfragen auch eine wachsende Zersplitterung der | |
| Parteien. So hat die rechtsradikale und ultranationalistische ELAM erstmals | |
| Chancen auf bis zu zwei Sitze im 56-köpfigen Parlament. Anhänger der Partei | |
| werden verdächtigt, mehrfach türkische Zyprer bei Besuchen im Süden | |
| angegriffen zu haben. Auch die Grünen, die auf Zypern auf die | |
| griechisch-nationale Karte setzen, und die populistische Bürgerallianz des | |
| ehemaligen Außenministers Giorgios Lillikas haben gute Chancen auf einen | |
| Einzug ins Parlament. | |
| ## Noch ungeklärte Fragen | |
| Anastasiadis und Akıncı hoffen, den Einigungsprozess auf ihrer seit 42 | |
| Jahren geteilten Insel noch in diesem Jahr zum Abschluss bringen zu können. | |
| Entscheidende Themen wie die Sicherheitsgarantien, die internen Grenzen | |
| oder die Frage, ob es eine rotierende Präsidentschaft an der Spitze des | |
| Bundesstaats geben wird, sind freilich noch nicht geklärt. | |
| Andererseits ist man sich in vielen anderen Punkten schon erstaunlich nahe | |
| gekommen. Jüngst seien die Verhandlungen infolge des Wahlkampfs unter den | |
| Zyperngriechen etwas ins Stocken gekommen, sagte Akıncı. Doch er bleibt | |
| auch weiterhin optimistisch. „Wenn wir das Problem jetzt nicht lösen, wird | |
| es in zehn Jahren sehr viel schwieriger werden, eine Lösung zu finden. Wenn | |
| das dann überhaupt noch möglich ist“, so Akıncı. | |
| 21 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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