# taz.de -- Klimakonferenz in Bonn: Stimmung gut, April warm | |
> Hitzerekord, zu wenig Geld und eine Konferenzleiterin aus Saudi-Arabien. | |
> Das ist die Realität der Klimadiplomatie, die sich in Bonn trifft. | |
Bild: Klimawandel in echt: 2016 lieferte den wärmsten April seit Menschengeden… | |
Berlin taz | Den Gesetzen der Physik sind die großen Worte des „Pariser | |
Abkommens“ zum Klimaschutz herzlich egal. Daran wurden die etwa 2.000 | |
Delegierten aus fast 200 Staaten zu Beginn der Woche erinnert, als sie sich | |
zur ersten UN-Klimakonferenz seit dem historischen Treffen von Paris in | |
Bonn trafen. | |
Einerseits ist die Stimmung bei den Diplomaten seit dem Pariser Abkommen | |
gut. Schließlich haben bereits fast 180 Staaten das Dokument unterzeichnet. | |
Auf der anderen Seite war der April 2016 im globalen Durchschnitt der | |
wärmste April, der je gemessen wurde: 1,1 Grad Celsius über dem Mittelwert, | |
meldete die US-Raumfahrtbehörde Nasa. Obwohl sich das Wetterphänomen El | |
Nino im Pazifik wieder abschwächt, ist 2016 damit auf dem Weg, wieder | |
einmal das wärmste Jahr zu werden, seit es Messungen gibt. | |
Umso drängender wird die Arbeit der Klimadiplomaten, die sich zu ihrer | |
regelmäßigen Halbjahreskonferenz am Sitz des UN-Klimasekretariats am Rhein | |
eingefunden haben. Sie sollen nach dem überraschenden Erfolg von Paris nun | |
in die Wege leiten, dass die Beschlüsse auch umgesetzt werden. „Paris hat | |
die Fundamente gelegt“, sagte Frankreichs Umweltministerin Segolene Royal | |
zum Auftakt des Treffens: „Jetzt geht es darum, die Wände und das Dach zu | |
bauen.“ | |
## Schneller als die Diplomatie | |
Am 12.Dezember 2015 hatten 195 Staaten dem Pariser Abkommen zugestimmt. | |
Darin legen sie fest, dass ab 2020 erstmals alle Länder, nicht nur wie | |
bisher die Industrienationen, zum Klimaschutz verpflichtet sind. Bis 2100 | |
soll der Klimawandel auf „deutlich unter zwei Grad Celsius“ begrenzt | |
werden, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad. | |
Alle Länder versprechen, eigene Klimaschutzpläne vorzulegen, die Ziele | |
transparent zu machen und ab 2018 regelmäßig darauf zu überprüfen, ob sie | |
ausreichen – was bislang nicht der Fall ist. Die UN-Staaten haben sich | |
verpflichtet, ab 2050 praktisch den Ausstoß von Treibhausgasen zu beenden | |
und den armen Staaten bei Klimaschutz und Armutsbekämpfung mit mindestens | |
100 Milliarden Dollar im Jahr beizustehen. | |
Aber Papier ist geduldig. Um die praktischen Wege dazu ringen in dieser und | |
der nächsten Woche die Verhandler in Bonn, die „nicht mehr Verhandler, | |
sondern Konstrukteure der Umsetzung sind“, wie Royal sagte. Zusammen mit | |
dem marokkanischen Außenminister (denn die nächste Klimakonferenz findet im | |
November in Marrakesch statt) hat sie einen detaillierten Plan vorgelegt, | |
wie und wann die Aufgaben umzusetzen sind. Mit einem Katalog von 51 Punkten | |
schlägt sie der Konferenz vor, welche Maßnahmen bis wann getroffen sein | |
müssen, um das Pariser Abkommen mit Leben zu füllen. | |
## Leben für das Abkommen | |
So müsse bis 2018 ein Prozess stehen, um die Klimapläne der Länder zu | |
bewerten und gleichzeitig zu klären, aus welchen Quellen die 100 Milliarden | |
Dollar fließen sollen. | |
Sobald das Pariser Abkommen in Kraft tritt – das geschieht, wenn 55 Länder | |
mit mindestens 55 Prozent der weltweiten Emissionen den Text ratifiziert | |
haben, realistisch ist das 2017 –, stehen wichtige andere Themen an: Dann | |
muss klar sein, wie überhaupt Emissionen berechnet und verglichen werden, | |
wie den armen Ländern bei der Anpassung an den Klimawandel besser geholfen | |
wird, wie Migration wegen Klimarisiken gemessen wird und wie Versicherungen | |
gegen Klimaschäden greifen sollen. Außerdem muss irgendwann über ein extra | |
heißes Eisen geredet werden: Entschädigungen nicht nur für die Opfer des | |
Klimawandels, sondern auch für die „Täter“ – wie also Staaten zu behand… | |
sind, deren Volkswirtschaft auf dem Verkauf von Öl, Kohle und Gas beruht. | |
Den direkten Blick darauf hat eine der beiden neuen Vorsitzenden, die den | |
Klimazirkus in diesem Jahr leiten: Sarah Baashan, Delegierte aus Saudi | |
Arabien, die neben der Neuseeländerin Jo Tyndall für den Fortschritt der | |
Gespräche verantwortlich ist. Die junge Frau aus dem Ölstaat hat bereits | |
erklärt, sie wolle dafür sorgen, dass die Interessen von | |
Entwicklungsländern gewahrt werden, die von fossilen Ressourcen abhängen. | |
Sie wolle dafür sorgen, dass Klimaschutz „keine negativen Auswirkungen auf | |
diese Länder hat“. | |
Das könnte die Begeisterung bei der Umsetzung der Paris-Ziele merklich | |
dämpfen. Ebenso wie die Tatsache, dass die Emissionen von Schiffen und | |
Flugzeugen, die bislang keiner Regulierung unterliegen, bis 2050 um 50 bis | |
250 Prozent steigen könnten, wie am Rande der Konferenz bekannt wurde. | |
Nötig für echten Klimaschutz ist genau das Gegenteil: Ein „steiles, | |
langfristiges Absinken ab 2020“, hieß es. | |
Und auch von der UN-Umweltbehörde Unep gab es zum Auftakt der Konferenz | |
einen Alarmruf: Die Entwicklungsländer brauchen nach einer aktuellen Studie | |
deutlich mehr Geld als gedacht, um ihre Ernährung, Transport und | |
Infrastruktur an den Klimawandel anzupassen: „140 bis 230 Milliarden Dollar | |
jährlich im Jahr 2030“, würden wahrscheinlich benötigt hieß es, „fünfm… | |
mehr als bisher geschätzt“. Derzeit fließen dafür 22,5 Milliarden. | |
18 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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