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# taz.de -- Reform der Bundesrichterwahlen: Die Black Box knacken
> Wer Bundesrichter wird, braucht – anders als vorgesehen – Unterstützer in
> der Politik. Zwei Länder wollen das nun ändern.
Bild: Nicht unbedingt die Besten schaffen's auf die Richterbank: Bundesverwaltu…
Freiburg taz | Hamburg und Schleswig-Holstein fordern eine Reform der
Bundesrichterwahlen. Künftig soll – wie im Grundgesetz vorgesehen – das
Prinzip der „Bestenauslese“ gelten. Intransparente Deals wollen die
Justizminister Till Steffen (Hamburg, Grüne) und Anke Spoorendonk
(Schleswig-Holstein, SSW) zurückdrängen. Ein entsprechender Antrag wird am
Mittwoch und Donnerstag auf der Justizministerkonferenz in Nauen
diskutiert.
Wo das Problem liegt, zeigt ein Fall, über den bald das
Bundesverfassungsgericht entscheiden muss. Eine Richterin wurde für den
Bundesgerichtshof (BGH) vorgeschlagen, hatte beste Beurteilungen ihres
Oberlandesgerichts (OLG), wurde dann aber im Richterwahlausschuss zwei Mal
nicht gewählt. Erfolg hatten bei der Wahl im März 2015 dagegen vier Frauen
und zwei Männer, darunter ein Jurist, der schlechtere Beurteilungen hatte
und noch nicht am OLG tätig war. Die nicht berücksichtigte Frau sah in
seiner Wahl einen Verstoß gegen die Bestenauslese und klagte.
Im Dezember 2015 lehnte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Klage der
Juristin ab. Zwar müsse auch bei der Wahl der Bundesrichter nach
bestmöglicher Eignung und Leistung entschieden werden. Da es sich aber um
eine geheime Wahl handelt, seien die Beweggründe nur schlecht zu
kontrollieren. Die kritisierte Wahl des Mannes sei zumindest nicht
willkürlich, denn es gebe auch Argumente, die für ihn sprächen, etwa seine
Tätigkeit als Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht. Gegen den Lüneburger
Beschluss klagt die Frau nun in Karlsruhe.
## Union und SPD einigen sich vorab
Der Richterwahlausschuss besteht aus 16 Bundestagsabgeordneten und den 16
Justizministern der Länder. Er wählt jährlich je nach Bedarf ein bis zwei
Dutzend Richter für die fünf Bundesgerichte, vom BGH bis zum
Bundessozialgericht (aber nicht für das Bundesverfassungsgericht).
Erforderlich ist eine einfache Mehrheit. In der Praxis einigen sich Union
und SPD vorab auf ein Personalpaket, das dann in geheimer Wahl bestätigt
wird.
Für die klagende Richterin war es wohl kein Vorteil, dass sie von der
niedersächsischen Justizministern Antje Niewisch-Lennartz (Grüne)
vorgeschlagen worden war. Und für ihren Konkurrenten war es sicher kein
Nachteil, dass er von einem CDU-Abgeordneten zum Kandidaten gemacht wurde
und auch Mitarbeiter des konservativen Verfassungsrichters Schluckebier
war, dem großes Interesse an der Richterwahl nachgesagt wird.
Faktisch spielen die grünen und linken Minister und Abgeordneten im
Richterwahlausschuss nur eine unbedeutende Nebenrolle. Kein Wunder, dass
vor allem aus dieser Ecke der Ruf nach einer Reform laut wird. So schlagen
Hamburg und Schleswig-Holstein unter anderem vor, dass die Wahlvorschläge
künftig zu begründen sind, um eine spätere gerichtliche Kontrolle zu
ermöglichen. Das Justizministerium prüft noch, ob es tätig werden will. Wie
man hört, will Heiko Maas (SPD) aber erst die
Verfassungsgerichtsentscheidung abwarten.
1 Jun 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Justiz
Richter
Bundesverwaltungsgericht
Bundesverfassungsgericht
Gericht
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