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# taz.de -- Geheime Studie zu BaWü und Freihandel: Grüne in der Ceta-Falle
> Eine Studie zeigt seit Monaten, wie Ceta die Daseinsvorsorge der Länder
> beschneidet. Kreschmanns Regierung wollte das geheimhalten.
Bild: Die Studie könnte beeinflussen, wie das grün-schwarz regierte Land im B…
Berlin taz | Es ist eine wichtige Frage, die Baden-Württembergs grüner
Ministerpräsident Winfried Kretschmann im letzten Jahr klären lassen
wollte: Wie wirkt sich das zwischen der EU und Kanada geplante
Freihandelsabkommen auf den politischen Gestaltungsspielraum von Ländern
und Gemeinden aus?
Denn die Antwort ist mitentscheidend dafür, wie das grün-schwarz regierte
Land im Bundesrat abstimmt, wenn dort über das Freihandelsabkommen Ceta
entschieden wird. Zu den Bedingungen, die Baden-Württemberg für eine
Zustimmung formuliert hat, gehört nämlich, dass der „umfassende
Gestaltungsspielraum“ von Ländern und Kommunen bei der öffentlichen
Daseinsvorsorge durch Freihandelsabkommen „nicht beeinträchtigt“ werden
darf.
Als Gutachter wurde der renommierte Europarechtler Martin Nettesheim von
der Universität Tübingen ausgewählt, der das Land und den Bund schon in
diversen Verfahren vertreten hat. Sein Urteil war klar: „Ceta lässt den
politischen Gestaltungsspielraum der Länder und Gemeinden in der
Bundesrepublik Deutschland nicht unberührt“, lautet der erste Satz der
Zusammenfassung. Und weiter: „Eine umfassende Freistellung von
Dienstleistungen des Allgemeininteresses findet sich in Ceta nicht.“
Beispielsweise seien weder Kultur noch die Wasserversorgung komplett
ausgenommen.
Fertiggestellt wurde das Gutachten im Dezember, die finale Fassung trägt
das Datum 8. Januar 2016. Doch die Öffentlichkeit erfuhr lange Zeit nichts
von dem brisanten Papier. Mehr als fünf Monate hielt Kretschmanns
Staatsministerium – so heißt in Baden-Württemberg die Behörde des
Ministerpräsidenten – das Gutachten zurück.
Selbst die Mitglieder des TTIP-Beirats, der die Landesregierung in
Freihandelsfragen beraten soll, wurden noch nicht einmal über die Existenz
der Expertise informiert, als sie über die Auswirkungen von Ceta auf die
Daseinsvorsorge diskutierten.
## Nur durch Zufall von der Studie erfahren
„Das ist schon ein starkes Stück, dass uns Informationen vorenthalten
wurden, die eine wichtige Grundlage für unsere Arbeit sind und unsere
Befürchtungen bestätigen“, sagt Sarah Händel, die als
Landesgeschäftsführerin des Vereins „Mehr Demokratie“ Mitglied in dem
Beirat ist. Von der Existenz des Gutachtens hat der Verein nur durch Zufall
erfahren, als ein Vorstandsmitglied Mitte Februar mit dem Verfasser
Nettesheim ins Gespräch kam – in einer Prozesspause vorm
Bundesverfassungsgericht, wo beide in einer anderen Angelegenheit und auf
verschiedenen Seiten aufeinandertrafen.
Die Bitte von „Mehr Demokratie“, die Studie zu bekommen, wurde vom
Staatsministerium zunächst abgelehnt – mit Verweis darauf, dass es noch
nicht abschließend bewertet sei. Erst als der Verein einen offiziellen
Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz stellte, gab das Haus von
Winfried Kretschmann nach – wohl im Wissen, dass man im Zweifel vor Gericht
ohnehin unterliegen würde.
[1][Seit dieser Woche steht die Studie darum nun im Internet] – auf einer
untergeordneten Webseite der Landesregierung. Eine Pressemitteilung gibt es
dazu ebenso wenig wie eine Bewertung. Über die Suchfunktion von der
Homepage aus ist das Gutachten nicht zu finden.
Kretschmanns Sprecher Arne Braun weist den Vorwurf zurück, dass die Studie
aus inhaltlichen Gründen zurückgehalten wurde: „Zu der Zeit war Wahlkampf,
und da war Ceta kein politisch virulentes Thema“.
Kretschmann hat sich bisher nicht festgelegt, wie Baden-Württemberg im
Bundesrat votieren wird. Für den Grünen-Europaabgeordneten Sven Giegold,
der für eine klare Haltung gegen Ceta kämpft, hat das Gutachten eine große
Bedeutung. „Es zeigt, dass die kommunale Daseinsvorsorge erschwert wird“,
sagte er der taz. „Deshalb sollten alle Bundesländer unabhängig von der
parteipolitischen Regierungskonstellation Ceta im Bundesrat ablehnen.“
Inhaltlich äußerte sich die Landesregierung Wegen des Feiertags in
Baden-Württemberg am Donnerstag nicht zu dem Gutachten und seinen
Konsequenzen.
26 May 2016
## LINKS
[1] https://stm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/160524_Ne…
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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