# taz.de -- ESC-Kolumne #Waterloo in Stockholm 9: Nordkette eurovisionär ausge… | |
> Im ESC-Finale am Samstag ist aus Skandinavien nur Schweden mit dabei. Und | |
> das zählt nicht, denn Gastgeberländer nehmen sowieso teil. | |
Bild: Die Norwegerin Agnete (Mitte) konnte sich mit „Icebreaker“ nicht für… | |
Stockholm taz | Stefan Raab hatte ja immer gelogen. Er war es, der nach Max | |
Mutzkes achtem Platz beim ESC 2004 in Istanbul die Mär in die Welt setzte, | |
ein deutscher Beitrag habe bei dem Ostblock-Nachbarschaftsvoting keine | |
Chance. In Wahrheit – das hätte der Erfinder von Mutzke, Lena Meyer-Landrut | |
oder auch Miterfinder von Guildo Horn wissen können – stimmte das nie. Der | |
größte Wertungsbegünstigungsblock füreinander war immer der skandinavische. | |
In allen Jahren seit ESC-Menschengedenken stand diese Nordkette wie eine | |
Eins, um sich gegenseitig Punkte zuzuschieben. Okay, hin und wieder schied | |
mal eines in der Qualifikationsrunde aus. Aber nicht so wie in Stockholm: | |
das volle Desaster. Gestern abend wurde auch noch die dänische Boyband | |
Lighthouse X mit „Soldiers of Love“ in die Pophölle geschickt – es war | |
einfach grottig. Ebenso die Norwegerin Agnete mit „Icebreaker“, eine | |
ästhetische Mixtur aus Elektrogebummsel und Musicalschlusshymne – das ödete | |
dann doch so an, dass die Daumen sich senkten. | |
Nun ist nur noch Schweden verblieben, aber das zählt eigentlich nicht, denn | |
der aus Ystad stammende Sänger Frans mit „If I Were Sorry“ ist ja | |
garantiert im Finale: Gastgeberländer müssen nicht zittern, ob sie schon | |
vor dem Grand Final aussortiert werden. | |
Und nun zu den Gewinnern: Die Ukrainerin Jamala, die gestern gesprächsweise | |
beteuerte, sie wisse auch nicht, ob sie zum ESC passe, denn ihr Lied | |
„1944“, eine Klageschnulze stimmlich anspruchsvollster Art, handelt ja von | |
Biographischem, nämlich der Deportation ihrer Angehörigen vor mehr als 70 | |
Jahren – von der sowjetischen Krimhalbinsel weg in den asiatischen Teil der | |
UdSSR. Mit heiligem, fast tränendem Ernst hat die sonst als Popsängerin im | |
postsowjetischen Raum arbeitende Frau das Finale erreicht, ließ sich auf | |
der Pressekonferenz von Fans Blumen überreichen und heulte danach fast | |
wirklich. | |
Somit sind schon am Vorabend des Grand Final politisch alle elektrischen | |
Drähte fein von Schutzhüllen befreit worden: Armenien und Aserbaidschan | |
sind gemeinsam in der Endrunde – und die Frage wird sein, ob die Dame aus | |
Erewan wieder die Flagge Bergkarabachs schwenken wird – und daraufhin | |
umgehendst disqualifiziert würde. Und mehr noch: Wie bedenken sich die | |
Ukraine und Russland mit Punkten? Wie verkraftet der Russe Sergej Lazarev, | |
dass Donnerstag ein Video von einem kremlhörigen Journalisten ausgekramt | |
wurde, auf dem eine ukrainische Journalistin auf dem Maidan den russischen | |
Sänger fragt: Wie denken Sie über die Krim – gehört die zur Ukraine? Und | |
der Popsänger antwortet: Ja. | |
Er soll nach dieser Aussage eine weniger gute Zeit in Russland gehabt haben | |
– aber jetzt soll er gewinnen, er muss, sonst sind viele in seinem Land | |
sauer. | |
Gefeiert wird schon einer, und zwar in Israel. Hovi Star ([1][hier im | |
Gespräch] vor dem Semifinale) schaffte den Sprung in die Endrunde und setzt | |
damit die schöne Tradition offen queerer Acts fort. Für ihn, so sagt Hovi | |
Star, sei die Eurovision ein Traum – und ihm wichtiger als für andere | |
Hochzeiten, Weihnachten oder Chanukka. Er lebt den Traum offenkundig mit | |
Lust! | |
13 May 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.eurovision.de/videos/2016/Interview-mit-ESC-Teilnehmer-Hovi-Star… | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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