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# taz.de -- Linkspartei will Willy-Brandt-Hilfskorps: „Ab heute gehört der u…
> Die Linke will die Armee verkleinern – zugunsten eines
> „Willy-Brandt-Korps“. Nun wird gestritten, wem der ehemalige SPD-Kanzler
> „gehört“.
Bild: Schlechte Laune bei der SPD: Die Linken wollen ihr den Altkanzler klauen
Berlin taz | Viel wird nicht mehr los sein, wenn der Bundestag am
Donnerstag über Willy Brandts Erbe berät. Der entsprechende Antrag der
Linksfraktion steht auf Platz 16 der Tagesordnung. Eine halbstündige
Debatte, lange nach 20 Uhr. Es wäre schon eine Überraschung, wenn dann noch
mehr als zwei Dutzend Abgeordnete im Plenum säßen.
Dabei geht es in der Debatte um Krieg und Frieden, um Menschenleben und die
große Frage, wem der Altkanzler im Jahr 2016 gehört: der SPD oder der
Linkspartei.
Im Antrag fordern die Linken ein „Willy-Brandt-Korps für solidarische
humanitäre Hilfe“ – eine Truppe also, die bei Erdbeben, Dürren oder Seuch…
in aller Welt zu Hilfe eilt. Die Bundeswehr soll Geld und Ausrüstung an die
Helfer abgeben, von Flugzeugen über Fahrzeuge bis zu Feldkrankenhäusern.
Unter dem Dach der neuen Institution soll die Logistik dann privaten
Organisationen wie dem Roten Kreuz und öffentlichen Organisationen wie dem
THW zur Verfügung stehen.
Hilfseinsätze der Bundeswehr wie in der Ebola-Krise wären dann
Vergangenheit. Zur Begründung heißt es im Antrag, die Armee „verfügt zwar
über große Ressourcen und hält diese auf Abruf bereit, ist aber auf das
Führen von Kriegen spezialisiert, nicht auf Katastrophenhilfe“.
## Kommt bei der SPD schlecht an
Und was hat Willy Brandt damit zu tun? „Mit dem Namen wollen wir uns auf
seine friedlichen Überzeugungen beziehen“, sagt die linke Abgeordnete Inge
Höger.
Dass die Linkspartei so offen für die SPD-Ikone schwärmt, kommt bei den
Sozialdemokraten nicht gut an – ebenso wenig wie das Konzept des Hilfskorps
an sich. Der Abgeordneten Ute Finckh-Krämer zufolge sind in den vergangenen
Jahren bereits die Kapazitäten des THW für „verlässliche technische und
logistische Unterstützung humanitärer Hilfe“ ausgebaut worden.
Sie sagt: „Der Antrag vermischt das fünf Jahre alte Projekt von Oskar
Lafontaine, das THW neu zu erfinden, mit der aktuellen Diskussion um den
dramatisch angestiegenen Bedarf an humanitärer Hilfe weltweit. Einen
solchen Missbrauch seines Namens hat Willy Brandt nicht verdient.“
Tatsächlich ist die Idee nicht neu. Zwar bringt die Linkspartei das Korps
zum ersten Mal in den Bundestag ein, weil Ende Mai ein UN-Gipfel zur
humanitären Hilfe stattfindet. Im Parteiprogramm steht die Forderung aber
schon länger.
## Wo bleibt der internationale Anspruch?
Die Initiative dazu kam auf dem Parteitag 2011 von Lafontaine, der die
Sozialdemokraten seit seinem Austritt aus der SPD immer wieder provoziert.
„Die jetzige sozialdemokratische Führung ist geschichtsvergessen. Wir aber
dürfen diesem Irrtum nicht verfallen“, sagte er damals.
Die Linkspartei solle sich auf Brandt berufen, weil sich dieser für ein
friedliches Deutschland eingesetzt habe. Gregor Gysi setzte noch einen
drauf: Weil die SPD deutschen Kriegseinsätzen zustimme, gehöre ihnen Willy
Brandt nicht mehr. „Ab heute gehört der uns!“, sagte er.
Schon damals tobte die SPD. Aber auch in der Linkspartei war der Name
umstritten: Nicht alle Delegierten wollten sich Brandt zum Vorbild nehmen.
Schließlich steht dieser nicht nur für seine Entspannungspolitik, sondern
auch für Maßnahmen wie den Radikalenerlass, der Hunderte Berufsverbote
bewirkte. Auch unter aktuellen Linken-Abgeordneten gibt es Vorbehalte.
Fraktionsmitglied Halina Wawzyniak stimmte nach eigenen Angaben in einer
internen Sitzung gegen den Antrag, sowohl wegen des Namens als auch aus
inhaltlichen Gründen. Insgesamt gab es ihr zufolge drei Nein-Stimmen.
Weit mehr Gegenstimmen sind am Donnerstag Abend aus den übrigen Fraktionen
zu erwarten: Gegen das Willy-Brandt-Korps sind neben SPD und Union auch die
Grünen. „Mich stört, dass das eine völlig nationale Veranstaltung wäre, d…
eigentlich durch ein Kreisky-Korps, ein De-Gaulle-Korps und ein
Churchill-Korps ergänzt werden müsste. Dabei geht die Tendenz in der
humanitären Hilfe in die andere Richtung: Die meisten Organisationen
internationalisieren sich“, sagt der Abgeordnete Tom Koenigs.
(In einer früheren Version des Artikels hieß es: „Auch unter aktuellen
Linken-Abgeordneten gibt es solche Vorbehalte, Widerstand gegen den
aktuellen Antrag leistete in der Fraktion aber niemand.“ Die Aussage
beruhte auf Angaben aus Fraktionskreisen.)
12 May 2016
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
SPD
Bundeswehr
Willy Brandt
Oskar Lafontaine
Parteitag
SPD
Flüchtlinge
Kanzlerkandidatur
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