Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Medien und Pushnachrichten: +++ Eil: Eilmeldungen sind out! +++
> Um die Zugriffe auf ihre Seiten zu erhöhen, haben die Redaktionen
> Pushnachrichten entdeckt. „Eilen“ ist nun Teil ihrer Strategie. Was soll
> das?
Bild: Wenn die Eilmeldung aufploppt, ist man mit nur einem Tipser auf der Nachr…
Ein paar Tage vor Weihnachten hatte der Eilmeldungswahnsinn bei Spiegel
Online (SPON) seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. „Eilmeldung – Wir
haben ‚Star Wars – Das Erwachen der Macht‘ vorab gesehen – hier ist die
Filmkritik“, hieß es auf den Displays der gut eine Million Nutzer der
SPON-App, die auch die Eilmeldungen abonniert haben. Um neun Uhr sitzen
viele noch am Frühstückstisch. Perfekte Lesezeit.
Matthias Streitz, der sich selbst „minister of mobile“ von SPON nennt,
lacht verlegen. „Dass da ‚Eilmeldung‘ davorstand, war eine kleine
Überraschung am Newsdesk“, sagt Streitz. Er ist selbst Chef vom Dienst in
der obersten Etage des Hamburger Spiegel-Hauses. Er meint: Die Meldung lief
ordentlich schief.
Dass News-Apps zu oft von sich hören lassen, ist kein subjektiver Eindruck.
Es hat im Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer System. „Man muss sich ein
bisschen von der Idee befreien, dass Push-Meldungen notwendigerweise
Eilmeldungen sind“, sagt SPON-Mobilstratege Streitz, „Push-Meldungen sind
inzwischen ein relativ breites Genre und in dieser Gemengelage sind
Eilmeldungen nur ein Bestandteil.“
Auch die „Tagesschau“ geht in die Offensive. Die Redaktion löst nicht nur
bei Anschlägen und Rücktritten den „Tagesschau“-Gong ihrer App aus, sonde…
auch, um auf einen „Brennpunkt“ hinzuweisen oder auf brisante eigene
Geschichten.
Zuletzt hat tagesschau.de etwa per Benachrichtigung auf Zuwachs im eigenen
Panama-Papers-Dossier hingewiesen („die Deutschen“). Online-Chefin
Christiane Krogmann sagt, das sei „ein Mehrwert gewesen, weil wir exklusiv
sehr viel Material dazu hatten“. Bei Exklusivität sinke die Schwelle, wenn
es denn tatsächlich eine neue Entwicklung gebe. Auch Krogmann spricht
jedoch von „einer Push-Meldung, nicht unbedingt Eilmeldung“.
## Für nachts: „Silent Push“
Tatsächlich fehlt Mitteilungen zunehmend dieser Zusatz. Damit es sich nicht
irgendwann ausgepusht hat, weil Nutzer genervt Mitteilungen deaktivieren
oder sogar News-Apps löschen, versuchen die Redaktionen gegenzusteuern.
Die „Tagesschau“ etwa überlege sich inzwischen nachts sehr gut, ob eine
Push-Meldung sein müsse – man wolle ja niemanden unnötig aus dem Schlaf
reißen. SPON wiederum hat den „Silent Push“ eingeführt: Das Handy bleibt
bei einer neuen Mitteilung stumm. Es vibriert nicht mal.
Krogmann sagt, auch die „Tagesschau“ denke über Benachrichtigungen ohne
Gong nach. Auch für ihr Portal seien Push-Meldungen „wichtig, um damit auch
den User stärker zu binden“. Die Zugriffe gingen nach dem Versand einer
Mitteilung jedenfalls deutlich nach oben, das sei „ein wichtiger Fakt, dem
wir folgen“, sagt die Online-Chefin.
Verglichen mit anderen Redaktionen sind „Tagesschau“ und SPON noch immer
deutlich zurückhaltend mit Push-Meldungen. Streitz hat die Auswüchse der
Entwicklung zuletzt sogar gesammelt. Schon mit dem Titel seines Blogs auf
der Plattform Tumblr bezog er Position: „Das ist keine Eilmeldung! Man muss
nicht jeden Unsinn als Push raushauen. Wirklich nicht.“
Oft vertreten sind dort die Mitteilungen von Promi-Seiten, aber auch der
deutschen Ausgabe der Huffington Post. Während JournalistInnen unter dem
Schlagwort „Clickbaiting“ noch über zu effekthascherische Schlagzeilen in
Netz diskutieren, hat die HuffPo die Disziplin „Pushbaiting“ etabliert.
Steitz’ Blog vervollständigen könnte diese jüngste Mitteilung: „Polizist…
stürmen eine Wohnung in Bayern – was sie vorfinden, ist der reine Horror.“
Gleichzeitig arbeiten allerdings auch seriöse Redaktionen weiter am Genre
„Push-Meldung“. SPON etwa will Nutzern demnächst ermöglichen, einzelnen
Ereignissen per „Push“ zu folgen.
Mit der Welt hat wiederum auch hierzulande eine erste Redaktion begonnen,
Eilmeldungen mit Emoticons zu versehen. Zu viel des Guten? Eher nicht, sagt
SPON-Mobilstratege Streitz, denn: „So ein Medienhaus ist harmlos im
Vergleich zu einen WhatsApp-Stream, der dich vollballert mit
Push-Mitteilungen.“
29 Apr 2016
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Medien
Smartphone
Nachrichten
Online-Journalismus
Großbritannien
Tagesschau
Spielfilm
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schwangerschafts-App: Kopf hoch und Platz da!
Zwei neue Apps eines Anbieters sollen dafür sorgen, dass schwangere Frauen
im öffentlichen Nahverkehr künftig nicht mehr stehen müssen.
Urteil im Streit um Rundfunk-Apps: „Tagesschau“-App war illegal
Die ARD hat den Rechtsstreit um die „Tagesschau“-App verloren.
Zeitungsverlage hatten gegen sie geklagt, weil sie den Markt verzerre.
Arte-Film „Seit du da bist“: Nouvelle Vague trifft Degeto
Michael Hofmanns „Seit du da bist“ versucht krampfhaft, keine Schmonzette
zu sein, will aber auch niemandem wehtun. Das passt nicht.
Kolumne Macht: Wanderzirkus Vorwahlen
Der Hype um die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten hält an:
Das, was sich dort abspielt, lässt sich nicht satirisch zuspitzen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.