| # taz.de -- Homophobie unter Schutzsuchenden: Kein Schutz für schwule Flüchtl… | |
| > GegenFlüchtlinge, die von der heterosexuellen Norm abweichen, häufen sich | |
| > in den Erstaufnahmen die Übergriffe. | |
| Bild: Anonym hinter der Regenbogenfahne: Viele Flüchtlinge sehen sich aus Furc… | |
| HAMBURG taz | Die Liste ist lang. Diverse Übergriffe gegen Flüchtlinge, | |
| deren sexuelle Identität von der heterosexuellen Norm abweicht, hat das | |
| Hamburger Magnus Hirschfeld Centrum (MHC) aufgelistet. Beschimpfungen, | |
| Beleidigungen, Spott aber auch tätliche Angriffe gegen schwule, | |
| intersexuelle oder transsexuelle Flüchtlinge sind demnach keine Einzelfälle | |
| und die bekanntgewordenen Übergriffe wohl nur die Spitze des Eisberges. | |
| Denn viele der Betroffenen, da sind sich die Beratungsstelle MHC und der | |
| Hamburger „ Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge“ einig, „outen“ si… | |
| nicht aus Angst vor weiteren Repressalien durch Mitflüchtlinge. „Die | |
| meisten verstecken ihre Homosexualität“, glaubt Christiane Kuhrt, die | |
| Sprecherin des Koodinierungsstabs. Viele Schutzsuchende kämen aus Ländern, | |
| in denen sie wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt und mit Knast oder | |
| gar Folter bedroht wurden. | |
| Aufgrund der Übergriffe fordern das MHC aber auch die Queergrün, eine | |
| Landesarbeitsgemeinschaft der Grünen, schon lange eigene Unterkünfte für | |
| sogenannte LGBTI-Flüchtlinge (deutsch: lesbisch, schwul, bisexuell, | |
| transsexuell/transgender und intersexuell), wie es sie seit Wochen bereits | |
| in Nürnberg oder Berlin gibt. | |
| Doch in Hamburg, teilt die Koordinierungsstelle mit, sei für | |
| LGBTI-Flüchtlinge „derzeit keine eigene Unterkunft in Planung“. In zwei | |
| Erstaufnahmeeinrichtungen in den Hamburger Stadtteilen Rahlstedt und | |
| Harburg-Fischbek gebe es „abgetrennte Bereiche für besonders schutzwürdige | |
| Personen“, in denen bis zu 18 Flüchtlinge untergebracht werden könnten. | |
| Doch die werden momentan nicht genutzt. „Von den Betreibern wurde gemeldet, | |
| dass es derzeit keinen Bedarf gibt“, lautet die Auskunft der | |
| Koordinationsstelle. | |
| Oliver Fischer, den stellvertretenden Sprecher der Arbeitsgemeinschaft | |
| Queergrün, wundert das nicht. Durch eine getrennte Unterbringung auf dem | |
| Gelände einer normalen Erstaufnahme würden LGBTI-Flüchtlinge erst recht | |
| stigmatisiert und könnten „zur Zielscheibe werden“, befürchtet der Grüne. | |
| Daher sei eine getrennte Unterbringung wie in Berlin notwendig, deren | |
| Adresse nicht in öffentlich bekannt sei. | |
| Die Hamburger Behörden geben an, ihnen lägen „keine weiteren Erkenntnisse | |
| über das tatsächliche Ausmaß von Gewalt“ gegen LGBTI-Flüchtlinge vor, „… | |
| nicht jeder Übergriff zu einer Beschwerde oder Anzeige führt“. | |
| Steve Behrmann vom MHC weiß da mehr. Immer wieder, berichtet er der | |
| Hamburger Schwulen-Postille Hinnerk, riefen MitarbeiterInnnen der | |
| Erstaufnahmen an und suchten Hilfe: „Wir haben hier einen jungen Schwulen, | |
| der wurde geschlagen, der war im Krankenhaus, der muss hier weg, was könnt | |
| ihr machen?“ | |
| Mangels Alternativen hat das Centrum mehrere Betroffene privat | |
| untergebracht. Bedarf sieht Behrmann anders als die Hamburger Behörden | |
| genug: Würde die Beratungsstelle ihr Hilfeangebot für Flüchtlinge, die | |
| aufgrund ihrer Sexualität verfolgt werden, bewerben, würde sie vermutlich | |
| „überrannt werden“. Ähnlich ist die Lage in Bremen. Dort gebe es rund 500 | |
| LGBTI-Flüchtlinge, schätzt Anna Koddenbrock vom dortigen Rat&Tat-Zentrum. | |
| Zwar gibt es entsprechende Zahlen für Hamburg, das weit mehr Flüchtlinge | |
| als Bremen aufnimmt, nicht, doch schon aufgrund der jetzigen | |
| Beratungsnachfrage fordert Steve Behrmann „unbedingt“ eine gesonderte | |
| sichere Unterkunft für LGBTI-Flüchtlinge. Die aber ist in Hamburg kein | |
| Thema. | |
| Statt separate Unterbringungen anzubieten, will der rot-grüne Senat bis zum | |
| 31. August „einrichtungsspezifische Gewaltschutzkonzepte“ für die | |
| Flüchtlingsunterkünfte erarbeiten. Das aber sei „noch eine kleine | |
| Ewigkeit“, klagt der Grüne Fischer, der weiß, dass viele diskriminierte und | |
| von Übergriffen bedrohte Flüchtlinge schon heute dringend Hilfe benötigen. | |
| 24 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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