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# taz.de -- Eon droht AKW-Gegnern: Neuer Kampf um Brokdorf
> Der Energiekonzern Eon droht dem AKW-Gegner Karsten Hinrichsen mit einer
> Klage. Der hatte in einem Flugblatt behauptet, Atommeiler würden krank
> machen.
Bild: Alle Jahre wieder: Gedenktag gegen Tschernobyl vor dem AKW Brokdorf.
HAMBURG taz | Karsten Hinrichsen ist voller Vorfreude: „Nur zu“, sagt der
Atomkraftgegner aus dem schleswig-holsteinischen Brokdorf zu der Drohung
des Energiekonzerns Eon, ihn wegen angeblich falscher Tatsachenbehauptungen
über die Gefährlichkeit des dortigen AKWs zu verklagen. Das hat
Kraftwerksleiter Uwe Jorden dem Urgestein der Anti-Atom-Bewegung in einem
Brief angekündigt, welcher der taz vorliegt. Und das sei „ernst gemeint“,
bestätigt Hauke Rathjen, Kommunikationsreferent des im Urlaub weilenden
Jorden, am Donnerstag.
Worüber Kraftwerksleiter Jorden sich empört ist die Aussage: „Schon der
Normalbetrieb macht krank, insbesondere Kinder.“ Dieser Satz findet sich in
einem Demo-Flyer zum Tschernobyl-Gedenktag, der am kommenden Sonntag mit
einer Protest- und Kulturmeile vor dem Atomkraftwerk Brokdorf begangen
werden soll. „Ab drei vor zwölf“ informieren dort mehr als 20 Umweltgruppen
und Parteien über ihre Forderung, „Brokdorf abzuschalten“ und die weitere
Produktion von Atommüll zu verhindern.
Daran stört Jorden sich ebenso wenig wie an den seit 1986 monatlich
stattfindenden Mahnwachen vor dem Atommeiler, wohl aber an der aus seiner
Sicht „falschen und ehrenrührigen Aussage“, dass der Alltagsbetrieb des
Meilers an der Unterelbe hohe gesundheitliche Risiken für die Anwohner und
vor allem Kinder habe. Dadurch werde „die Arbeit unserer Mitarbeiter in
erheblichem Maße diskreditiert und der gesamten Region Schaden zugefügt“,
schreibt Jordens an Hinrichsen. Zudem schüre dieser mit solchen
Falschbehauptungen „völlig unbegründete Ängste vor Gesundheits- und
Umweltgefahren, die tatsächlich in keiner Weise existieren“. Sollte
Hinrichsen solche Behauptungen nicht künftig unterlassen, „behalten wir uns
vor, gegen derartige Veröffentlichungen rechtliche Schritte einzuleiten“,
schreibt der Kraftwerksleiter.
Der pensionierte Meteorologe Hinrichsen kann in dem angegriffenen Satz
„keine Falschdarstellung erkennen“, schreibt er in seiner Antwort an Jorden
und verweist auf „die Kinderkrebsstudie KiKK aus dem Jahr 2007“. Diese habe
einen „statistisch signifikanten epidemiologischen Zusammenhang zwischen
der Häufigkeit der Erkrankungen von Kindern an Leukämie und der Nähe von
deren Wohnort zu einem AKW nachgewiesen“, so Hinrichsen.
Das sei „nicht stichhaltig“, widerspricht Rathjen. Weder diese noch andere
Studien würden belegen, „dass der normale Betrieb von Kernkraftwerken zu
solchen Krankheiten führen“. Deshalb führten Hinrichsens Darstellungen zu
einem falschen Bild in der Öffentlichkeit. Wenn er das wiederhole, müsse
das Unternehmen „wohl reagieren“, sagt Rathjen. Das AKW Brokdorf, einst vom
Stromkonzern Preußen Elektra zusammen mit den Hamburgischen
Electricitäts-Werken (HEW) errichtet, gehört zu 80 Prozent dem Essener
Energiemulti Eon und zu 20 Prozent Vattenfall, die Betriebsführerschaft
liegt bei Eon.
„Sollen sie mich doch vor Gericht zerren“, sagt der 73-jährige Hinrichsen.
Es gebe mehrere Studien, die Zusammenhänge zwischen Blutkrebs-Erkrankungen
und dem Betrieb von Atomreaktoren nahelegten: „Die Leukämierate in der Nähe
von AKWs steigt statistisch“, beharrt er, der sich „den Mund von niemandem
verbieten lassen“ will. Jordens Angebot zu einem „klärenden Gespräch“ w…
er dennoch aufgreifen, gerne zusammen mit Fachleuten und in Form eines
„öffentlichen Informationsaustausches“.
Eine Klage jedenfalls scheue er nicht, sagt Hinrichsen. „Viele
Sachverständige, viele Gutachten, viel Interesse der Medien und der
Öffentlichkeit – auf diesen Prozess freue ich mich jetzt schon.“
21 Apr 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Eon
Brokdorf
Atom
Schwerpunkt Atomkraft
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Atomkraftwerk
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Energiewende
Atommüll
Atomausstieg
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