# taz.de -- Sampler „Refugees Welcome“: Keine Nation lieben | |
> Die Macher des Samplers „Refugees Welcome“ wollen ein Gegengewicht zu | |
> Rassisten, AfD und Pegida schaffen. Die Erlöse gehen an Initiativen gegen | |
> rechts. | |
Bild: Deutliche Botschaft – jetzt auch als Sampler | |
Wir sind viele. Das ist nicht nur der Titel eines Tocotronic-Songs. Das, so | |
könnte man sagen, ist auch die einfache, schlichte und nötige Botschaft des | |
heute erscheinenden Samplers „Refugees Welcome – Gegen jeden Rassismus“. | |
Enthalten sind darauf 22 Songs von eben zum Beispiel Tocotronic-Sänger Dirk | |
von Lowtzow – der hier allerdings mit seinem Spontanprotestsong „Fuck You | |
Frontex“ vertreten ist-, Frittenbude oder Feine Sahne Fischfilet. Der | |
Anlass für die Kompilation dürfte klar sein: Den Machern liegt es daran, | |
nach mehr als 500 Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte im vergangenen Jahr, | |
nach dem Erstarken von AfD, Pegida und dem rechtspopulistischen Spektrum | |
ein Gegengewicht zu schaffen. | |
Testcard-Mitherausgeber Jonas Engelmann und Torsten Nagel, die das Album | |
zusammengestellt haben, versammeln – zum Teil exklusive – prominente | |
Künstler der Popszene. Alle Erlöse der Albumverkäufe, das in den Formaten | |
CD und Doppel-LP erhältlich ist, fließen an lokale Initiativen gegen | |
rechts. | |
Folgerichtig umfasst die Kompilation fast das gesamte Spektrum linker | |
musikalischer Subkulturen und bringt Szenen zusammen, die sonst meist eher | |
wenig miteinander zu tun haben. Die Düsseldorfer HipHop-Crew Antilopen Gang | |
ist etwa mit ihrem Hit „Beate Zschäpe hört U2“ vertreten. Ihren Text soll… | |
man auf Stammtischbierdeckel drucken oder mit AfD-Twitteraccounts hacken. | |
Mit der Wiener Künstlerin Gustav, die einen Chanson-Popsong beisteuert, und | |
der Münchener Noiserock-Frauenband Candelilla sind weibliche Stimmen und | |
Sprecherinnen vertreten. Also nicht nur: Wir sind viele. Sondern auch: Wir | |
sind vielfältig. | |
Im Beiblatt finden sich Informationen über die Flüchtlings- und | |
Asylsituation in Deutschland und der EU sowie über rechtspopulistische und | |
-extreme Gruppen hierzulande. Sie richten sich wohl vor allem an ein | |
jüngeres Publikum oder an Leute, die jetzt gerade beginnen, sich mit der | |
gesellschaftlichen Situation im Land auseinanderzusetzen. Die Inhalte | |
dürften für viele nichts Neues sein. Auch könnte man manche Songs zu | |
plakativ und verkürzt finden, aber das sei an dieser Stelle mal nachrangig. | |
Das Geld, das zusammenkommt, wird in Clausnitz, Freital, Dortmund und | |
anderswo dringend benötigt. | |
Und es geht ja auch weniger plakativ: Die Stuttgarter Postpunks von Human | |
Abfall etwa wiederholen in ihrem Song „Vom Grund der Haltung zur | |
Grundhaltung“ monoton die Verse: „Über andere Kulturkreise kann (will) ich | |
mir kein Urteil erlauben“, „Seit heute bin ich nicht mehr der traurigste | |
Mensch Europas“ und, in Anlehnung an Gustav Heinemanns berühmtes Zitat, | |
„Ich liebe keine Nation / ich liebe meine Frau und meine Kinder“. Das | |
klingt frisch und aber auch dringlich. | |
Dass man politisch sein kann und zugleich unterhaltsam, zeigt die | |
hoffentlich bald weltbeherrschende Punkband Pisse, die übrigens aus | |
Hoyerswerda stammt. Sie unterlegt ihren Song „Scheiß DDR“ mit einigen | |
Samples des Moderators und taz-Autors Klaus Walter, der ihren Songtext | |
liest. Aus „Scheiß DDR“ wird „Scheiß BRD“ wird „Scheiß Europa“. … | |
es fricklige Synthies – und fertig ist der launige Anti-Nazi-Hit. | |
8 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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