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# taz.de -- Parteitag der kubanischen KP: „Ohne Eile, aber ohne Pause“
> Kubas Staatschef Raúl Castro betont zum Auftakt des 7. Parteitags, die
> Wirtschaft solle sich weiter öffnen. Als Vorbilder nennt er China und
> Vietnam.
Bild: Mit erhobenem Zeigefinger: Raúl Castro auf dem 7. Parteitag
Havanna taz | „Die Partei ist heute die Seele der Revolution“ – ein
Transparent mit diesem Satz hängt im Palacio de Convenciones über rund
tausend Delegierten der kommunistischen Partei (PCC) Kubas. Hier in der
kubanischen Hauptstadt Havanna treffen sie sich bis einschließlich Dienstag
zum 7. Parteitag der PCC.
Es ist der erste Kongress nach dem Reformparteitag von 2011, bei dem eine
Agenda für die vorsichtige Öffnung der Wirtschaft beschlossen wurde.
Außerdem treffen sich die kubanischen Kommunisten zu diesem Zweck erstmals
hinter geschlossenen Türen. Und es ist der erste Parteitag nach dem
historischen Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama – das
Treffen der Delegierten fällt mitten in die Annäherung zwischen Kuba und
dem bisherigen Erzrivalen USA.
Dabei geht es auf diesem Parteitag nicht nur um die Formulierung eines
Wirtschaftsprogramms bis 2030, sondern auch darum, wie die kubanische
Revolution für die Zukunft fitgemacht werden kann. Eine Abkehr vom
Einparteiensystem gehört dazu nach Auffassung von Staats- und Parteichef
Raúl Castro jedenfalls nicht – das lehnte Castro bereits bei der Eröffnung
am Samstag ab. Mehrfach beschwor der Staatschef in seiner Auftaktrede die
„Unidad“, die Einheit von Partei und Bevölkerung, und zitierte seinen
Bruder, die Revolutionsikone Fidel Castro.
Am Kurs der wirtschaftlichen Öffnung jedoch ließ der Staatschef keinen
Zweifel. „Ohne Eile, aber ohne Pause“, so Castro. Er wünscht sich die
Wirtschaft der Insel „souverän, prosperierend und nachhaltig“. Doch diese
ist trotz der Reformen der letzten Jahre nicht wie gewünscht gewachsen.
Fünf bis sechs Prozent Wachstum sollte die Reformagenda der Partei, die
sogenannten Lineamientos, bringen. Eine solche Marge braucht Kuba nach
Ansicht von Ökonomen, um Abwanderung zu stoppen und eine neue produktive
Infrastruktur aufzubauen.
## Reformen in sehr kleinen Schritten
Doch seitdem lag das Wachstum bei durchschnittlich zwei Prozent – mit
Ausnahme von 2015, wo die Wirtschaft um vier Prozent wuchs. Eine Ursache
dafür ist, dass die Reformen nur in sehr kleinen Schritten vorankamen. Nur
21 Prozent der 313 im Jahr 2011 verabschiedeten Maßnahmen wurden umgesetzt.
Die Verantwortlichen aus der Politik zögern, sie fürchten eine externe
Einflussnahme. Parteimitglied Esteban Morales erklärt: „Die USA versuchen,
über den Privatsektor in Kuba Einfluss zu nehmen.“ Sie hofften „auf die
Entstehung einer neuen Mittelschicht in Kuba, aus der eine politische
Opposition erwachsen könnte“, schildert der Spezialist für die
kubanisch-US-amerikanischen Beziehungen. Zahlreiche US-Firmen hoffen im
Zuge der Annäherungen auf das große Geschäft auf der Insel.
Skeptische Töne waren auch in Raúl Castros Auftaktrede nicht zu überhören.
Viele Entscheidungen Obamas seien zwar positiv, aber nicht ausreichend,
kritisierte er. Kubas Staatschef stimmte damit in den Chor derjenigen ein,
die die Visite des US-Präsidenten im März als wenig wegweisend bezeichnet
hatten. Raúl Castro fordert von den USA weitere Signale und vor allem das
Ende des Embargos.
## Keine marktfreundlichen „Schocktherapien“
So sehr der kubanische Staatschef die vorsichtige Öffnung der Wirtschaft
auch guthieß – marktfreundliche „Schocktherapien“ schloss er für die
Inselökonomie aus. „Im kubanischen Sozialismus werden nie neoliberale
Rezepte verwendet“, versprach er. Als Vorbild für das neue ökonomische
Modell, an dem in den kommenden Tagen hinter verschlossenen Türen gefeilt
werden soll, nannte Castro die kommunistisch regierten Länder China und
Vietnam.
Kritik gab es vom kubanischen Staatschef für die überbordende Bürokratie
auf der Insel, die viele Prozesse extrem langwierig macht. So dauert etwa
die Überschreibung von Immobilien zwischen zwei und vier Jahre. Raúl Castro
machte diese Probleme auch dafür verantwortlich, dass die angestrebten
Reformen der staatlich gelenkten Wirtschaft verschleppt worden seien.
Die Umstrukturierung dauert. Doch vor allem die jüngere Generation ist des
Wartens müde. Zudem läuft auch der kubanischen Führungsspitze die Zeit
davon: Castro machte erneut deutlich, dass mehr als zwei Legislaturperioden
in Amt und Würden nicht drin sind. Sein Mandat endet im April 2018.
Beruhigend für manche: Im Vorfeld des Parteitags gab es auch Gerüchte, dass
der Staatschef vorzeitig aufgeben könnte.
17 Apr 2016
## AUTOREN
Karl Kaufmann
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