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# taz.de -- Bio-Landwirtschaft auf Kuba: Gemüse von unten
> Kuba lebt von Importen, der kubanischen Landwirtschaft geht es schlecht.
> Der ganzen? Nein, Bio-Genossenschaften boomen.
Bild: Gewusst wie: Salat im kubanischen Sommer anzubauen ist nicht einfach
Die Schlange am Verkaufsstand des Vivero Alamar ist lang. „Nichts
Ungewöhnliches am Wochenende, denn wir bieten fast alles an Lebensmitteln,
was eine Familie so braucht. Auch Reis und Fleisch, aber das meiste kommt
frisch vom Acker“, sagt Ivany González.
Der schlaksige 42-Jährige ist einer aus dem Team, das für den Nachschub an
Kopfsalat, Lauchzwiebeln, Petersilie und Co. zuständig ist. 238 Salatköpfe
sind heute schon über den Tresen gegangen, und bis zum Mittagessen gegen 13
Uhr werden noch ein paar Dutzend weitere folgen, ist er sich sicher. Dann
ist Schluss, denn „mittags steht die Sonne so hoch, dass wir nicht mehr
arbeiten können“, sagt Miguel Salcines. Dann steigen die Temperaturen schon
mal auf vierzig Grad zwischen den pastellfarbenen Plattenbauten von Alamar,
wo das Gros der mittlerweile 160 Genossen lebt.
Salcines, ein 66-jähriger, graumelierter Mann ist der Direktor der UBPC
Organopónico Vivero Alamar. Seine Idee war es vor zwanzig Jahren, eine
Genossenschaft aus der Taufe zu heben. Damals gab es grünes Licht für den
Aufbau neuer Agrargenossenschaften in Kuba und Salcines tauschte den
Schreibtisch im Agrarministerium mit den 10 Hektar Ackerland vor der
eigenen Haustür.
Die Welthungerhilfe sorgte für zwei Gewächshäuser, Werkzeug, Arbeitsgerät
und Gazenetze, unter denen das Gemüse reift. Salcines drängte damals auf
die Netze, die in Kuba nicht zu bekommen sind, weil er weiß, dass sie rund
70 Prozent der Sonnenstrahlen wegfiltern und die Produktion von Salat,
Tomaten und Auberginen auch im kubanischen Sommer ermöglichen.
## Je kleiner desto produktiver
Je kleiner die Agrarbetriebe desto produktiver sind sie, so argumentieren
Experten der Vereinten Nationen. Und das, obwohl die Landwirtschaft in Kuba
sonst kein Erfolgsmodell ist: Das Land importiert rund achtzig Prozent der
auf der Insel konsumierten Kalorien und gibt dafür mehr als 2 Milliarden
US-Dollar im Jahr aus.
Agrarexperten wie Armando Nova führen die niedrige Produktivität darauf
zurück, dass es nach wie vor viele staatliche Großbetriebe gibt, die nicht
rentabel wirtschaften, sowie auf das Fehlen von Großmärkten zur Versorgung
der Agrarbetriebe mit Düngemitteln, Gerät und Maschinen. Bei den
Genossenschaften steigt dagegen die Produktivität dank
Tröpfchenberieselung, Kompost und Biodünger kontinuierlich.
„Wir können etwa das Dreifache erwirtschaften“, prognostiziert Miguel
Salcines, der langjähriger Vorsitzende der Genossenschaft ist. Doch die
jüngere Generation steht in Person seiner Tochter Lizzy für die Nachfolge
bereit. Rund ein Drittel der Genossen sind bereits verrentet, ein weiteres
zwischen vierzig und sechzig und das letzte Drittel unterhalb der dreißig.
Das ist ungewöhnlich in Kubas Landwirtschaft, wo die Abwanderung der Jugend
ein Problem und ein Grund für die sinkende Produktivität ist. Relativ hohe
Löhne und ein gutes Arbeitsklima sorgen dafür, dass die Jobs in der
Genossenschaft begehrt sind.
Das ist auch in anderen Biobetrieben der Fall, so wie auf der Farm von
Fernando R. Funes-Monzote, die außerhalb von Havanna auf dem Weg nach Pinar
del Río liegt. „Finca Marta“ hat der in Havanna und Holland ausgebildete
Agronom sein Projekt genannt und auf dem kleinen, 20 Hektar großen Anwesen
wird Gemüse gezogen – für staatliche und private Restaurants in Havanna.
Gewusst wie, heißt auch das Grundrezept bei Funes-Monzote, der im Jahr 2011
seine gesamten Ersparnisse in die Farm steckte und den steinigen Boden
systematisch verbesserte. Am wichtigsten war jedoch das Bohren des
Brunnens, der es ermöglicht, die Gemüsefelder zu bewässern. Die produzieren
heute so viel, dass die zwanzig Mitarbeiter rund 2.000 Peso cubano (rund 80
US-Dollar) im Monat ausbezahlt bekommen. In Kuba ein gutes Gehalt, das
erwirtschaftet wird, weil Funes-Monzote eine Lizenz beantragt hat, um an
Restaurants verkaufen zu können.
Das haben die Compañeros des Vivero Alamar auch anvisiert, doch bisher
warten sie noch auf grünes Licht der Behörden. Dem kleinen Biosektor in
Kubas Landwirtschaft könnte das weiteren Auftrieb geben.
29 May 2016
## AUTOREN
Karl Kaufmann
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