# taz.de -- Flüchtlinge bereiten sich auf Studium vor: Hochmotiviert an die Uni | |
> Berlins Hochschulen bieten spezielle Kurse für Flüchtlinge an, um sie | |
> fürs reguläre Studium fit zu machen – und haben Erfolg damit. | |
Bild: Richten sich auf Flüchtlinge als Studis ein: die Berliner Unis, hier die… | |
Berlin dpa | An den drei großen Berliner Universitäten bereiten sich zur | |
Zeit mehr als 400 Flüchtlinge auf ein reguläres Studium vor. Das ergab eine | |
Umfrage der Nachrichtenagentur dpa an der Freien, Technischen und der | |
Humboldt-Universität. Viele Interessenten stammen aus Syrien, Afghanistan, | |
Iran und Irak. Sie nutzen zur Zeit eine Kombination von Sprachkurs und | |
Schnupperstudium, teilten die Uni-Pressestellen mit. Das kostenlose | |
Bildungsangebot, bei dem auch schon Scheine gemacht werden können, richtet | |
sich auch an Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch laufen. | |
Für ein reguläres Studium müssen Flüchtlinge – wie andere ausländische | |
Studenten auch – sehr gute Deutschkenntnisse in einem Test nachweisen. | |
Voraussetzung sind auch ein Abi-Zeugnis oder vergleichbare | |
Leitungsnachweise. Bei der Finanzierung haben bisher nur anerkannte | |
Asylbewerber Anspruch auf BAföG. Geduldete können diese Unterstützung seit | |
Januar 15 Monate nach dem Start ihres Asylverfahrens beantragen. Menschen | |
mit Aufenthaltsgestattung haben keinen Anspruch. „Durch die sehr langen | |
Asylverfahren gibt es da manchmal ein Lücke, und Nachbesserungen wären | |
gut“, sagt Abraham van Veen, Leiter des TU-Studierendenservice. „Jedoch | |
nicht grundsätzlich. Nach unseren Erfahrungen ist nicht jeder Geflüchtete | |
arm.“ | |
Mit finanzieller Hilfe des Senats hatten die großen Unis bereits 2015 | |
spezielle Förderangebote für Flüchtlinge aufgelegt. Bis Mitte April hätten | |
sich 373 geflüchtete Menschen zu Studienmöglichkeiten an der TU beraten | |
lassen, sagt Sprecherin Susanne Cholodnicki, darunter rund zehn Prozent | |
Frauen. Rund 90 Prozent kamen aus Syrien, acht Prozent aus Afghanistan, dem | |
Irak und Iran. Nicht alle sind junge Abiturienten. Manche hatten in ihrer | |
Heimat bereits ein Studium begonnen. Ein Syrer habe bereits einen Master in | |
Physik und wolle nun an der TU promovieren, berichtet Cholodnicki. | |
172 Flüchtlinge nehmen nun an dem TU-Studienkolleg teil, das Flüchtlinge | |
auf ein reguläres Studium vorbereitet. Für einen Platz im Kurs müssen sie | |
zuerst einen Mathematiktest bestehen. Die TU will sich damit von der | |
fachlichen Eignung der Bewerber für ein technisches Studium überzeugen. | |
Die größte Hürde aber bleibt die Sprache. „Die erste Flüchtlingsklasse ist | |
im November gestartet“, berichtet van Veen. „Die Erfahrungen sind bisher | |
extrem positiv, die Studierenden sind hochmotiviert.“ In elf Monaten will | |
die Uni die Gruppe mit mehreren Stunden Sprachunterricht am Tag auf ein | |
Deutsch-Niveau von C1 bringen. C2 steht bereits für Kenntnisse wie ein | |
Muttersprachler. | |
Van Veen geht davon aus, dass viele Teilnehmer im Wintersemester den Sprung | |
in ein reguläres Studium schaffen. Die meisten Flüchtlinge interessieren | |
sich für Elektrotechnik, Informatik, Bauingenieurwesen, Architektur und | |
Maschinenbau. Die TU will ihr Integrationsprogramm in den kommenden vier | |
Jahren mit Bundesmitteln in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausbauen. | |
Auch an der FU ist das Interesse am „Welcome“-Programm groß. Bis Februar | |
meldeten sich über 200 interessierte Flüchtlinge. Zur Infoveranstaltung im | |
März kamen nochmals 180, heißt es aus der Pressestelle. Insgesamt 130 | |
Menschen nehmen bisher an dem Programm teil, 70 büffeln in Sprachkursen. | |
Auch die FU rechnet für das Wintersemester mit den ersten regulären | |
Studenten, die als Flüchtlinge kamen. Im vergangenen Wintersemester waren | |
Syrer und Afghanen unter den Eingeschriebenen aus dem Ausland noch eine | |
Ausnahme – gerade mal 66 von mehr als 36 000. Der Flüchtlings-Status wird | |
dabei nicht gesondert erfasst. | |
An der Humboldt-Universität lernen 50 Flüchtlinge in Intensivkursen | |
Deutsch. 106 haben sich als Gasthörer eingeschrieben, berichtet | |
Pressereferent Ibou Diop. Es seien 21 Frauen und 85 Männer aus Syrien, Iran | |
und Afghanistan, die sich vor allem für Sozial- und | |
Wirtschaftswissenschaften interessierten. Einige Lehrveranstaltungen würden | |
von Dolmetschern auch in Farsi und Arabisch übersetzt. | |
17 Apr 2016 | |
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