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# taz.de -- Die Wahrheit: Die geheime Wohngemeinschaft
> Wenn plötzlich Einrichtungsgegenstände verschwinden, ist oft ein
> verstecktes Wurmloch verantwortlich. Dann ist Vorsicht geboten.
Alles fing damit an, dass plötzlich mein Ventilator weg war. Gerade eben
stand er noch in der Ecke meines Wohnzimmers und dann war er spurlos
verschwunden. In meiner kleinen Wohnung. Ich suchte ihn überall: im
Schrank, unter dem Bett, unter der Matratze, im Bücherregal, im
Kühlschrank, im Schuhputzkasten, im Mülleimer, in der Badewanne und im
Aquarium. Er war nicht da!
Als nächstes verschwand eine Torte, die ich beim Konditor besorgt hatte, um
sie heimlich und mit frivolem Kichern noch vor dem Mittagessen zu
verzehren. Grad stand sie noch auf der Anrichte, dann war sie einfach fort!
Auch sie suchte ich überall: in der Wäscheschublade, in der Musiktruhe, im
Brotkasten, im Altpapier, unter dem Sofa, auf dem Sofa, in den Sofaritzen,
neben dem Sofa, hinter dem Sofa, im Luftraum über dem Sofa – die Torte
blieb verschwunden!
Noch wunderte ich mich nicht, denn so was kann immer passieren. Erst als
mir meine sorgsam gehütete Ameisenfarm, meine Mikrowelle, meine
Dinosaurierlampe, meine Yuccapalme, mein Sofa, mein Kühlschrank, mein
Schuhputzkasten, meine Einmachgläser, meine Kaffeemaschine, mein Schrank,
mein Bücherregal, mein Bett samt Matratze, mein Mülleimer, meine Badewanne,
mein Aquarium, meine Anrichte, meine Wäscheschublade, meine Musiktruhe und
mein Brotkasten abhandenkamen, wurde mir ein bisschen komisch zumute.
Konnte es sein, dass meine Habe sich von mir zurückzog, um in einer
Parallelwelt ein selbstbestimmtes Leben zu führen? Gab es in meiner Wohnung
womöglich ein mir unbekanntes Wurmloch, durch das nach und nach mein
gesamter Besitz einer neuen Heimat entgegenstrebte?
Aber warum nur sollte er das tun? Ich hatte ihn nie übermäßig mit
Staublappen oder Putzmitteln belästigt. Fühlte er sich unbeachtet?
Sehnsüchtig dachte ich an alte Zeiten zurück, in denen ich sorglos mit
meinen Gegenständen, mit meinem ganzen Krempel halt, durch die
Wohnlandschaft tollte, als gäbe es kein Morgen. Wir waren so stark
zusammen, Barrikaden gab es für uns nicht, ich hatte gedacht, das wäre für
die Ewigkeit … – sollte all das vorbei sein? Ich mochte es nicht glauben.
Als aber auch noch mein Schreibtisch, mein Setzkasten, die ganzen
Staubmäuse aus den Ecken – ja, sogar die Ecken selbst abhauten, musste ich
den Tatsachen ins Visier blicken. Plötzlich war ich mir sicher, dass es
irgendwo eine geheime Wohngemeinschaft gab, in die sich auch meine Wände
und Fenster, meine Teppiche und der gesamte Rest meiner Wohnung absetzen
würden. Und genauso geschah es auch.
Am schlimmsten traf es mich allerdings, dass zuerst meine Hände, dann meine
Füße, am Ende meine Arme und Beine, mein Rumpf und zuallerletzt mein
Computer in die geheime Wohngemeinschaft zogen. Geblieben sind mir nur mein
Kopf, mein Hals und mein Handy. Ich musste diese Kolumne mühsam mit der
Nase als SMS eintippen. Und grad verschwindet auch noch meine …
8 Apr 2016
## AUTOREN
Corinna Stegemann
## TAGS
Wohngemeinschaft
Allgemeine Relativitätstheorie
Physik
Pippi Langstrumpf
Musik
Nachbarschaft
Film
Krimi
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