| # taz.de -- Pro und Contra verzögerte S-Bahn-Anbindung: Weiter mit dem Bummelz… | |
| > Die S-Bahn-Linie 4 kommt später als angekündigt. Wer von Rahlstedt in die | |
| > Innenstadt will, muss auch künftig in die Regionalbahn steigen – schön, | |
| > oder? | |
| Bild: Bleibt den Pendlern im Hamburger Nordosten noch eine Weile erhalten: der … | |
| Ja. Ich will Premium-Pendlerin bleiben. | |
| Schlechte Nachrichten für die S 4, so war es Diese Woche zu lesen: Weil | |
| Olympia nicht kommt, kommt auch die S-Bahn nicht, zumindest nicht bis 2024? | |
| Die Verkehrsbehörde dementiert. Es gebe Gespräche, die gut verliefen, heißt | |
| es. Und dass man hoffe: auf das Geld vom Bund. Ich muss gestehen, ich hoffe | |
| nicht. | |
| Denn ich liebe inzwischen die jetzige Regionalbahn, die mich jeden Morgen | |
| von Rahlstedt zum Hauptbahnhof fährt. Sicher, dieses Verkehrsmittel | |
| verlangt Demut. Die Regionalbahn fährt nicht im Minutentakt, nur jede halbe | |
| Stunde. Aber wenn sie fährt, bietet sie gemütliche blaue Sitze in | |
| Zweierreihen, in die sich der Pendler einkuscheln kann, Zeitung lesen, mit | |
| dem Tablet surfen, in die Ferne gucken. Über Lautsprecher die Ansage, dass | |
| wir gleich im Hauptbahnhof einfahren – und noch die Fernzüge in andere | |
| Städte erwischen. | |
| Und dann: die Bahnhofshalle. Wir Rahlstedt-Pendler, wir steigen nicht in | |
| zugigen Kacheltunneln aus, in Kunstlicht und anonymen Massen. Nein, wir | |
| reisen majestätisch. Fahren ein in die große, weite Haupthalle. Direkt bei | |
| den ICEs steigen wir herab aus kirschrot lackierten Doppelstock-Zügen. Wir | |
| sind die Premium-Pendler der Stadt. | |
| Da graut mir ehrlich vor der neuen S 4: Unter der Erde soll die halten. | |
| Soll zwar auch häufiger fahren – aber auch häufiger anhalten. Zeit spart | |
| das also am Ende gar nicht: Acht mal quietschen, bremsen, Tür auf, Tür zu, | |
| wieder losruckeln zur nächsten Station ... Wie soll ich da vergessen, dass | |
| ich auf dem Weg zur Arbeit bin? Kaija Kutter | |
| *** | |
| Nein. So komme ich nie nach Rahlstedt. | |
| Als jemand von der anderen Seite, nämlich der des Fortschritts, halte ich | |
| es für höchste Zeit, dass die Regionalzüge endlich durch S-Bahnen ersetzt | |
| werden. Statt damit voranzukommen, hat aber der Bundesverkehrswegeplan das | |
| Projekt um die geplante Linie S 4 aufs Abstellgleis verfrachtet: Der Bau | |
| eines Doppelgleises zwischen Hammerbrook und Ahrensburg aber wird laut | |
| Hamburger Abendblatt nur noch in einer unwichtigen Kategorie geführt: als | |
| „potenzieller Bedarf“. | |
| Diese doppelstöckigen Regionalzüge beweisen leider nicht nur dem | |
| Erscheinungsbild nach, wie sehr der Fortschrittsgeist unter die Räder | |
| gekommen ist: Ich meine, dieser Zug fährt unter der Woche zwei Mal die | |
| Stunde. Zwei Mal! Wer bitte kann es sich leisten, bei verpasster Bahn 29 | |
| Minuten auf die nächste zu warten? Ehe ich mich auf solche Sperenzien | |
| einlasse, steige ich lieber aufs Rad. Oder anders: Würde ich in Rahlstedt | |
| wohnen und hätte ein Auto – klar, wie die Entscheidung ausfiele. Nicht | |
| zuletzt schaffen die roten Züge auch eine Barriere: Wozu überhaupt da hin | |
| fahren, wenn es so kompliziert ist? | |
| Dass sich die Verlängerung der S 4 in den Hamburger Nordosten verzögern | |
| soll, beschert der Stadt in erster Linie weiterhin zu viele Autos, die | |
| unnötig durch die Gegend gurken: Im Unterschied zu Bummelbahnen locken | |
| nämlich S- und U-Bahnen Menschen auf die Schiene. Moderne Menschen brauchen | |
| ein ihnen entsprechendes Verkehrsmittel, um sich fortzubewegen. Gegenden, | |
| die daran nicht angeschlossen sind, werden abgehängt. Lena Kaiser | |
| 18 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| Lena Kaiser | |
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