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# taz.de -- Flüchtlinge und die Arbeitswelt: Ungenutzte Potenziale
> Aktuelle Zahlen zeigen, warum die berufliche Integration von Geflüchteten
> schwierig ist
Bild: Arbeitswillige Geflüchtete bleiben oft im Nadelöhr der Bürokratie stec…
BREMEN taz | Seit 2013 hat sich die Zahl der im Land Bremen als
arbeitssuchend registrierten Flüchtlinge verdoppelt – auf derzeit gut 6.400
Personen. Sowohl bei den Zahlen für Bremerhaven wie auch für Bremen-Stadt
fällt dabei auf, dass der Zuwachs arbeitssuchender Frauen geringer ausfällt
als bei den Männern.
Aus Sicht der CDU tut der Senat deutlich zu wenig, um die Integration der
Geflüchteten in den Arbeitsmarkt voranzubringen. Der Senat dürfe sich
nicht, sagt die flüchtlingspolitische Sprechern der CDU, Sigrid Grönert,
auf den Standpunkt zurückziehen, „die Arbeitsagentur wird das schon
richten“. Auch das Engagement der Wirtschaft, Arbeits- oder zumindest
Praktikumsplätze bereitzustellen, brauche stärkere Unterstützung. Bislang
haben rund 200 Bremer Betriebe an die 700 Angebote gemacht.
Konkret fehlt aus Sicht der CDU ein fester Ansprechpartner im
Wirtschaftsressort, der Initiativen und Kontakte bündelt. „Das kann man
nicht allein den Kammern überlassen“, sagt Grönert, „als Land und als
Kommune hat man da eine Aufgabe.“
Welche Aufgabe, wird innerhalb des Stadtstaates offenbar sehr
unterschiedlich aufgefasst. Während Bremerhaven systematisch erfasst,
welche Abschlüsse die dort ankommenden Geflüchteten haben, ist das in
Bremen-Stadt nicht der Fall.
Ein besonderes Problem ist allerdings die Dauer der Berufsanerkennungen.
Die Verdoppelung der Zahl der Arbeitssuchenden seit 2013 steht hier eine
weitgehende Stagnation gegenüber: 2013 gab es 121 Anerkennungen
ausländischer Abschlüsse, 2014 und 2015 waren es kaum mehr, hinzu kommen
insgesamt 371 „Teilanerkennungen“ – ein Nadelöhr, in dem die berufliche
Integration stecken bleibt. Gar nicht erfasst ist, wie viele
Existenzgründungsberatungen es bereits für Geflüchtete gab. „Einem
Erfahrungswert zufolge“, erklärt das Wirtschaftsressort jedoch, „werden
Flüchtlinge nur in Einzelfällen hinsichtlich einer Existenzgründung
beraten.“
Im Gegensatz zu deutschen Berufsschülern seien Flüchtlinge „oft hoch
motiviert“, betont Grönert. Sie fordert daher eine Ausweitung der
Altersobergrenze der Schulpflicht von derzeit 18 auf 21 Jahre, wobei diese
„Pflicht“ dann als Beschulungsrecht wirksam wäre: Wenn beispielsweise
19-jährige Syrer den zweijährigen Vorkurs absolviert haben, sind sie raus
aus dem obligatorischen staatlichen Bildungssystem – und haben es
entsprechend schwerer, einen Berufsschulplatz zu bekommen.
Wer einen solchen Platz ergattert hat, muss mit weiteren Schwierigkeiten
zurechtkommen: „Zahlreiche Flüchtlinge scheitern in der dualen Ausbildung
an den Anforderungen der Berufsschule“, resümiert der Senat. Grönert
schlägt daher vor, „Prüfungen in der Muttersprache“ anzupeilen, zumindest
in technischen Bereichen.
Ein noch weitgehend ungenutztes Integrationsinstrument ist der
Bundesfreiwilligendienst. Von den 429 in Bremen im Rahmen eines
„Sonderkontingents mit Flüchtlingsbezug“ zu vergebenden Plätzen sind
ausweislich der Statistiken des Senats nur 56 besetzt. Spezielleren
Zuschnitt haben die „Arbeitsgelegenheiten“, die das
„Asylbewerberleistungsgesetz“ regelt: In Bremer Unterkünften sind derzeit
38 Flüchtlinge für Reinigungsdienste und ähnliches eingesetzt, wobei es
sich, wie der Senat erklärt, „um verpflichtende Angebote gegenüber den
Geförderten“ handelt. Hier will die CDU „ein größeres Engagement der Sta…
– sollen Flüchtlinge also großräumig Grünanlagen pflegen? Man müsse sich
eben über „geeignete Beschäftigungen Gedanken machen“, antwortet Grönert,
„als Angebote, nicht als Zwang“.
Die systematische Qualifikationserfassung, die seit November 2015 in
Bremerhaven vorgenommen wird, hatte ein bemerkenswertes Ergebnis: Fast die
Hälfte der Befragten übte in ihren Herkunftsländern einen Beruf aus, der
eine Lehre voraussetzt, beinahe ein Drittel hat einen akademischen
Hintergrund – ein klarer Verweis auf die derzeit noch weitestgehend
ungenutzten Potenziale.
25 Mar 2016
## AUTOREN
Henning Bleyl
## TAGS
Flüchtlinge
Integration
Arbeit
Abschiebung
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Thomas de Maizière
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